Rechtsextremismus und Militarismus in aktuellen Diskursen
- Rechtsextremismus und Militarismus in aktuellen Diskursen
- Preußischer Militarismus als Programmatik der AfD
- Zum Vergleich: Die FPÖ in Österreich
- Rechtsextreme Anbiederungen an die Friedensbewegung?
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Etikettierung als "rechts" ersetzt Debatte über Inhalte – Militarismus ist hingegen kein Debattenthema.
Im politischen Koordinatensystem früherer Jahrzehnte war es eindeutig, was unter Rechtsextremismus zu verstehen war. Dieser Begriff war im Wesentlichen identisch mit Faschismus, was begrifflich wiederum auf historische "Vorbilder" bezogen war. In heutigen politischen Diskursen verschwimmen aber Begrifflichkeiten, was mit deren Nutzung zur Ausgrenzung unliebsamer Proteste zu tun hat.
Wir haben uns mittlerweile daran gewöhnt, mit Begriffen wie "rechtsoffen", "Querfront" (mit "rechten" Kräften) zu hantieren. Früher waren die Begriffe links und rechts hingegen lediglich einfache Klassifikationen, auch innerhalb der bürgerlichen Parteien. Heute hingegen wird "rechts" für die Eingrenzung des politischen Debattenraumes instrumentalisiert, indem stillschweigend die von den etablierten Parteien beanspruchte gesellschaftliche Mitte zum Normalstandard deklariert wird.
Bereits 2009 hieß es dazu in einer Schrift der Bundeszentrale für politische Bildung:
Die Konkurrenz der meisten Parlamentsparteien um einen Platz in "der Mitte" ist nicht unproblematisch. Wegen seiner Inhaltslosigkeit dient er leicht als Projektionsfläche für wirklichkeitsferne Harmoniebedürfnisse.
Alter und neuer Militarismus
Historisch gesehen war es der gesellschaftlich fest verankerte preußische Militarismus, der als Wegbereiter des 1. Weltkrieges bezeichnet werden kann. Nach der Kriegsniederlage wurde zwar durch den Versailler Vertrag eine Demilitarisierung Deutschlands verordnet, jedoch durch die Beibehaltung militärischer Strukturen und geheimer Aufrüstung in der Weimarer Republik unterlaufen.
Mit dem Machtantritt der Nazis 1933 konnte deshalb der alte Militarismus recht schnell wieder gesellschaftlich fest verankert werden zur gezielten Kriegsvorbereitung.
In der Bundesrepublik Deutschland war man nach der Wiederbewaffnung und Einführung der Wehrpflicht 1956 lange Zeit auf eine ideologische Abgrenzung zu dieser unseligen Vergangenheit bedacht, was mit dem Leitbild "Staatsbürger in Uniform" ausgedrückt wurde.
Umso erschreckender ist, dass in der jüngsten Zeit sich eine Stimmungsmache entwickelt hat, die an den Ungeist anknüpft, der zur Entfesselung von zwei Weltkriegen durch Deutschland führte. Die totale Militarisierung des Denkens in der politischen Klasse wird dabei flankiert von einem entsprechenden medialen Trommelfeuer.
Der Gegenbegriff Antimilitarismus wurde historisch geprägt von Karl Liebknecht. Verbunden damit und einem linken Selbstverständnis im Kampf für den Frieden gilt sein 1915 geprägter Satz: "Der Hauptfeind steht im eigenen Land!".
Für die Friedensbewegung als gesellschaftlich breites Bündnis ist aber relevant, dass deren Bandbreite sich erstreckt von Forderungen wie "Bundeswehr abschaffen" bis hin zu Ex-Militärs, die zwar für eine Bundeswehr im Sinne von "Wehrhaftigkeit" eintreten, aber sehr kritische Positionen zur Nato haben und der derzeitigen militaristischen Stimmungsmache entgegentreten.
Militaristische Politiker und vernünftige Militärs
Derzeit sind Ex-Militärs fast die einzig vernünftigen Stimmen aus dem bürgerlichen Lager gegen weitere und immer ausgedehntere Waffenlieferungen an die Ukraine.
Beispielhaft zu nennen ist hier Erich Vad, Ex-Brigadegeneral und früherer militärischer Berater von Angela Merkel. Bereits vor seinem Auftritt bei der großen Friedensdemo in Berlin am 25.2. sagte er in einem Interview:
... wir leisten militärische Unterstützung [für die Ukraine] ohne politisches Konzept, ohne Strategie und ohne Zielsetzung. Das ist eigentlich und strenggenommen Militarismus pur, wenn man militärische Hilfeleistungen nicht an politische Ziele koppelt.
Inwieweit man von einer ziellosen Unterstützung für die Ukraine sprechen kann, sei hier dahin gestellt, Tatsache ist jedenfalls, dass politische Interessen und Ziele nicht offen kommuniziert werden.
Vergleichbare Reaktionen von Ex-Militärs kann man derzeit in Israel beobachten. Während die Regierung Netanjahu ihren "Anti-Terror-Krieg" gegen die Palästinenser intensiviert, gibt es eigenständige Protestaktionen von Ex-Militärs. Diese verstehen sich explizit nicht als links, sind aber schockiert darüber, dass mittlerweile durch das militärische Vorgehen der israelischen Armee und dem Straßen-Mob militanter Siedler im Westjordanland Palästinenser regelrecht abgeschlachtet werden.