Relative Mehrheit für Brexit
In Großbritannien sprechen sich mehr Bürger für einen Austritt aus als für einen Verbleib in der EU aus
Einer vom Figaro in Auftrag gegebenen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts OpinionWay nach würden drei Jahre vor einer angekündigten Abstimmung darüber 42 Prozent der Briten für einen Austritt aus der Europäischen Union votieren. Deutlich weniger - nämlich 37 Prozent - sprechen sich für einen Verbleib in der EU aus. 21 Prozent haben sich noch nicht entschieden oder geben sich grundsätzlich uninteressiert.
Das Umfrageergebnis kommt insofern nicht überraschend, als der britische Premierminister David Cameron seine Kollegen aus anderen EU-Ländern im Sommer warnte, dass die Ernennung von Jean-Claude Juncker zum neuen EU-Kommissar ein klares Zeichen für Reformunfähigkeit wäre, das bei den britischen Wählern entsprechend ankommen würde. Die trauen nicht nur Brüssel immer weniger, sondern auch den Tories, Labour und den Liberaldemokraten, weshalb die "neue Arbeiterpartei" UKIP bei den Parlamentswahlen im Mai auf eine dreistellige Zahl von Sitzen kommen könnte. Bei zwei der drei in den letzten Monaten abgehaltenen Nachwahlen bekamen ihre Kandidaten mehr Stimmen als die der Tories und der Labour Party.
Britische Medien beschäftigen sich auch deshalb recht ausführlich mit einem EU-Austritt ihres Landes, für den sie einen kurzen und prägnanten Namen gefunden haben: Brexit - zusammengesetzt aus "Britain" und "Exit". Dabei werden mehrere möglichen Szenarien diskutiert: Nach einem Austritt könnte Großbritannien beispielsweise dem Europäischen Wirtschaftsraum EWR beitreten (wie Norwegen), neue bilaterale Verträge mit der EU aushandeln (wie die Schweiz) oder an der Europäischen Zollunion teilnehmen (wie Monaco).
Für andere wichtige EU-Länder ermittelte das französische Meinungsforschungsinstitut relative Mehrheiten für einen Verbleib in der EU: In den Niederlanden liegen die EU-Gegner mit 39 Prozent allerdings nur sehr knapp hinter den Befürwortern, die dort auf 41 Prozent kommen. 20 Prozent der Niederländer haben zur Austrittsfrage keine Meinung.
In Frankreich, wo von den größeren Parteien lediglich Marine Le Pen und ihr Front National mit einem EU-Austritt werben, wollen dagegen 55 Prozent der Wähler die EU. Der Anteil der EU-Gegner liegt hier bei 22 und der der Unentschiedenen bei 23 Prozent. In Italien, möchten neben Beppe Grillos Movimento 5 Stelle auch 30 Prozent der Wähler nicht länger bei Brüssel bleiben. Ministerpräsident Matteo Renzi, Silvio Berlusconi und 58 Prozent der Wähler befürworten dagegen einen Verbleib in dem Gebilde. Der Anteil der Unentschlossenen liegt hier mit 12 Prozent so niedrig wie in keinem anderen der sechs Länder, in denen OpinionWay fragte.
In Deutschland, wo weder die etablierten Parteien noch die AfD einen EU-Austritt im Programm haben, würden sich bei einer Volksabstimmung 22 Prozent für einen Abschied von Brüssel entscheiden. Weitere 14 Prozent wissen noch nicht, wie sie bei so einer Gelegenheit votieren würden. Und 64 Prozent würden ihre Stimme für ein "weiter so" abgeben. Noch mehr EU-Befürworter - nämlich 67 Prozent - finden sich in Spanien, wo sich nur 17 Prozent für einen Austritt aus der EU aussprechen und 16 Prozent unentschieden sind.
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