Russland beschuldigt USA weiter, biologische Waffen in Georgien zu testen
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Moskau kehrt den Spieß um und bezichtigt die USA, ein geheimes biologisches Waffenprogramm gegen Russland zu unterhalten. Ungeklärt ist weiter das Loch auf der Weltraumstation ISS
Die Regierungen der USA, Großbritanniens und der Niederlande sowie die Nato haben in einer koordinierten Kampagne versucht, Russland wegen der "rücksichtslosen" Spionageaktivitäten von Agenten des russischen Geheimdienstes GRU an den Pranger zu stellen. Offenbar abgehängt zogen die australische Regierung und schließlich die deutsche Regierung nach.
Allerdings teilte kein Minister, sondern nur Regierungssprecher Steffen Seibert mit, dass der russische GRU für den Hackerangriff auf den Bundestag verantwortlich sei, man lässt sich, wie üblich geworden, allerdings ein Hintertürchen auf: "Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" gehe die Regierung davon aus, "dass hinter der Kampagne APT28 der russische Militärgeheimdienst GRU steckt." Die "Einschätzung" beruhe "auf einer insgesamt sehr guten eigenen Fakten- und Quellenlage", so Seibert. Und natürlich habe man "volles Vertrauen" in die britischen und niederländischen Behörden. Russland wird wegen der Angriff verurteilt und soll sie unterlassen.
Das russische Außenministerium erklärte, dass man mit Bedauern beobachte, "wie die US-Behörden die Atmosphäre der russisch-amerikanischen Beziehungen vergiften, indem sie immer neue grundlose Anschuldigungen gegen Russland erheben, die gewisse andere Nato-Länder schnell durch Befehl aus Washigton wiederholen. Wieder einmal wird die westliche Öffentlichkeit mit 'russischen Hackern' in Angst versetzt, die Computernetzwerke auf der ganzen Welt 'gehackt' haben sollen."
Auch die russische Regierung beginnt nun verstärkt, Vorwürfe vornehmlich gegen die USA zu präsentieren. Der Konflikt zwischen Russland und den USA bzw. der Nato schaukelt sich entsprechend hoch. Die jeweils andere Seite wird als böse denunziert, während man selbst nur gegen die Bedrohungen des anderen kämpft. Dabei wird von allen Seiten nicht nur hochgerüstet, sondern an Propaganda- und Beeinflussungskampagnen gestrickt. Wichtig dabei ist nicht, ob die Beschuldigungen wahr sind und bewiesen werden können, sondern vor allem, sie einmal in den Raum zu stellen.
Russland hat das Prinzip offenbar verstanden. Bislang versuchte Moskau, Beschuldigungen wie für den Abschuss der MH17 oder den Anschlag auf Skripal zurückzuweisen, Beweise einzufordern oder lächerlich zu machen. Aber nachdem die Nato-Länder mit ihrem Vorgehen erfolgreich sind, scheint man nun auf ähnliche Weise vorgehen zu wollen. Das russische Außenministerium erklärte: "Die Spionagemanie des Westens nimmt an Fahrt auf." Dagegen wird etwa das Thema angeblicher Biowaffenforschung in Georgien von russischer Seite in die Aufmerksamkeit gerückt.
Am Mittwoch hat der Kommandeur der russischen ABC-Abwehrtruppen Igor Kirillow schwere Vorwürfe gegen die USA erhoben. In dem mit dem Pentagon verbundenen R. Lugar Center for Public Health Research, verwaltet von der US Defense Threat Reduction Agency (DTRA), würden Biowaffen entwickelt. Aus den vom georgischen Ex-Minister für Staatssicherheit, Igor Giorgadse, veröffentlichten Dokumenten gehe hervor, dass Tests mit Medikamenten durchgeführt worden seien, an denen 73 Georgier gestorben seien. In dem Labor würden "hochgiftige und sehr tödliche chemische und biologische Wirkstoffe" entwickelt.
Es bestehe auch der Verdacht, dass die Schweinepestepidemie, die sich 2007 von Georgien in Südrussland verbreitet hat, mit Arbeiten des Center zu tun haben könnte. Wir hatten bereits über den schon länger schwelenden Verdacht und die Hintergründe berichtet: Entwickeln die USA neue biologische Waffen? Kirillov kritisiert, dass die Forschung an Pathogenen in der Nähe der russischen Grenze erfolge: "Das müsse man berücksichtigen, wenn man die Situation mit Blick auf die nationale Sicherheit analysiert."
