Regulierung nach innen, Deregulierung nach außen und umgekehrt

Beim zweiten TV-Duell betonen McCain und Obama ihre Unterschiede in der Innen- und Außenpolitik

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Einen Monat vor der Wahl stellten sich beide US-Spitzenkandidaten vor einem ausgewählten Studiopublikum den Fragen ihrer potentiellen Wählerschaft. Beim "Town Hall Meeting", das von ca. 60 Millionen Amerikanern an den Bildschirmen verfolgt wurde, hoben sie ihre unterschiedlichen politischen Ansätze hervor.

Im ersten Fragenkomplex hatten beide Politiker die Gelegenheit, ihre innenpolitischen Ansichten dem Fernsehpublikum zu erläutern. Zuerst wurde die amerikanische Finanzkrise angesprochen. Barack Obama beschuldigte hierbei seinen Konkurrenten, die deregulierende Politik von George W. Bush unterstützt zu haben und machte ihn indirekt dafür mit verantwortlich.

Er plädierte für eine strengere Bankenaufsicht, mehr Transparenz im Finanzwesen, höhere Sanktionen für Manager und stellte heraus, dass von seiner Wirtschaftspolitik vor allem die Mittelschicht und die Hausbesitzer profitieren sollten. 95 Prozent der amerikanischen Gesamtbevölkerung (nämlich die, die weniger als 200. 000 Dollar im Jahr verdienten) und die meisten Unternehmen würden nach Auffassung Obamas von seiner Steuerpolitik profitieren. Durch internationale Koordinierung sollte die Lobbypolitik eingeschränkt werden. Hausbesitzer müssten gestützt, nicht nur Banken gerettet werden. Er betonte, dass er bereits vor zwei Jahren vor den Gefahren und Folgen der wirtschaftlichen Deregulierung gewarnt habe.

John McCain setzt auf Steuersenkungsmodell

John McCain konterte erst einmal mit seinem Konzept der Energieautarkie für die USA: Der Förderung der Rohölerschließung im eigenen Land, von Atomkraft und der Energiegewinnung aus „sauberer Kohle“. Laut McCain müssten die USA 700 Milliarden Dollar im Jahr für Energie an andere Nationen bezahlen. Erst dann ging er direkt auf seine wirtschaftspolitischen Anliegen ein, indem er sein Steuersenkungsmodell vorstellte und sich auf die Stabilisierung der Immobilienpreise konzentrierte.

Verlorenes Vertrauen in Märkte und Institutionen müsse wieder zurückgewonnen werden. Den Leuten müsste geholfen werden, ihre Schulden wieder zurückzuzahlen. Das Steuerkonzept der Demokraten würde vor allem kleine Unternehmen treffen. Obama entgegnete, dass die Steuersenkungspolitik von McCain für die großen Unternehmen und „die Manager der Wallstreet“ eine Entlastung von 300 Milliarden Dollar bedeuten würde.

Obama: militärische Operationen in Pakistan möglich

In puncto Außenpolitik, die in der Fragerunde außergewöhnlich ausführlich behandelt wurde, rechtfertigte John McCain den Krieg gegen den Irak und sprach von den USA als „die stärkste Kraft für das Gute in der Welt.“ Gleichwohl betonte er, die Unterstützung von Pakistan beim Kampf gegen den Terror durch Zusammenarbeit und nicht durch Drohung gewinnen zu wollen.

Entschieden aggressiver argumentierte in diesem Punkt Barack Obama. Dieser hatte zwar gesagt, dass der Irak nichts mit den Attentaten vom 11. September zu tun habe, jedoch auch ein direktes, militärisches Vorgehen in Pakistan in Aussicht gestellt, falls sich dort ein akuter Verdacht auf die Präsenz von Al-Quaida-Terrorismus ergeben sollte. Auch wäre es wichtig den Irak-Krieg zu beenden, um das militärische Engagement in Afghanistan verstärken zu können. Überhaupt betonte er die amerikanische Sonderrolle in der Welt:

Wir müssen miteinander sprechen, ohne militärische Optionen auszuschließen.

America's decline: Welcher Kandidat schafft es, dies den Amerikanern klar zu machen?

Während John McCain, der seine Außenseiterrolle bei den Republikanern mehrfach erwähnte, in seinen Ausführungen recht allgemein blieb und dem Publikum den noch zu verwirklichenden amerikanischen Traum ans Herz legte, war Obama recht konkret und verleugnete auch nicht die gegenwärtige amerikanische Malaise. Der Republikaner betonte die Kontinuität, der Demokrat die Diskontinuität seiner Politik im amerikanischen System. McCain tänzelte durchs Publikum und schüttelte einem Veteranen die Hand, Obama zeigte dafür auf seine im Publikum sitzende Frau.

Obgleich während des Auftritts durchaus persönliche Attacken zu verzeichnen waren, wurde schmutzige Wäsche eher vermieden.

Im Vorfeld der Gesprächsrunde hatten die Republikaner Obama den Kontakt mit dem Professor für Erziehungswissenschaften Bill Ayers, einem ehemaligen linksradikalen und militanten Anti-Vietnam-Aktivisten vorgehalten, worauf das Obama-Lager mit einem Videospot über McCains Verstrickung in einen Finanzskandal und die Korruptionsaffäre als Kumpan der sogenannten "Keating Five" aus dem Jahre 1989 antwortete.

Die Angriffe McCains auf die Person Obamas dürften dem Umstand geschuldet sein, dass der Kandidat der Republikaner mit der desaströsen Finanzpolitik von George W. Bush in Verbindung gebracht wird, während letzterem laut Umfragen sechs Prozent mehr Amerikaner zutrauen, die Probleme der Finanzkrise zu lösen. Laut einer Umfrage von CNN konnten sich 53 Prozent der amerikanischen Wähler vor der Gesprächsrunde für Barack Obama und nur 45 % für John McCain begeistern.