Russlands Krieg gegen die Ukraine: Vier Schritte nur zum Frieden?

Seite 2: Was taugt dieser Friedensplan?

Zunächst versucht der Friedensplan der italienischen Regierung, einen Interessenausgleich zwischen Kiew und Moskau herzustellen. Die Beendigung der für beide Seiten verlustreichen Kampfhandlungen und damit auch die Verhinderung einer weiteren militärischen Eskalation dürften im beiderseitigen Interesse sein.

Die weitgehende Autonomie der umkämpften Regionen im Donbass sowie für die Krim verhindert eine Zementierung völkerrechtswidriger Handlungen und militärischer Aneignung eines fremden Staatsgebietes, könnte aber auch Forderungen der dort lebenden Bevölkerung nach mehr politischer Eigenständigkeit entgegenkommen.

Der Status Südtirols in Italien könnte hier ein Vorbild sein. Der anzustrebende Neutralitätsstatus für die Ukraine unter einem internationalen sicherheitspolitischen Schutzschirm könnte einen Kompromiss darstellen, der die Sicherheitsinteressen beider Staaten berücksichtigt.

Auch die Verhandlung eines europäischen Sicherheitspaktes berücksichtigt nicht nur die Interessen der Ukraine und Russlands, sondern auch der europäischen Staaten. Ebenso wären derartige Regelungen und Verträge, die zu einer Beendigung des Ukraine-Kriegs führen, im weltpolitischen Interesse und insbesondere im Interesse des Globalen Südens, dem durch die Nahrungsmittelblockade und die damit verbundenen Lieferengpässen eine massive Hungersnot droht.

Ein Vorteil dieses Vier-Stufenplans liegt des Weiteren in der Einbindung der transnationalen Institutionen. Vornehmlich der Versuch, die Vereinten Nationen zur Federführung über diese zwischen den transnationalen Organisationen abzustimmenden Friedensinitiative zu bewegen, könnte Chancen auf eine Umsetzung des Plans eröffnen.

Aber auch diese internationale Initiative ist auf das Einsehen und die friedenspolitische Rationalität der maßgeblich beteiligten Akteure angewiesen. Wenn man weiterhin auf beiden Seiten meint, vorwiegend mit Waffengewalt geostrategische Tatsachen schaffen zu können, wird das Gemetzel, die Kriegsverbrechen und das Sterben weitergehen.

Dennoch liegt im vorliegenden Plan der italienischen Regierung ein konstruktiver Kern, den es weiterzuverbreiten und zu diskutieren gilt.2

Nur in der intelligenten und international abgestimmten Diplomatie liegt die Chance einer möglichst schnellen Beendigung dieser Katastrophe. Niemand – außer vielleicht die Rüstungsindustrien und deren Shareholder - braucht einen Stellvertreterkrieg zwischen den USA und der Russischen Föderation, in denen ukrainische und russische junge Menschen wechselseitig zu Todfeinden erklärt und militärisch aufeinandergehetzt werden.

Die Welt muss sich wahrlich um andere Dinge kümmern als um die Eindämmung des nationalstaatlichen Imperialismus sowie die Einlösung der Profitinteressen der militärischen-ökonomischen Komplexe in Europa, Russland und in den USA.

Über allem müsste die Bekämpfung der Klimakrise und der sich anbahnenden Hungerkatastrophe in den ärmeren Weltregionen stehen. Durch die derzeitige Konfliktaufladung und damit verbundenen Aufrüstungsbestrebungen wird den dringend notwendigen Maßnahmen der Weltgemeinschaft ein großer Teil der Ressourcen entzogen, die zur effektiven Bekämpfung dieser globalen Krisen erforderlich wären. Derzeit betroffene Bevölkerungen und künftige Generationen werden hierfür kein Verständnis haben.