Rechtsextremismus und Militarismus in aktuellen Diskursen

Seite 2: Preußischer Militarismus als Programmatik der AfD

Bereits 2018 behandelte Reiner Braun in einem Beitrag für das FriedensJournal die Programmatik der AfD unter der Überschrift: "AfD und Friedensbewegung: Wie Feuer und Wasser". Insofern ist es nichts Neues, wenn man auf deren aktuellere Programmatik, wie für die Bundestagswahl 2021 im Abschnitt "Außen- und Sicherheitspolitik" verweist.

So wird zwar – wie auch aktuell bezüglich des Ukraine-Krieges – eine Entspannung im Verhältnis zu Russland und eine Aufhebung der EU-Sanktionen propagiert, ansonsten aber die Nato prinzipiell befürwortet. Dazu heißt es, dass die Nato ein reines Verteidigungsbündnis sein müsse und das Einsatzgebiet auf das Gebiet der Bündnisstaaten zu begrenzen sei.

Im Abschnitt "Wiederherstellung der Wehrfähigkeit Deutschlands" werden nicht nur erhöhte Rüstungsausgaben und der "Erhalt einer autonomen und leistungsfähigen wehrtechnischen Industrie in Deutschland" gefordert. Es finden sich auch explizite Forderungen nach einer militaristischen Ausrichtung in dem Absatz:

Die Bundeswehr soll wieder einen starken Korpsgeist, ihre Traditionen und deutsche Werte pflegen. Die Tugenden des Soldaten sind Ehre, Treue, Kameradschaft und Tapferkeit. Die Bundeswehr muss die besten Traditionen der deutschen Militärgeschichte leben. Sie helfen, soldatische Haltung und Tugenden – auch in der Öffentlichkeit – zu manifestieren. Militärisches Liedgut und Brauchtum sind Teil davon.

Dazu passt natürlich, dass die AfD-Fraktion auch zuletzt geschlossen für die Erhöhung des Rüstungsetats gestimmt hat gemäß dem Narrativ der "kaputt gesparten Bundeswehr". Verfangen in der eigenen Widersprüchlichkeit zwischen Bundeswehr-Aufrüstung und der Positionierung zu Russland war man hingegen bei der Verabschiedung des 100-Milliarden-Euro Sonderpaketes für die Bundeswehr Anfang Juni 2022, wo bei der Bundestagsabstimmung, die eine Hälfte der AfD-Fraktion für und die andere Hälfte gegen das entsprechende Gesetz stimmte.

Verständlich wird dieses aber dadurch, dass von AfD-Anhängern die Konfrontationspolitik gegenüber Russland größtenteils abgelehnt wird, wie aus aktuellen Umfragen hervorgeht. Diese Stimmungen müssen natürlich bedient werden, wohl wissend, dass die sich daraus ergebenden programmatischen Widersprüche für AfD-Anhänger kaum eine Rolle spielen.

Ob man die AfD nun teilweise oder gesamthaft als rechtsextremistisch ansieht, ist abhängig von inhaltlichen Kriterien. Zusammen mit dem offenen Militarismus ist der eindeutige Rassismus zu nennen, der sich in Stimmungsmache und Hetze gegen die Asyl-, Migrations- und Integrationspolitik ausdrückt. Differenzierter ist es hingegen mit dem bei Abgrenzungen gegen rechts meistens genannten Antisemitismus.

Antisemitismus unterschwellig

Der Antisemitismus kann grob vereinfachend als neuzeitliche Variante des Jahrtausende alten Judenhasses angesehen werden. Antisemitismus als rassistische Ideologie des Bürgertums entstand im Zeitalter des Imperialismus in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, vor allem im deutschsprachigen Raum.

Es war deshalb für die Nazi-Propaganda einfach, Juden als Sündenböcke für die Weltwirtschaftskrise Ende der 20er Jahre abzustempeln. Was vor und nach 1933 als Parole "Die Juden sind an allem Schuld" skandiert wurde, sind heute Flüchtlinge und Migranten für die AfD.

Die AfD kann hingegen auf zahlreiche pro-israelische Positionen verweisen, was auch für andere rechtspopulistische Parteien in Europa gilt. Mit dem Bekenntnis zum Staat Israel voll kompatibel ist eine islamfeindliche Grundpositionierung, die wiederum im Kontext der offenen Ausländerfeindlichkeit steht.

Dem liegt ein rassistisches Weltbild zugrunde, womit nicht nur gegen Migranten in Deutschland gehetzt wird, sondern eine Abschottung gegen Flüchtlinge gefordert wird, die größtenteils aus Kriegsregionen unter westlicher Beteiligung stammen.

Allerdings sind gerade unter AfD-Anhängern antisemitische Einstellungen wesentlich stärker vertreten als in anderen Parteien. Das zeigt sich bei Umfragen mit Fragen wie: "Haben die Juden zu viel Einfluss auf die Welt?". Dieses wird von AfD-Anhängern mehrheitlich bejaht, was bei Anhängern anderer Parteien lediglich Minderheitsmeinungen sind.

Damit unterscheidet sich die AfD von offen neonazistischen und antisemitischen Positionen rechtsextremer Parteien wie die NPD und "Die Rechte".

Es ist deshalb ein bewusstes Zugeständnis an die AfD-Wählerklientel, wenn einzelne führende Parteivertreter und Vordenker mit antisemitischen Äußerungen und Relativierungen des deutschen Faschismus provozieren.