Roboter zum Schutz der Innenstädte

San Francisco hat ein großes Problem mit Raubüberfällen im Geschäftszentrum. Nun will man private Kameras zur Überwachung heranziehen. Der Polizei genügt das nicht.

Nach Corona sollten Bürger und Touristen wieder in die Bay Area von San Francisco strömen und dort shoppen. Das hörte sich erst einmal gut an, wenn sich da nicht ein Phänomen zeigen würde, welches das Californian Dreaming zerplatzen lässt wie eine Seifenblase.

Es gab einen Überfall auf den Leica Store in San Francisco – und das an einem Samstag zur Mittagszeit! Der Raubüberfall mitten am helllichten Tag geschah, nachdem San Franciscos Bürgermeister London Breed und der örtliche Chef des Police Departments, Bill Scott, den Bürgern kurz zuvor versichert hatten, dass der Union Square sicher sei und die Menschen wieder zum Einkaufbummel zurückkehren sollten.

Auch wenn Mord beileibe nicht zu den wichtigsten Todesursachen in San Francisco zählt, so fürchten sich die Menschen so sehr vor dem Risiko, Opfer einer Gewalttat zu werden, dass sie lieber auf den Einkaufsbummel verzichten.

Dabei sind die Ladengeschäfte in der Bay Area in diesem Jahr besonders auf das Vorweihnachtsgeschäft angewiesen, nachdem schon im vergangenen Jahr ein halbes Dutzend Luxus-Läden überfallen und beschädigt worden waren und vielerorts hölzerne Tafeln die geborstenen Schaufensterscheiben ersetzen.

Massive Polizeipräsenz soll den Konsumenten den Eindruck von Sicherheit vermitteln. Zusätzlich schützen sich die Ladeninhaber inzwischen mit eigenem Sicherheitspersonal. Die Kosten dafür können sich jedoch meist nur die örtlichen Niederlassungen großer Konzerne leisten, die für unbewaffnetes Wachpersonal 30.000 US-Dollar pro Monat bezahlen müssen. Für bewaffnete Polizisten, die außerhalb ihres Dienstes angeheuert werden, fallen Kosten von über 100 Dollar pro Stunde an.

Wenn Läden schließen, fallen auch lokale Steuereinnahmen weg. In verschiedenen Stadtteilen von San Francisco haben sich die Steuereinnahmen zuletzt halbiert, was den Handlungsspielraum der Kommune deutlich einschränkt.

Überfälle auf Läden wie in San Francisco sind in den USA keine Einzelfälle, sondern ein beunruhigender Trend. Auch aus New York und Chicago werden vergleichbare Raubzüge berichtet.

Ausbau der Überwachung

Als Lösung des Problems wird eine umfassende Videoüberwachung im Stadtgebiet anvisiert. Dazu darf die Polizei jetzt in einem befristeten Pilotprojekt auf private Überwachungskameras zugreifen, wenn deren Eigentümer diesem zustimmen.

Selbst bei der bislang verbotenen automatisierten Gesichtserkennung kommen Vertreter der Gruppen, die eine durchgehende Überwachung bislang zu verhindern suchten, langsam unter Druck.

Die zunehmende Rücksichtslosigkeit durch die Überfälle, die wie beim eingangs genannten Überfall auf den Leica Store am helllichten Samstagmittag erfolgten, führen verstärkt zu Forderungen nach einer stärkeren Automatisierung der Gefahrenabwehr. Von einer Verstärkung der automatisierten Gesichtserkennung etwa versprechen sich zahlreiche Beteiligte eine Verbesserung der Sicherheitslage.

Das stellt eine gewisse Zwickmühle in Kalifornien dar, wo man viel auf Freiheit gibt. Ein staatliches Überwachungssystem wie in China will man unbedingt vermeiden. Hat man doch Firmen wie Hikvision mit umfangreichen Sanktionen überzogen, weil man dem Unternehmen vorwirft, dass seine Technik zur Unterdrückung der Uiguren beitrage.

Doch auch in Kalifornien wird Neues ausprobiert, das die Grenzen der Polizeiarbeit pionierhaft ausdehnt.

Einsatz von Killerrobotern gescheitert

So wollte man in San Francisco zuletzt die Polizei nicht nur durch umfangreichere Videoüberwachungsmöglichkeiten aufrüsten, sondern auch durch neue technische Errungenschaften.

Das fiel auch deutschen Medien auf, die von einem "umstrittenen Kurs gegen das Verbrechen in San Francisco" berichteten und von einer Erlaubnis der örtlichen Polizei zum Einsatz von Tötungsrobotern.

Künftig soll die Polizei von San Francisco (SFPD) Roboter kaufen können, die Verbrecher umbringen können. Solche Maschinen sind bislang vor allem für das Militär entwickelt worden. Die Aufseher der Stadt glauben jedoch, dass die Roboter nötig sind, um die Gewalt in der US-Metropole einzudämmen.

Handelsblatt, 6. Dezember

Das ungeheuerliche Novum hatte allerdings nur eine kurze Haltbarkeit. Tags darauf wurde notiert, dass die Freigabe der Killerroboter inzwischen widerrufen wurde.

Offensichtlich haben die zuständigen Behörden in der Zwischenzeit eingesehen, dass sie mit der automatisierten Militarisierung der Polizei über das Ziel hinausgeschossen waren und damit mitnichten das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung bedienten.

US-amerikanische Entwicklungen als Vorläufer

In der Vergangenheit zeigte sich, dass Entwicklungen in den USA mit zehn Jahren Nachlauf auch in Europa etablierten. Bei der Videoüberwachung hat London den Trend schon vor Jahren aufgenommen. Aktuell sind dort über 942.562 Überwachungskameras installiert.

Das ist eine Kamera pro zehn Einwohner und bedeutet, dass man im Stadtgebiet von London 70 Mal am Tag von derartigen Kameras erfasst wird.

Auch zahlreiche Großstädte in Indien zählen inzwischen zu den stark per Videokameras überwachten Regionen.

Weltweit sollen inzwischen bald eine Billion dieser mehr oder weniger unauffälligen Spione die Menschen beobachten. Dabei lassen sich keine direkten Zusammenhänge zwischen der Zahl der Überwachungskameras und Angaben zur Kriminalität oder zu Sicherheit erkennen.