Private Homeland Security

Auch Amerikas Muttis schützen sich gegen Terroristen

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Der Terrorismus ist so gefährlich, dass sich nicht nur Amerikas Regierung in einem beispiellosen epochalen Kraftakt mit Waffensystemen aller Art aufrüstet. Auch die privaten Haushalte sichern sich mit ihren bescheideneren Mitteln jetzt energisch gegen das vermeintlich grassierende Menschheitsübel. Der 11. September lässt auch hier grüßen. Dem FBI zufolge wurden seit den Terroranschlägen 455.000 Verfahren mehr zur Überprüfung von Waffenkäufen als in der Vorjahresperiode durchgeführt. Gleichzeitig überstieg auch die Zahl der Anträge, versteckte Waffen tragen zu dürfen, die Vorjahresstatistik um 130.000 Verfahren. Warum?

Ganz einfach. Die Armed Females of America haben es uns auf ihrer Website, die für europäische Leser von einer Satireseite nur mit Mühe zu unterscheiden ist, erklärt:

"Those who push for 'gun control' are of the same mindset as Palestinian suicide-bombers and the Taliban who kidnap women for rape and sex-slave trade. Both don't like the possibility of armed citizens, in these cases, especially armed WOMEN."

Elke proudly displaying her Dragunov Sniper. She got that beautiful firearm for Mother's Day

Für den Taliban an der nächsten Straßenecke gibt es also ab jetzt nichts mehr zu lachen. Sucht er sich gerade mal wieder in den Straßen von Big Apple eine Frau für seinen Sexsklavenhandel, muss er jetzt damit rechnen, dass sich eine 45er Magnum, von mehr oder weniger zarten Frauenhänden bedient, auf seine Stirn richtet. Überall wittern so illustre Freiheitskämpfer wie Mother's Arms die Bedrohung, in Schulen, Zuhause und selbst beim friedlichen Gebet. "Ein Wink mit der Wumme genügt!", wusste schon Humphrey Bogart, aber "machismo" ist in aufgeheizten Angstzeiten längst kein Männerprivileg mehr, sondern patriotische Ehrensache. Mehr noch: Kein läppisches Kriegsspielzeug für Kinder, auch sechsjährige Mädchen müssen jetzt den Umgang mit richtigen Armeewaffen erlernen. Nicht nur die Dritte Welt soll sich ihrer Kindersoldaten berühmen.

So viel Sicherheit produziert vor allem eins: Unsicherheit und zahlreiche Opfer. Nach einem Bericht der New York Times gab es in Japan im Jahre 1999 nur 28 Tote, die durch den Gebrauch von Handfeuerwaffen gestorben sind. Amerika verzeichnete im Jahre 2000 dagegen 26.800 Opfer von Kleinwaffen. Obwohl Großbritannien eine höhere Rate von Anschlägen, Autodiebstählen und Einbrüchen als in den USA registriert, liegt die Tötungsrate durch Handfeuerwaffen lediglich bei einem 1/6 im Vergleich zu Amerikas Blutzoll. Solche Zahlen sollten endgültig jede Diskussion über Sinn und Zweck von Schusswaffen in privaten Händen beenden. Wer private Waffen dringend braucht, sollte den Umweg zum Psychiater oder Analytiker nicht scheuen, um sich darüber aufklären zu lassen, warum er respektive sie sich denn so bedroht fühlt.

Die Second Amendment Sisters und andere weibliche Waffenfetischisten in den USA erfreuen sich indes weiter regen Zustroms, der im gegenwärtigen Bedrohungs-, Angst-, und Gewaltklima auch nicht so schnell versiegen wird. Unabhängig vom Geschlecht können sich die Verteidiger der Privatjustiz lediglich damit "rechtfertigen", dass die Freude, eine blitzende Knarre als besten Freund zu besitzen, die horrenden Tötungszahlen so verschmerzen lässt, wie sich Automobilisten aller Länder auch an die grausigen Statistiken von Verkehrstoten gewöhnt haben.

Seit dem Schicksalsdatum sind mehr als vier Mal so viele Amerikaner Opfer von Waffen in Privatbesitz geworden als eben durch jene terroristischen Akte. Der signifikante Unterschied in der gesellschaftlichen Gewaltverarbeitung wie -bereitschaft ist lediglich der, dass die WTC-Toten ungleich prominenter sind als die namenlosen Opfer in Tausenden von Einzelfällen.

Bei den "Armed Females" (AFA) besteht trotz der Macht des Faktischen keine Hoffnung auf Einsicht. Sie halten jede Form von "Gun control" in Amerika für einen kolossalen Irrtum und eine nationale Verwirrung. Für die AFA steht fest, dass gut erzogene, denkende Frauen, Ehefrauen und Mütter diese "Geisteskrankheit" nicht unterstützen, sondern ehern an das Recht des Einzelnen glauben, sich selbst zu verteidigen. Amerikas Flintenweiber berufen sich dabei auf das "Second Amendment", demnach sich die unselige Waffenobsession immer noch mit einer Verfassung legitimiert, die dem Bürger das Recht verbürgt, Waffen tragen zu dürfen.

Dann also weiterhin "Halali" und fröhliche Jagdzeit im Kampf gegen Taliban, Vergewaltiger und Amokläufer (Clockwork America), die sicher das "Second Amendment" nicht weniger missen möchten als die weiblichen Neovigilanten.