"Punisher" gewinnt philippinische Präsidentschaftswahlen

Rodrigo Duterte verspricht gnadenloses Vorgehen gegen Verbrecher

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Gestern wurden auf den Philippinen ein neuer Präsident, ein neuer Vizepräsident und zahlreiche weitere Amts- und Mandatsträger gewählt - darunter 300 Mitglieder des Repräsentantenhauses und zwölf der insgesamt 24 Senatoren. Parteien gibt es zwar, aber sie sind eher eine Logo-Dekoration auf den Personenplakaten und spielen im Vergleich zu Deutschland eine sehr untergeordnete Rolle. Traditionell findet der gewählte Präsident im Parlament problemlos eine Mehrheit - egal, welchen Parteien die Abgeordneten angehören.

Bis das Ergebnis feststeht, könnte es länger dauern - auch deshalb, weil es Schwierigkeiten mit elektronischen Wahlmaschinen gab, die den Prozess nicht beschleunigten, sondern verlangsamten.

In den bisher vorliegenden Auszählungsergebnissen liegt Rodrigo "Digong" Duterte, der Bürgermeister der Stadt Davao, mit deutlichem Abstand vorne. Einer nicht offiziellen Rechnung nach ist sein Vorsprung sogar so uneinholbar, dass er schon gewonnen hat.

[Update: Nach Auszählung von über 90 Prozent der Stimmen wurde inzwischen auch offiziell verlautbart, dass Duterte der Wahlsieger ist.]

Bereits Ende April und Anfang Mai stand dieser Kandidat bei den Umfrageinstituten Pulse Asia, Argus, Standard und SWS mit 31 bis 33 Prozent klar an der Spitze. Lediglich D' Strafford sah ihn mit 25,4 Prozent hinter dem gleichnamigen Enkel des ehemaligen Präsidenten Manuel Roxas - einem zum Aquino-Politclan gehörigen Investmentbanker und Innenminister, den die D'Strafford-Meinungsforscher - aus welchen Gründen auch immer - mit 30,5 Prozent etwa zehn Punkte höher bewerten als alle anderen. Der bisherige Präsident Benigno Aquino darf nach einer sechsjährigen Amtszeit nicht mehr antreten - das gibt die philippinische Verfassung vor.

Dutertes Alleinstellungsmerkmal unter den insgesamt fünf Präsidentschaftskandidaten ist, dass er sich als ausgesprochen harter und kompromissloser Verbrechensbekämpfer gibt. Im Volk kommt das sehr gut an, bei ausländischen Medien, Diplomaten und Politikern weniger. Der Ansatz des Bürgermeisters hat den Vorteil, dass er seine Wahlkampfthemen nicht mit einem großen Team von Helfern und PR-Fachleuten unter die Leute bringen muss: Wenn sie über Verbrechen lesen oder hören, dann denken sie unwillkürlich an den "Punisher" und seine Versprechen - und daran, dass Davao unter Duterte in 22 Jahren von der Mordhauptstadt des Landes angeblich zu einer der sicherste Städte der Philippinen wurde. Auch die früher sehr aktiven Dschihadisten sind aus der auf der Südinsel Mindanao gelegenen Stadt verschwunden.

Wahlplakat von Rodrigo Duterte

Das erreichte der 71-jährige bekennende Viagranutzer seinen Kritikern nach nicht nur mit einer Null-Toleranz-Politik (bis hin zur Durchsetzung des Rauchverbots, Tempo 30 und einer Ausgangssperre für Minderjährige ab 22 Uhr) und mit überall installierten Überwachungskameras mit hoher Auflösung, sondern auch durch die Duldung von (oder sogar die Zusammenarbeit mit) Vigilantengruppen, die sich teilweise aus der ehemaligen kommunistischen Miliz Bagong Hukbong Bayan ("Neue Volksarmee") rekrutiert haben und bis zu 1.400 Bandenmitglieder und andere Kriminelle gelyncht haben soll.

Duterte selbst spielt offensiv mit solchen Vorwürfen, wenn er öffentlich äußert, wer in seiner Stadt straffällig werde, der sei "bald tot". 2012 setzte er ein Kopfgeld in Höhe von umgerechnet 120.000 Dollar auf das Oberhaupt einer organisierten Verbrecherbande aus - mit einem Bonus in Höhe von 24.000 Dollar, wenn der Kopf in einer Tüte mit Eiswürfeln gebracht wird, "damit er nicht so stinkt".

Wer Angst vor dem Tod habe, so Duterte im Wahlkampf, und nicht wisse, wie man jemanden umbringt, der sei nicht geeignet, das Amt des Präsidenten auszuüben. Er selbst wolle als Staatschef die Todesstrafe wiedereinführen, 100.000 Kriminelle hinrichten lassen und die Bucht von Manila mit ihren Leichen füllen. Dass er zumindest letzteres nicht wörtlich meint, zeigt seine ebenfalls vorgetragene Behauptung, wenn er Präsident werde, könnte die Beerdigungsunternehmerbranche expandieren.

[Update: Nach seinem Wahlsieg verlautbarte er, Krimminelle sollten das Land jetzt besser binnen einiger Wochen verlassen.]

USA sollen "das Maul halten"

Obwohl Duterte einer Politikerdynastie entstammt (sein Vater war Gouverneur der Provinz Davao und Bürgermeister von Danao), pflegt er einen eher zotigen volkstümlichen Humor, der ihn kurzzeitig in Verlegenheit brachte, als er die Gruppenvergewaltigung der australischen Missionarin Jacqueline H. während eines Gefängnisaufstandes 1989 mit dem flapsigen Scherz kommentierte, sie sei so gutaussehend gewesen, dass man eigentlich dem Bürgermeister [also ihm] den Vortritt lassen hätte müssen. Die Bemerkung, für die er sich später mit dem Hinweis entschuldigte, er rede manchmal schneller als er denke, konnte seine Beliebtheit jedoch nicht langfristig mindern. Ebenso verhielt es sich mit der Bezeichnung, "Hurensohn" mit der Duterte den Papst kritisierte. Diplomatische Interventionen aus den USA und Australien, zu denen der Kandidat nur meinte, die beiden Mächte sollten "das Maul halten" dürften ihm bei den Wählern eher genutzt als geschadet haben.

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