"Querdenken" als Ausdruck der Polarisierung?
Seite 2: Studie: "Spaltet Corona die Gesellschaft?"
- "Querdenken" als Ausdruck der Polarisierung?
- Studie: "Spaltet Corona die Gesellschaft?"
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Eine Untersuchung von Fabian Beckmann und Anna-Lena Schönauer (Ruhr-Universität Bochum) "Spaltet Corona die Gesellschaft?" gibt Hinweise.
Nach einer im September 2020 durchgeführten Online-Befragung von 1.065 nach dem Bevölkerungsquerschnitt ausgewählten Personen befürworteten 75 Prozent der Befragten die "Bekämpfung des Corona-Virus", 18 Prozent sind geteilter Meinung ("teils/teils"), drei Prozent sehen das "eher negativ" und vier Prozent "sehr negativ".
Unterschiede zeichnen sich in der Bewertung einzelner Maßnahmen oder Empfehlungen von Wissenschaftlern und Regierung ab. Der "Einhaltung von Abstandsregeln" stehen 91 Prozent positiv gegenüber, der "Maskenpflicht" 81 Prozent, der "Absage von (Groß-) Veranstaltungen" 80 Prozent, dem "Verbot bzw. der Beendigung von Demonstrationen bei Nichteinhaltung von Schutzmaßnahmen" 78 Prozent, einer "Impfpflicht gegen das Corona-Virus" 49 Prozent, der "Schließung öffentlicher Einrichtungen (Kitas, Schulen, Universitäten)" 37 Prozent. Zu den Zustimmungen kommen "Teils/teils"-Bewertungen, die entschiedene Ablehnungszahlen verkleinern.
Die Notwendigkeit der Bekämpfung des Sars-CoV-2-Virus wird nach der Untersuchung von allen sozialen Milieus, wenn auch mit graduellen Unterschieden, positiv bewertet. Die stärkste Zustimmung findet sie im konservativ-etablierten Milieu, eine etwas geringere im linksliberal-intellektuellen Milieu.
In der Zustimmung sind sich die Befragten weitgehend einig, mehr als in Themenfeldern wie Zuwanderung, Klima, soziale Ungleichheit. Nach Auffassung der Autoren ist "die Ablehnung der Corona-Politik eher ein Phänomen weniger Kritiker:innen, die sich medial und öffentlich gekonnt Gehör verschaffen". Ihr Fazit ist:
Eine Polarisierung von Einstellungen in der Bevölkerung übersetzen wir empirisch als eine quantitativ starke Besetzung der gegenüberliegenden Pole, d.h. eine relativ gleichmäßige Aufteilung von Stimmen auf positive und negative Einstellungen. Dieser Definition folgend sind mit Blick auf die Verteilung der Globaleinstellungen (…) für die Bekämpfung des Corona-Virus keine Polarisierungstendenzen erkennbar.
Inzwischen gehen die Zustimmungswerte zur "Corona"-Politik der Regierung zurück. Das hängt damit zusammen, dass ein großer Teil der Bürger meint, die Maßnahmen gingen nicht weit genug. Insgesamt scheint sich die Mehrheit aber nach wie vor einig zu sein, dass staatliche Maßnahmen zu Bekämpfung von Covid-19 notwendig sind (April 21: Maßnahmen gehen zu weit 24 Prozent, sind angemessen 24 Prozent, gehen nicht weit genug 46 Prozent). Ob sich damit eine stärkere Zustimmung zu den "Querdenken"-Forderungen abzeichnet, scheint zweifelhaft.
"Querdenken" - alles Extreme?
Fragen wir, ob es sich bei den Anhängern von "Querdenken" selbst um ein polarisiertes Bevölkerungssegment handelt, wie etwa bei den "Wütenden" der im ersten Teil erwähnten Robert-Bosch-Stiftung-Studie.
Die Wahrnehmung von Demonstrationen der "Querdenken"-Bewegung macht den Eindruck, dass es sich um heterogene Teilnehmer handelt. Auszumachen sind "normal" erscheinende Bürger, Alternative aus früheren Initiativen wie den Friedensbewegungen, Bürgerrechtler aus der Wendezeit der DDR, Fromme, Esoteriker verschiedenen Couleur, anthroposophisch Ausgerichtete, aber auch - am Rande - Anhänger der rechten und rechtsextremen Szene wie AfD-Anhänger oder "Reichsbürger". Erkennbar sind Vertreter dieser Richtungen meist an mitgeführten Symbolen, Schilder oder Fahnen - oder sie outen sich in verbalen Äußerungen.
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