Revolte der Republikaner?
Ein Grundtrend: Die fortschreitende Schwächung Trumps in der eigenen Partei. Wie lange dauert es, bis sich die Republikaner gegen ihren Präsidenten wenden (müssen)?
Bereits zu einem ungewöhnlich frühen Zeitpunkt steht US-Präsident Donald Trump mit dem Rücken zur Wand. Während die Medien quer durch das gesamte politische und ideologische Spektrum - mit Ausnahme des rechtskonservativen "Fox"-Netzwerks und der radikalen "Breitbart"-Gruppe seines Beraters Steve Bannon - ihm den bedingungslosen Krieg bis zur Kapitulation erklärt und die oppositionellen Demokraten wohl noch nie in ihrer Geschichte ein so eindeutiges und "dankbares" Feindbild für ihre Selbsterneuerung und den Gewinn der kommenden Zwischenwahlen im November 2018 hatten, mehrt sich nun auch das Murren in der eigenen Republikanischen Partei unüberhörbar. Das kündigt nichts Gutes für den selbsternannten Retter des Volkes und Erbauer eines "wieder großen Amerika" an.
Der ehemalige CIA-Direktor Barack Obamas (2013-2017), George O. Brennan, enthüllte Ende Mai 2017, Trumps Wahlkampfteam habe - Brennans Informationen nach - tatsächlich ungebührliche Kontakte mit russischen Vertretern gehabt.1 Trump habe überdies mit seiner spontanen Ausplauderung von Staatsgeheimnissen bei Treffen mit russischen Diplomaten, darunter Außenminister Sergei W. Lawrow, gleich mehrfach "die Protokolle verletzt"2 und sowohl eigene wie verbündete Geheimdienste substantiell gefährdet. Beide Entwicklungen der Russland-Affäre schwächten Trumps Position auch innerhalb der eigenen Republikanischen Partei erheblich.
Trumps Außenpolitik wurde überdies bereits zu einem außergewöhnlich frühen Zeitpunkt seiner Amtszeit Ziel von Angriffen seiner Parteikollegen, darunter des ehemaligen Wahlkampfkonkurrenten um das Präsidentenamt und Augenarztes Rand Paul. Paul forderte, was ihm als Kongressmitglied zusteht, im Mai 2017 eine formelle Überprüfung des von Trump soeben abgeschlossenen 110 Milliarden-Waffendeals mit Saudi-Arabien durch das Parlament ein, da er eine Verwicklung der USA in den Konflikt Saudi-Arabiens im Jemen befürchtete und die riesige, strategisch gegen Saudi-Arabiens Todfeind Iran gerichtete Waffenlieferung auch aus humanitären Gründen für nicht rechtens hielt.3
Obwohl Rand sich bereits mehrfach gegen große Waffendeals eingesetzt hat, könnte das Beispiel in der Republikanischen Partei Wurzeln schlagen, den Präsidenten nicht mittels direkter Rhetorik, sondern vielmehr über formal von den Regeln der Institutionen vorgesehenen Verfahren ständig in Kleinkämpfe von Rechtfertigung und Legitimation zu verwickeln, um seine Agenda "vernunftorientiert" einzugrenzen und einzubremsen. Damit ist eine indirekte Blockadepolitik von Trumps eigener Partei zu befürchten, da die Mehrheit ihrer Kongressmitglieder daran interessiert ist, ihren Präsidenten zu mäßigen und zu entschleunigen, wenn nicht gar im Sinn von "check and balance" soweit möglich zu neutralisieren, um die Mitte der Gesellschaft und damit den Mittelstand nicht völlig in die Hände der Demokraten zu treiben.
Zu den unzähligen Verfehlungen, Unfähigkeitsbescheiden und Skandalen kommen bereits seit Anfang von Trumps Amtszeit offene "Zusammenstöße" des Weißen Hauses mit seinem eigenen Ethik-Büro (Office of Government Ethics) in Sachen Durchlässigkeit zwischen Beamtenpositionen und Lobbyismus.4 Diese ist in Washington aufgrund von Interessenskonflikten und Geheimnisweitergabe beim - in den USA üblichen - Wechsel von Spitzenbeamten in Lobbypositionen und umgekehrt besonders heikel.
Spitzenbeamte werden in der Regel bei Präsidentenwechseln ausgetauscht und machen dann das Beste aus ihren Beziehungen und ihrer Erfahrung im Dienst von Lobbyorganisationen, der Privatwirtschaft oder ausländischen Auftraggebern, was zur Folge hat, dass es in den USA Regeln gibt, wonach eine Sperrfrist von mehreren Jahren eingehalten werden muss und entsprechende Tätigkeiten erst danach ausgeübt werden können. Trump erklärte die meisten bestehenden Schutzregeln für überflüssig, indem er sie entweder aufweichte, abschaffte oder überging. Das machte ihn gerade auch in der eigenen republikanischen Partei angreifbar, die ja wesentlich von den streng religiösen Amerikanern lebt, denen (traditionelle) Ethik entscheidend ist.5
Trump erweist sich außenpolitisch als unerfahrener Anfänger
Strikt wirtschaftliche Maßnahmen blieben ebenfalls nicht ohne Kritik in den eigenen Reihen, darunter Trumps Vorhaben, bereits ab dem ersten Amtsjahr über einen Zeitraum von 10 Jahren die Hälfte der strategischen Ölreserve der USA zu verkaufen, um damit ein Budgeteinkommen von 16,6 Milliarden US-Dollar zu generieren. Damit würde bei gleichzeitiger Ankurbelung der US-Schieferöl- und Gasförderung der weltweite Ölpreis gedrückt und, so Trumps Argument, die Verbraucher dauerhaft vor steigenden Ölpreisen geschützt und sowohl die US- wie die Weltwirtschaft angekurbelt.6 Kritiker warnen allerdings davor, dass dies die US-Verbraucher eben gerade neuen Risiken aussetze, da nach Ablauf der Frist bei gleichzeitiger Abwendung Trumps von erneuerbaren Energien die USA stärker von internationalen Ölpreisschwankungen abhängig würden als bei einer grösseren Reserve.
Dass Trump sich zudem - wie erwartet und offenbar in aktivem Widerstand gegen jeden Lerneffekt - außenpolitisch ständig als unerfahrener Anfänger erweist, ja sich als Elefant im Porzellanladen in geradezu provokanter Demonstration fehlenden historischen Wissens und Sensibilität benimmt, sorgt in der Republikanischen Partei ebenfalls für zunehmende Verstörung, ja Scham. Dass Trump etwa im Rahmen seiner ersten Auslandsreise ins Gedenkbuch der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem schrieb: "So fantastisch! + werde es nie vergessen" ("so amazing + will never forget")7 war nur einer der extremen Fehltritte, die nicht nur bei der starken jüdischen Lobby in Washington, sondern auch bei Republikanern für tiefere Irritation als nur Kopfschütteln sorgte.