Puigdemont: Die deutsche Rechtslage und die deutsche Politik

Seite 2: GroKo plus Grüne gegen alle anderen

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Ähnlicher Ansicht ist der viele Jahrzehnte als Rechtsanwalt tätige FDP-Vize Wolfgang Kubicki, der die Möglichkeit einer legalen Auslieferung wegen des Rebellionsvorwurfs gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland verneinte. Damit war er sich mit Andrej Hunko von der Linkspartei, René Springer von der AfD und Hubert Aiwanger von den Freien Wählern einig, während Franziska Brantner von den Grünen lediglich meinte, es sei nun "Sache der Justiz zu klären, wie es weitergeht". Das verlautbarte auch die neue SPD-Justizministerin Katarina Barley in der ARD-Sendung Bericht aus Berlin, die spätere "politische Schritte" nicht ausschloss.

Ihr Vorgänger Heiko Maas meinte dagegen zur Bild-Zeitung, es handle sich um eine "reine Rechtsfrage", in der es "keine politischen Handlungsoptionen" gäbe. Eine Antwort, die in einem gewissen Widerspruch zur Information steht, dass sich die deutschen Bundesminister der Justiz, des Inneren und des Äußeren gestern Abend in einer Telefonkonferenz zum weiteren Vorgehen abstimmten. Für den CDU-Europapolitiker Elmar Brok steht das Ergebnis der juristischen Prüfung sogar schon fest: "Puigdemont", so der umstrittene Abgeordnete, "hat eindeutig gegen spanisches Recht und gegen die Verfassung verstoßen."

Strafanzeige

Für die Bayernpartei, zu deren Europaparlamentszusammenschluss Europäische Freie Allianz (EFA) auch die katalanische Separatistenpartei Esquerra Republicana de Catalunya (ERC) aus Puigdemonts ehemaligem Wahlbündnis Junts pel Sí gehört, stellte der Vorsitzende Florian Weber heute Strafanzeige "gegen alle Beteiligten" an der Festnahme des abgesetzten katalanischen Regierungschefs. Als Rechtsgrundlagen dafür sieht er den § 234a StGB, der die "Verschleppung" von Menschen unter Strafe stellt.

Seinen Worten nach ist es über die Frage der "Rebellion" hinaus "offensichtlich konstruiert, dass die Durchführung einer Abstimmung über eine gewichtige politische Frage eine Veruntreuung darstellen soll", weil dann "jede mit Kosten verbundene Wahl eine Untreue" wäre. Deshalb und darüber hinaus widerspreche der europäische Haftbefehl gegen Puigdemont "dem demokratischen Gedanken des Grundgesetzes" und dem ordre public. Dass Puigdemont nun am Treffen der europäischen Unabhängigkeits- und Autonomieparteien teilnehmen kann, das am 13. April im niederbayerischen Landshut stattfindet, hält Weber im Gespräch mit Telepolis für unwahrscheinlich.

Möglicher Asylantrag

Der Europaabgeordnete Bernd Lucke von der liberalkonservativen AfD-Abspaltung LKR riet Puigdemont in einer Presseaussendung heute Morgen dazu auf, einen Asylantrag zu stellen. Lucke weist in diesem Zusammenhang darauf hin, "dass Puigdemont nicht aus einem sicheren Drittstaat nach Deutschland einreisen wollte, da Finnland im Begriff war, einen Haftbefehl gegen Puigdemont zu vollstrecken". Seiner Ansicht nach kann sich der Katalane "auch auf die Genfer Flüchtlingskonvention berufen", die es Deutschland verbiete, "einen aus politischen Gründen Verfolgten in sein Heimatland zurückzuschieben, sofern dort seine Freiheit bedroht ist".

Während der FAZ-Autor Frank Lübberding so einen Asylantrag Puigdemonts für chancenlos hält, spricht sein SZ-Kollege Thomas Urban unter Rückgriff auf eine Einschätzung von Amnesty International und "Expertisen der Justizministerien in Brüssel und in Bern" (die zum Ergebnis kamen, das Puigdemont nicht ausgeliefert werden darf) vom "ersten politischen Gefangenen" der Bundesrepublik Deutschland. Für Urban ist es: "offenkundig, dass die Härte der spanischen Justiz darauf abzielt, die soziale und wirtschaftliche Existenz der katalanischen Aktivisten zu vernichten", bei denen es sich "nicht um Terroristen, sondern um durch freie Wahlen legitimierte Politiker" handle, "die ausschließlich zu friedlichen Mitteln griffen".

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