Proteste in Zeiten des Corona-Notstands

Seite 2: Online-Demonstrationen die Protestkultur der Zukunft?

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Das ist in diesen Tagen allerdings nicht möglich. Bis Ende April sind öffentliche Demonstrationen und Protestaktionen abgesagt.

Da wurde die Online-Demonstration wiederentdeckt. Am letzten Montag bescherte die erste Online-Demonstration dem Stuttgarter Bündnis gegen das Bahnprojekt sogar einen längeren Beitrag im Deutschlandfunk.

Dabei gibt es schon eine weitgehend vergessene Geschichte des Onlineprotests, die sogar Rechtsgeschichte geschrieben hat. Bereits 2001 organisierte ein linkes Bündnis eine antirassistische Online-Demonstration. Mit einer Software wurde über den Computer die Homepage des Flugunternehmens attackiert, um gegen Abschiebungen durch die Airline zu protestieren. Die Online-Demonstration war angemeldet.

Die Auseinandersetzung über die Rechtmäßigkeit ging durch mehrere juristische Instanzen und wurde 2006 vom Oberlandesgericht Frankfurt/Main im Sinne der Antirassisten entschieden. Obwohl damit das Demonstrationsrecht im Internet gestärkt wurde, fand sie lange Zeit kaum Nachahmer.

Das hat Gründe. Die Demonstration wie auch der Streik lebt vom Zusammenkommen der Menschen auf den Straßen, Plätzen und auch in den Betrieben. Genau dieses Zusammenkommen wird im Zeitalter von Corona schwierig.

Der Trend ins Virtuelle, der jetzt während des Corina-Notstands auf allen Ebenen vorangetrieben wird - man braucht nur an den Boom der Heimarbeit denken -, wird daher wohl nicht die Zukunft der Protestkultur.

Daher ist es auch weiterhin wichtig, den autoritären Umbau des Staates, wie er im Corona-Notstand vorangetrieben wird, zu analysieren und schon heute Kräfte zu sammeln, die dafür sorgen, damit er nicht zum Normalzustand wird.

Dafür aber sind die solidarischen Netzwerke, wie sie jetzt in der Krise aufgebaut werden, unerlässlich. Daher ist es auch kein Widerspruch, wenn die außerparlamentarische Linke sowohl ideologiekritisch den Notstand betrachtet und gleichzeitig die praktische Solidarität vorantreibt. Es bleibt nur zu hoffen, dass sich hier nicht wieder neue Spaltungslinien auftun, die ja in der Linken gerne gepflegt werden.

Vielleicht sorgen die Zeiten des Notstands dafür, dass unterschiedliche Herangehensweisen als Ergänzung und nicht als Konkurrenz betrachtet werden.