Roboter auf dem Feld und im Stall

Seite 2: Roboter melken effizienter

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Mehr als 50 Prozent aller Melksysteme, die in Deutschland neu installiert werden, sind Automatische Melksysteme (AMS) - Tendenz steigend. AMS werden auch für Milchvieh haltende Öko-Betriebe zunehmend interessanter. Die Roboter, die 24 Stunden im Einsatz sind, helfen die Arbeitsbelastung zu senken. So kann der Bauer seine Arbeitszeit flexibler gestalten.

Zwei bis drei Mal am Tag kommt die Kuh von ganz alleine zum Roboter, um sich melken zu lassen, zu Beginn der Laktation sogar bis zu fünf Mal. Das häufigere Melken kommt auch dem natürlichen Saugreflex der Kälber entgegen, die von Natur aus mehrmals täglich nach den Zitzen der Mutter suchen - mit dem Unterschied, dass die Kälber von Maschinen abgelöst wurden.

Die Investition in einen Melkroboter ist nicht zu unterschätzen. Das Gerät rechnet sich nur dann, wenn es optimal ausgelastet ist. Die Wirtschaftlichkeit eines automatischen Melksystems hängt somit von den Kosten des Milchentzugs ab und verbessert sich mit steigender Systemleistung, heißt es in der KTBL-Schrift "Automatische Melksysteme".

Mit Einboxanlagen können unter günstigen Bedingungen bis zu 750.000 kg gemolken werden, was ca. 2 000 kg Milch je Tag entspricht, bei leistungsfähigeren Tieren seien noch höhere Werte möglich - und das bei einer Herdengröße von nur 55 bis 70 Kühen. Wobei der Roboter nur Kühe mit optimaler Zitzenform überhaupt zu melken bereit ist.

Bei "optimaler Handhabung" der Roboter, so heisst es, steigere sich die Milchleistung pro Tier jährlich um 500 bis 1.000 Kilogramm. Was nichts anderes bedeutet, als dass die einzelne Kuh gezwungen wird, immer mehr Milch zu geben. Das ganze System ist auf andauernd steigende Milchleistungen ausgerichtet.

Das geht letztlich auf Kosten des Tieres, dessen Organismus bis an seine Grenzen ausgereizt wird. Mit Umstellung auf AMS erhöhen sich auch häufig Zell- und Keimzahlen in der Milch, was sich wiederum negativ auf die Eutergesundheit auswirkt.

Schließlich stellt sich die Frage: Wenn der Milchbauer nur noch die Technik überwacht und die Daten auf dem Display interpretiert, wird dann der persönliche Kontakt zum Tier nicht immer weniger?

Verbesserte Lebensqualität für Bauer und Kuh

Glaubt man dem Nutztierexperten Uwe Eilers vom Landwirtschaftlichen Zentrum Baden-Württemberg (LAZBW), so hängt der erfolgreiche Einsatz eines AMS davon ab, ob die Tiere in gleichmäßigen Intervallen zum Melken kommen. Und das kann vor allem dann schwierig werden, wenn die Tiere regelmäßig auf die Weide gehen. Denn automatische Melksysteme vertragen sich in der Regel schlecht mit regelmäßigem Weidegang. Und der ist auf Biobetrieben vorgesehen.

Einer Studie von 2013 an der Uni für Ökolandbau in Kassel/Witzenhausen zu Folge mussten die Kühe von fast einem Drittel aller befragten Betriebe, die vorher regelmäßig Weidegang hatten, nach der Einführung eines AMS dauerhaft im Stall bleiben. Zudem wurden die Herdengrößen aufgestockt.

Dort, wo Weidegang noch gewährt wurde, verkleinerte sich die Weidefläche pro Kuh, und zwar im Schnitt von 3500 auf 2000 Quadratmeter je Tier. Weshalb die Tiere ihr Futter hauptsächlich im Stall aufnahmen. So wurde in nahezu der Hälfte aller untersuchten Betriebe tendenziell mehr Kraftfutter gefüttert als vorher.

Andererseits zeigte sich, dass zwei Drittel der Ökobetriebe mit dem System Weidegang und AMS ohne Einschränkung des Weidegangs zurechtkamen. Zu ähnlichen Ergebnissen kam eine aktuelle Untersuchung des LAZBW in der 25 Ökomilchviehbetriebe in Baden-Württemberg und Bayern mit AMS und Weidegang analysiert wurden.

Obwohl die Weidedauer der untersuchten Betriebe sehr unterschiedlich war, kamen die Tiere in den meisten Fällen auf einen täglichen Weidegang von mehr als fünf Stunden, ein Drittel sogar auf mehr als zwölf Stunden.

Einen Vorteil genießen vor allem rangniedere Tiere, weil sie weniger Stress im Wartebereich, beim Treiben in und aus dem Melkstand oder am Fressgitter haben. Sie warten einfach, bis der Zugang zum AMS frei ist. Andererseits kann auf einem Betrieb mit Hörner tragenden Kühen der Melkroboter kaum hundertprozentig ausgelastet werden.

Biobauer Norbert Schnell aus dem Allgäu zeigt sich nach zweijähriger Erfahrung mit dem Melkroboter zufrieden. Zwar hat er seine früheren Portionsweiden auf Standweide umstellen müssen, doch können die Kühe hier arttypische Verhaltensweisen wie Grasen und Sozialverhalten ausleben. Das meiste Gras fressen sie allerdings nun am Futtertisch.

Dafür werden sie zweimal täglich im Fressgitter fixiert. Bei der Gelegenheit überprüft der Bauer in aller Ruhe Euter, Klauen und Allgemeinzustand. Regelmäßige Abläufe ohne Rangeleien, aufmerksame Betreuung, gutes Hygienemanagement - all das hat sich auch positiv auf die Eutergesundheit ausgewirkt. Und der Bauer selbst hat ein deutlich geringeres Arbeitspensum: Freie Nachmittage - früher undenkbar - sind für ihn zur Normalität geworden.