Rechtsextremismus und Militarismus in aktuellen Diskursen
Seite 4: Rechtsextreme Anbiederungen an die Friedensbewegung?
- Rechtsextremismus und Militarismus in aktuellen Diskursen
- Preußischer Militarismus als Programmatik der AfD
- Zum Vergleich: Die FPÖ in Österreich
- Rechtsextreme Anbiederungen an die Friedensbewegung?
- Auf einer Seite lesen
Friedensdemonstrationen in Deutschland erfolgen in jüngster Zeit zunehmend von Kräften, die in den letzten Jahren als Coronakritiker aufgetreten sind, sich nach eigenem Selbstverständnis als Freiheits- und Demokratiebewegung verstehen und von einem breiten politischen Spektrum geprägt sind.
Beispielhaft dafür stehen die jüngsten Proteste gegen die Münchner Sicherheitskonferenz am 18.2. Dort fand neben der "klassischen" Anti-Siko-Demo eine zweite Demonstration und Kundgebung statt, die sich hauptsächlich aus dem Umfeld der bisherigen Coronakritiker rekrutierte und eine vielfach höhere Teilnehmerzahl erreichte.
Der hierbei vorhandene Einfluss von rechtsextremen Kräften ist sicherlich von Ort zu Ort unterschiedlich und zumindest in der äußeren Wahrnehmung strittig.
So wird die in diesem Umfeld entstandene Partei Die Basis von Teilen der Friedensbewegung als rechtsextrem klassifiziert. Allerdings kann die im September 2022 ausgearbeitete Programmatik der bundesweiten AG Frieden innerhalb dieser Partei mit der Überschrift "Leitlinien für eine Frieden fördernde Politik" als eindeutig antimilitaristisch bezeichnet werden.
Einige sich links verstehende politische Akteure meinen jedoch, gegen "Rechte Vereinnahmungsversuche in der Friedensbewegung" angehen zu müssen, ohne die tatsächlichen Positionierungen der derart Stigmatisierten zu prüfen.
Derartiges gab es tatsächlich in den Nuller-Jahren durch die rechtsextreme NPD in Zeiten des Irak-Krieges mit einem plumpen Anti-Amerikanismus. Auch der Ex-Linke Jürgen Elsässer, der mit seinem "Compact"-Magazin seit Jahren im AfD-Umfeld verankert ist und deren Rassismus bedient, bemüht sich seit langen Jahren immer wieder mit "Ami go home" als friedenspolitischer Trittbrettfahrer.
Die AfD: Nützlich zur Spaltung von Friedensaktivitäten
Das Verhältnis der bürgerlichen "Mitte" zur AfD muss trotz deren weitestgehenden Ausgrenzung als ambivalent bezeichnet werden. Gegen die rassistische Grundhaltung der AfD in der Flüchtlings- und Migrationsfrage gibt es zu Recht starken Gegenwind. Dosiert vorgebrachte antisemitische Äußerungen kann die AfD hingegen mit Verweis auf ihre Israel-freundliche Programmatik kaschieren.
Das aktuelle Gebaren der AfD als Friedenspartei erscheint im vorgenannten Kontext hingegen – trotz des offensichtlichen Widerspruches zur eigenen Programmatik – als zweckmäßig zur Spaltung der Friedensbewegung.
Hinzu kommt: Die parlamentarische Stärke der AfD vor allem im Osten Deutschlands ist auch eine direkte Folge des Wandels der Partei Die Linke von einer Protest- zur Regierungspartei auf Landesebene.
Gleichzeitig verfängt im Osten die grassierende Russophobie erheblich weniger als im Westen. Der AfD erlaubt dieses über die verbale Ablehnung der Ukraine-Kriegspolitik eine strategisch-taktische Wendung.
Je deutlicher man sich gegen die Russland-Ukraine-Politik positioniert, umso mehr werden gleichzeitig die Spaltungstendenzen in der Partei Die Linke gestärkt. Die dort dominierenden Akteure reagieren mittlerweile unreflektiert auf vermeintlich "AfD-nahe" friedenspolitische Positionen. Anders formuliert: Die AfD kann sich selbst in ihrem Image als Protestpartei stärken, indem sie gezielt durch Anbiederung an die Friedensbewegung auch die friedenspolitisch zerstrittene Partei Die Linke noch weiter schwächt.
Ob es in dieser Weise auch gelingt, die mit der großen Friedenskundgebung am 25.2. in Berlin vorhandene Aufbruchstimmung für ein breites gesellschaftliches Anti-Kriegs-Bündnis zu torpedieren, darf jedoch bezweifelt werden. Die inflationären "Rechts-"Etikettierungen werden zum Glück zunehmend als Orwell’sches Neusprech wahrgenommen: "Krieg ist Frieden".
Aufklärerisch für eine Friedenspolitik einzutreten, heißt aktuell in besonderem Maße, gegen alle Etikettierungen als moralische Totschlagargumente aufzutreten und die Kernaussagen von politischen Akteuren wahrheitsgemäß darzustellen.