Rückkehr nach Russland
Im letzten Jahr nutzten fast 120.000 Personen ein Programm des russischen Innenministeriums - die Rückkehrer kamen nicht nur aus der Ukraine und anderen ehemaligen Sowjetrepubliken, sondern auch aus Deutschland und Israel
Wer in ein anderes Land auswandert, wird damit nicht immer glücklich. Manchmal ergeben sich Probleme auch erst nach Generationen. Möglichkeiten zurückzukehren gibt es nicht nur in Deutschland, sondern auch in Russland. Von einem entsprechenden Programm des Innenministeriums machten dort im letzten Jahr etwa 119.000 Personen Gebrauch - etwas weniger als 2016 (146.000) und 2015 (183.000), aber mehr als 2014 (106.000). Diese Entwicklung scheint sich im laufenden Jahr fortzusetzen: Vom Januar bis zum Mai 2018 nutzten es bislang 41.000 Menschen.
Als einen Grund für den Rückgang nennt das russische Innenministerium eine sinkende Zahl von Flüchtlingen aus der Ukraine. Solche Flüchtlinge können nun online Einbürgerungsanträge stellen, nachdem sich mehrere Familien aus dem Donbass im Juni in einer Fernsehfragestunde beim russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin über den mit Einbürgerungen verbundenen bürokratischen Aufwand beklagt hatten. Darüber hinaus liegt der russischen Regierung seit Juli ein Gesetzentwurf über ein erleichtertes Verfahrung zum Erwerb der russischen Staatsbürgerschaft für ethnische Russen vor.
Keine Staatsbürgerschaft
Solche Rückkehrer kommen nicht nur aus der Ukraine, sondern auch aus anderen ehemaligen Sowjetrepubliken - und überraschenderweise auch aus Deutschland und Israel. Deutschland liegt an der Zahl der Rückkehrer gemessen sogar an dritter Stelle. Trotz dieser Rückkehrer leben in den ehemaligen Sowjetrepubliken aber immer noch viele ethnische Russen: In Litauen stellen sie etwa fünf Prozent der Bevölkerung, in Estland und Lettland jeweils etwa ein Viertel. Russen, die nach 1940 ins Land kamen, bekamen nach der erneuten Unabhängigkeit ebenso wenig automatisch die estnische oder lettische Staatsbürgerschaft wie ihre Nachkommen (vgl. Maidan und Letgallen).
Während Estnisch eine finno-ugrische und lettisch eine baltische Sprache ist, sprechen die benachbarten Weißrussen (die früher unter polnischer beziehungsweise polnisch-litauischer Herrschaft lebten), eine dem Russischen so ähnliche Sprache, dass sie bei einem anderen Verlauf der Geschichte heute vielleicht als bloßer Dialekt gelten würde. Wenn sie nicht ohnehin Russisch als Umgangssprache nutzen, wie drei Viertel der Bevölkerung dort. Der 1990 begonnene Versuch, dieses Russisch durch Weißrussisch zu verdrängen, scheiterte 1995 mit einer Volksabstimmung, bei der 86,8 Prozent der Bürger für die Wiedereinführung des Russischen als Amtssprache stimmten. In Weißrussland sind die Gründe, nach Russland umzusiedeln, deshalb vor allem wirtschaftlicher Natur: Das weißrussische Bruttoinlandsprodukt, das zwischen 1998 und 2014 Wachstumsraten von bis zu 11,5 Prozent erreichte, sank 2015 um 3,8 und 2016 um weitere 2,6 Prozent (vgl. Lukaschenko warnt vor Anschluss Weißrusslands an einen "anderen Staat").
Zentralasien und der Kaukasus
Im zentralasiatischen Kasachstan halbierte sich der Anteil der ethnischen Russen zwischen 1979 und 2015 von gut 40 auf gut 20 Prozent. Die meisten davon leben im Norden, an der Grenze zu Russland. In Kirgisistan ging der Anteil der Russen zwischen 1989 und 2015 sogar von über 20 auf etwa fünf Prozent zurück. So groß ist der russische Bevölkerungsanteil heute auch in Usbekistan und Turkmenistan. Im persischsprachigen Tadschikistan liegt er nur noch bei etwa einem halben Prozent. In allen diesen moslemischen Ländern spielt für die Auswanderung ethnischer Russen auch die Sicherheitslage eine Rolle. In Tadschikistan wurden erst letzte Woche vier Fahrradtouristen von Islamisten umgebracht, etwa gleichzeitig hob man eine Terrorzelle aus, die Anschläge auf russische Einrichtungen plante.
In den christlichen Kaukasusstaaten Georgien und Armenien, aber auch im türkischsprachigen und schiitischen Aserbaidschan ist die Sicherheitslage weniger prekär: In Aserbaidschan liegt der Anteil der Russen trotzdem nur bei etwa einem, im mit Russland verfeindeten Georgien (wo sie 1989 noch gut sechs Prozent der Bevölkerung stellten) bei etwa eineinhalb und im (mit Russland verbündeten) Armenien bei nur mehr einem halben Prozent. Aus diesem wirtschaftlich wenig erfolgreichen Land wanderten allerdings nicht nur ethnische Russen, sondern noch deutlich mehr ethnische Armenier nach Russland aus. In etwas geringerem Umfang gilt das auch für die anderen ehemaligen Sowjetrepubliken.
Farmer aus Südafrika
Eine besondere Situation besteht in der rumänischsprachigen ehemaligen Sowjetrepublik Moldawien: Hier haben sich die Russen im vom Westen nicht anerkannten de-facto-Staat Transnistrien abgespalten (vgl. Das Land, das nicht sein darf), aus dem aber trotzdem viele Menschen nach Russland abwandern - vor allem der besseren Verdienstmöglichkeiten wegen. Im restlichen Moldawien liegt der Anteil der ethnischen Russen bei etwa fünf Prozent.
Darüber hinaus werden in Russland auch Menschen aufgenommen, die keine ethnischen Russen sind: Der NSA-Whistleblower Edward Snowden beispielsweise. Und neuerdings auch südafrikanische Farmer, die vor den so genannten "Plaasmorden" fliehen (vgl. Südafrika: Venda Ramaphosa löst Zulu Zuma ab).
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