Pentagon sieht russische Desinformationskampagne
Pentagon-Sprecher Eric Pahon wies die Behauptungen zurück. Das sei "eine Erfindung der imaginativen und falschen russischen Desinformationskampagne gegen den Westen" und ein "offensichtlicher Versuch, die Aufmerksamkeit vom schlechten Verhalten Russlands an vielen Fronten" abzulenken. Die USA würden in dem Center keine biologische Waffen entwickeln, zudem werde es von Georgien, nicht von den USA betrieben. Kirillov hatte erklärt, dass nach Dokumenten von Giorgadze die Eigentümerschaft Georgiens nur auf dem Papier stünde. Nach Pahon arbeite das Center am "Schutz der Bürger vor biologischen Bedrohungen", spüre Infektionskrankheiten auf, führe epidemiologische Kontrollen durch und forsche für Georgien und die ganze Welt.
Bei dem auch in der EU zugelassenem Medikament soll es sich um Sovaldi handeln. Dessen Wirkstoff Sofosbuvir wird zur Behandlung von chronischer Hepatitis C bei Erwachsenen eingesetzt. Sovaldi wird vom US-Pharmakonzern Gilead hergestellt. Letztlich unterstellt Kirilov, dass in dem Center nur eine Behandlung mit Sovaldi vorgegeben wurde, um Versuchspersonen mit einem hochgiftigen biologischen Agenten zu behandeln. Im Dezember 2015 seien daran 24 Personen gestorben, dennoch habe man die Tests fortgesetzt wonach weitere 49 Menschen gestorben seien. Dass so viele Menschen "gleichzeitig" an einem Medikament sterben, das nach den klinischen Tests zur Zulassung in Russland kein Todesopfer forderte, sei verdächtig. Auch sei eine so hohe Zahl an Toten nach dem Ausbruch von Epidemien bei Patienten in Kliniken nicht beobachtet worden.
"Konzept der Nicht-Kontakt-Kriegsführung"
Neben den Todesfällen fragte Kirillov die amerikanische Regierung nach Auskunft über Dokumente, die im Center gelagert und Patente über Munition beinhalten würden, mit denen chemische oder biologische Waffen eingesetzt werden können. Man habe in den Patenten Beschreibungen gefunden wie "die geringen Zerstörungskosten und die Abwesenheit der Notwendigkeit, in Kontakt mit dem feindlichen Personal treten zu müssen". Es ist die Rede von einem Patent für eine Drohne zur Verbreitung infizierter Insekten in der Luft. Das würde zum "Konzept der Nicht-Kontakt-Kriegsführung" passen. Es gebe auch Patente über die Möglichkeit, Kapseln mit giftigen, radioaktiven, betäubenden Substanzen und mit Infektionspathogenen zu füllen. Eine solche Munition würde nicht zu "konventionellen Waffen und menschlichen Mitteln der Kriegsführung" gehören.
Wie schon berichtet gibt man sich in Russland besonders beunruhigt, weil vor zwei Jahren das Pentagon durch eine Ausschreibung Biomaterial von Russen sammeln wollte. "Das Sammeln und die Ausfuhr von Bioproben russischer Bürger zu ungeklärten Zwecken stellt eine Gefahr für die Sicherheit Russlands dar", sagt Kirillow. Überdies hätten US-Firmen "Biomaterial der Stammvölker im Nordkaukasus, im Fernen Osten Russlands und in der Ural-Region gesammelt". Kirillov fragt, "zu welchen Zwecken die US-Luftwaffe diese Aktivitäten geplant habe", wohl wissend, darauf keine Antwort zu erhalten.
Aufgebaut wird ein Bedrohungsszenario: "Heutzutage sind weltweit mehr als 30 von den USA kontrollierte Labore tätig und sie werden ständig modernisiert, was von offiziellen UN-Daten untermauert wird." Sie würden u.a. Forschung an Erregern gefährlicher Infektionskrankheiten betreiben. Das ist nach den Milzbrandanschlägen 2001 deutlich geworden, da die die mit den Briefen versendeten Sporen aus US-Militärlabors stammten (Forschung an Biowaffen - rein defensiv?). Nach Kirillov würden die Labors gezielt um Russland und China herum aufgebaut: "Die Wahl der Orte, wo diese Labors eingerichtet werden, ist aus unserer Sicht auch kein Zufall - viele von ihnen liegen auf den Territorien, die an Russland und China angrenzen, und stellen damit eine dauernde biologische Gefahr für unsere Staaten dar."
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