Russische "Einmischungsoperation" wird zu einem Monstrum aufgeblasen

Seite 2: Amerikanische Beeinflussungsoperationen sollen ganz etwas anderes sein

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Wenn man - über Afghanistan, Irak, Syrien und Libyen hinaus - nur in die kürzere Geschichte der Beeinflussungsoperationen von amerikanischen Politikern, Thinktanks/NGOs, Geheimdiensten und auch der Regierung in Osteuropa zurückblickt, wird man sich daran erinnern, dass die USA oder amerikanische Interessengruppen hinter der Unterstützung oppositioneller Gruppen und der daraus entstehenden "bunten Revolutionen" in Serbien, Georgien, Weißrussland und der "orangenen Revolution" in der Ukraine standen.

Natürlich wurden auch politische Entwicklungen in Russland von den USA aus gefördert - zwischen 1993 und 2014 mit mehr als 18 Milliarden US-Dollar, zu Wahljahren floss immer mehr Geld. Und in den 1990er hatten sich die USA ganz offen eingemischt, um Jelzin an der Macht zu halten, der die Wirtschaft liberalisierte bzw. auf einen kruden Kapitalismus umschaltete, wodurch sie in eine tiefe Krise schlitterte und sich Kriminalität, Korruption und Oligarchencliquen ausbreiteten. Putin ist mithin auch das Ergebnis amerikanischer Beeinflussungsoperationen.

Erinnert sei auch daran, dass Victoria Nuland, Staatssekretärin für Europäische und Eurasische Angelegenheiten, im Dezember 2013, als die Maidan-Bewegung schon im Vorteil gegen über der bösen, wenn auch gewählten Regierung war, ganz offen erklärt hatte, dass die USA innenpolitisch in der Ukraine demokratische Entwicklungen mit 5 Milliarden US-Dollar gefördert habe. Es kam schließlich auch heraus, dass die USA nach einem Sturz der ukrainischen Regierung auf Jazenjuk setzte, der dann auch Regierungschef wurde ("Fuck the EU").

Westliche Politiker hatten ganz offen und ganz unkritisch gegenüber den rechtsnationalen Strömungen die Maidan-Bewegung auch durch Präsenz unterstützt, sich also massiv eingemischt, schließlich ging es nach der gescheiterten Orangenen Revolution darum, die Ukraine von Russland zu lösen und sie in die EU und in die Nato einzubinden. Dabei nahm man in Kauf, dass 2014 ebenso wie 2004 nur eine Oligarchen-Clique von der anderen abgelöst wurde.

Schon die Neigung, schnell von einem Krieg zu sprechen, wenn Beeinflussungsoperationen stattfinden, ist verräterisch. Suggeriert wird, dass es egal ist, ob man mit Informationen oder mit Waffen kämpft, weswegen auch von Informationen als Waffen gesprochen wird. Dementsprechend werden in der Türkei kritische Journalisten eingesperrt und zu hohen Strafen verurteilt. Mehr als Krieg gibt es nicht, das Interesse ist, mit der Verwendung des Wortes einen Konflikt zu eskalieren und zuzuspitzen.

Immerhin veröffentlichte die NYT schließlich auch einen Artikel, in dem ehemalige Geheimdienstmitarbeiter berichteten, dass solche Beeinflussungsoperationen auch für die amerikanischen Dienste - und, wie man hinzufügen müsste, für manche Organisationen wie National Endowment for Democracy - praktizierten. "Wenn man einen Geheimdienstoffizier fragt, ob die Russen die Regeln brechen oder etwas Bizarres machen, ist die Antwort nein, überhaupt nicht", so Steven Hall, bis 2015 Leiter der CIA-Abteilung für russische Operationen. Die Amerikaner hätten auch in der Vergangenheit solche Beeinflussungsoperationen durchgeführt: "Und ich hoffe, wir machen das auch heute noch." Der Artikel läuft aber letztlich darauf hinaus, dass die amerikanischen Beeinflussungsoperationen nicht vergleichbar seien mit den russischen, schließlich würden sie Gutes anstreben.

Man könnte in diesem Fall sogar Donald Trump zustimmen, der gestern twitterte: "Wenn es das ZIEL Russlands war, Zwist, Störung und Chaos in den USA zu schaffen, dann waren sie mit all den Ausschussanhörungen, Ermittlungen und Hass zwischen den Parteien über ihre wildesten Träume hinaus erfolgreich. Sie lachen sich tot in Moskau. Werde vernünftig Amerika!"