Russland warnt Westen: Kein Sieg im Kampf gegen Atommacht

Siluetten v in Raketen vor Hintergrund der russischen Flagge

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Russland warnt vor Kampf bis zum Sieg. Lawrow spricht bei UN von Atommacht. Wie weit wird der Westen gehen? Ein Bericht.

Vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen hat der russische Außenminister Sergei Lawrow den Westen eindringlich vor dem Versuch gewarnt, "mit einer Atommacht bis zum Sieg zu kämpfen". Lawrows Einlassungen erfolgten nur drei Tage nach der Ankündigung des russischen Präsidenten Wladimir Putin, die russischen Nukleardoktrin entsprechend zu verschärfen.

In seiner Rede am Samstag beschuldigte Lawrow den Westen, Moskau eine strategische Niederlage beizubringen, indem er die Ukraine als Instrument benutze und Europa auf einen "selbstmörderischen Feldzug" vorbereite. Die US-Nachrichtenagentur Associated Press und weitere Medien internationale Medien berichteten eingehend über die Rede, in deutschen Medien war sie indes weniger präsent.

Putins Nuklearstrategie als Warnsignal

Die jüngste Ankündigung Putins, die die Schwelle für einen möglichen Einsatz des russischen Atomwaffenarsenals deutlich zu senken schien, wird als deutliches Signal an die USA und andere westliche Staaten gewertet.

Die Warnung erfolgte vor dem Hintergrund der Bitte der Ukraine, Russland mit Langstreckenwaffen angreifen zu dürfen. Lawrow sagte, es bleibe abzuwarten, inwieweit der Westen die Bedeutung seiner Worte verstanden habe.

US-Militärhilfe ohne Langstreckenwaffen

Die Regierung von US-Präsident Joe Biden kündigte diese Woche zusätzliche Militärhilfe für die Ukraine in Höhe von 2,7 Milliarden US-Dollar an, allerdings ohne die von Präsident Wolodymyr Selenskyj geforderten Langstreckenwaffen und ohne die Erlaubnis, solche Waffen für Angriffe tief auf russischem Territorium einzusetzen.

US-Geheimdienste hatten zuvor Bedenken geäußert, dass die Erlaubnis für die Ukraine, westliche Langstreckenraketen für Angriffe tief im russischen Territorium einzusetzen, womöglich zu massiveren Vergeltungsmaßnahmen Russlands führen könnte.

Eine solche Entscheidung würde den Verlauf des Krieges zugleich nicht grundlegend ändern, heißt es in einem Bericht der New York Times, die sich auf Geheimdienstberichte beruft. Auch Telepolis hatte darüber berichtet.

Die nukleare Drohkulisse und das Kriegsgeschehen

Seit Beginn des Krieges in der Ukraine schwebt die Drohung einer nuklearen Auseinandersetzung über dem Konflikt. Kurz vor der Invasion erinnerte Putin die Welt daran, dass sein Land zu den mächtigsten Nuklearstaaten gehört und versetzte seine Nuklearstreitkräfte kurz nach Beginn des Konflikts in höchste Alarmbereitschaft.

Im Laufe der Zeit schwankte seine Nuklearrhetorik zwischen Verschärfung und Mäßigung. Am Mittwoch erklärte Putin, dass ein Angriff auf Russland, der von einem nuklear bewaffneten Land unterstützt würde, als gemeinsamer Angriff betrachtet würde.

Er ließ offen, ob dies eine nukleare Reaktion nach sich ziehen würde, betonte aber, dass Russland auf einen konventionellen Angriff, der eine "kritische Bedrohung unserer Souveränität" darstelle, mit Atomwaffen reagieren könne. Die USA und die Europäische Union bezeichneten seine Äußerungen als "unverantwortlich".

Eine unmittelbare Reaktion der USA auf Lawrows Rede blieb indes aus. Lediglich ein niedrigerrangiger US-Diplomat machte sich während Lawrows Rede Notizen.

Der Kriegsverlauf und Selenskyjs Friedensformel

Mehr als zweieinhalb Jahre Kampf zeigen einen langsamen, aber stetigen Vormarsch Russlands in der Ostukraine. Die Ukraine hat wiederholt russisches Territorium mit Raketen und Drohnen beschossen und Moskau mit einem kühnen Truppenvorstoß in eine Grenzregion im vergangenen Monat in Verlegenheit gebracht.

Selenskyj hat eine sogenannte Friedensformel zur Beendigung des Krieges vorgelegt, die unter anderem den Abzug aller russischen Truppen aus der Ukraine, die Rechenschaftspflicht für Kriegsverbrechen und die Freilassung von Kriegsgefangenen vorsieht. Lawrow wies Selenskyjs Formel als "zum Scheitern verurteiltes Ultimatum" zurück.

Friedensplan von Brasilien und China

Unterdessen haben Brasilien und China einen Friedensplan vorgeschlagen, der eine Friedenskonferenz mit der Ukraine und Russland vorsieht, ohne das Schlachtfeld auszuweiten oder die Kämpfe anderweitig zu eskalieren.

Chinesische und brasilianische Diplomaten warben während des Treffens für den Plan und überzeugten ein Dutzend weiterer Staaten, vor allem aus Afrika und Lateinamerika, sich einer Gruppe von "Freunden des Friedens" in der Ukraine anzuschließen.

Lawrow signalisierte Russlands Bereitschaft, der Gruppe mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, betonte aber, dass ihre Vorschläge auf der Realität und nicht nur auf abstrakten Diskussionen basieren sollten.

Er betonte, dass eine Lösung des Konflikts von der Beseitigung der Ursachen" abhänge – der von Moskau angeführten Unterdrückung der russischsprachigen Bevölkerung in der Ostukraine und der jahrelangen Expansion der Nato in Osteuropa, die Russland als Bedrohung seiner Sicherheit ansieht.