Quantenkryptographie

Wissenschaftler konnten ein System herstellen, dass nur ein Photon erzeugt

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Im Prinzip ist mit entsprechendem Aufwand jede Verschlüsselung knackbar. Anders wäre dies bei der Quantenkryptographie. Ein Grundproblem bei der Übertragung geheimer Nachrichten besteht bekanntlich darin, dass der Empfänger wissen muss, wie die Nachricht verschlüsselt wurde. Dazu muss ein Schlüssel übertragen und sicher gestellt werden, dass die Übertragung von Dritten nicht belauscht wird. Die Quantenkryptographie bietet hier ein ziemlich abhörsicheres Verfahren an, zumal man mit ihr auch dank der quantenphysikalischen Eigenschaften erkennen kann, ob mitgelauscht wird.

Wissenschaftler der University of California at Santa Barbara (UCSB) berichten in "A Quantum Dot Single-Photon Turnstile Device" (Science 290, Nr. 5500, 22.12.2000), dass sie ein Gerät gebaut haben, mit dem wiederholt ein einzelnes Photon erzeugt werden kann. Die Aussendung nur eines einzelnen Photons mit einer bestimmten Polarisation lässt jedes Abhören kenntlich werden, da eine Messung der Polarisation diese irreversibel verändert. "Weil Messungen unvermeidlicherweise den Zustand eines einzelnen Quantensystems verändern, kann ein Lauscher keine Information über den geheimen Schlüssel sammeln, ohne bemerkt zu werden, sofern die für die Übertragung benutzten Impulse nicht zwei oder mehr Photonen enthalten", erklären die Wissenschaftler. Bislang war es nicht möglich, einzelne Photonen mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit zu erzeugen. In einem Lichtimpuls konnten sowohl null als auch mehr als ein Photon sein.

Bei der Quantenkryptographie wird ein Schlüssel so übertragen, dass Photonen in zufälliger Reihenfolge mit gleicher Polarisation (beispielsweise horizontal) gesendet werden, die auf einen polarisationsempfindlichen Filter auftreffen, der ebenfalls zufällig auf unterschiedliche Polarisationen eingestellt wird. Ist der Filter auf horizontale Polarisation eingestellt, können die horizontal polarisierten Photonen passieren, während die anderen blockiert werden (O und 1). Arbeiten Sender und Filter mit unterschiedlichen Polarisationsrichtungen entsteht Chaos. Ein horizontales Photon wird etwa von einem linksschrägem Filter mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent durchgelassen, so dass die Hälfte der Einser und Nullen falsch wird.

Sind Photonen mit zufälliger Polarisation gesendet und mit zufälliger Detektoreinstellung empfangen worden, dann teilen sich Sender und Empfänger mit, wann mit der gleichen Einstellung gearbeitet wurde. Diese Bit-Serie wird dann als Schlüssel für die zu übermittelnde Nachricht verwendet. Der Lauscher weiß dann zwar, wann dieselbe Einstellung von Sender und Empfänger benutzt wurde, kennt aber nur dann, welche Polarisation die Photonen hatten, wenn er selbst zufällig zur selben Zeit seinen Detektor so ausgerichtet hatte. Ansonsten liegt die Wahrscheinlichkeit, die Polarisation, und damit die Übersetzung in 1 und 0, zu erkennen, bei 50 Prozent, womit sich die Verschlüsselung nicht herausbekommen lässt.

Bei diesem Verfahren, bei dem zwei Photonen mit gleicher Polarisation übertragen werden, könnte im Prinzip, wie die Wissenschaftler sagen, vom Lauscher ein Photon abgezweigt und in seinen Detektor geleitet werden, während der Empfänger das andere Photon erhält. Gibt es nur ein Photon müsse sich dies gewissermaßen zwischen dem Detektor des Lauschers und dem des Empfängers "entscheiden", was die Sicherheit natürlich erhöht.

Die UCSB-Wissenschaftler haben ein pilzförmiges Gerät aus Halbleiterschichten gebaut, das nur ein Photon erzeugt. Die Basis besteht aus Galliumarsenid, der Stiel aus Aluminium-Galliumarsenid und der nur 200 Nanometer dicke Pilzkopf enthält Quantenpunkte aus Indiumarsenid, die in Galliumarsenid eingebettet sind. Ein Quantenpunkt ist ein winziger Halbleiterkristall, in dem sich wegen der unterschiedlichen Streuungseigenschaften des Quantenpunkts und des umgebenden Halbleitermaterials geladene Teilchen wie Elektronen, Exzitone (Elektron-Loch-Paare) oder Löcher (fehlende Elektronen) befinden. Lädt man mit Laserimpulsen die Quantenpunkte mit Energie auf, so treten Photonen einzeln aus. Dabei entstehen unterschiedliche Arten von Photonen. "Der feste Einschluss durch die Quantenpunktstruktur stellt sicher", so der Elektro- und Computeringenieur Pierre Petroff, Mitautor des Science-Artikels, "dass die austretenden Photonen unterschiedlich sind, und wir interessieren uns nur für das Photon, das mit der geringsten Übergangsenergie austritt, wenn das letzte Elektron-Loch-Paar sich verbindet." Noch allerdings lässt sich nicht steuern, welches Photon aus dem Quantenpunkt austritt, überdies funktioniert das Quantenpunktsystem nur extrem niedrigen Temperaturen.

Atac Imamoglu, ein weiterer Wissenschaftler des UCSB-Teams, ist der Überzeugung, dass die Möglichkeit, nur jeweils ein Photon zu erzeugen, auch für einen möglichen Quantencomputer wichtig sein könnte. Quantencomputer basieren auf der Verwendung der unterschiedlichen Spinausrichtungen von Elektronen, die man als QuBits bezeichnet. Anstatt dieser QuBits ließen sich aber auch lineare optische Elemente verwenden wie die Polarisierung der Photonen. Der Vorteil sei, dass damit Quantenoperationen leichter und schneller ausgeführt werden können.