SETI@home: Größtes Computerexperiment aller Zeiten feiert doppeltes Jubiläum

Kurz vor dem zweijährigen Geburtstag hat SETI@home über drei Millionen Teilnehmer

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Seit dem 17. Mai 1999, dem Online-Start des weltweit größten Computer-Experiments, fahnden 2,99 Millionen User aus 226 verschiedenen Ländern mit "häuslichen" Elektronengehirnen nach der intelligenten Stecknadel im Sternhaufen. Knapp zwei Jahre nach dem Start des Programms SETI@home (Vgl.Seti@home bricht weiter Rekorde) registrierte die Planetary Society diese Woche den drei Millionsten Teilnehmer.

Sollte demnächst eine im kosmischen Ozean dahintreibende außerirdische Flaschenpost ans Ufer eines durchschnittlichen Planeten einer nicht minder durchschnittlichen Sonne gespült werden, könnte es sein, dass die dort lebenden Bewohner am richtigen Küstenabschnitt zum richtigen Zeitpunkt warten, um die geheimnisvolle Botschaft ans Land zu ziehen. Dass dieser Optimismus durchaus berechtigt ist, beweist die Tatsache, dass im Rahmen der SETI@home-Initiative weltweit derzeit über 2,99 Millionen irdische Amateurfischer ihre Netze ausgeworfen haben. Diese Woche registrierten die SETI@home-Initiatoren den drei Millionsten Teilnehmer.

Dabei ist das von den SETI-Amateur-Fischern verwendete Fanggerät ein Netz der besonderen Art: das Internet. Was bis vor zwei Jahren noch ausschließlich professionelle Radioastronomen rund um den Globus in diversen SETI-Projekten erforschten, kann jetzt jeder User von zu Hause aus unterstützen, sofern er über das technische Equipment und einen Internetzugang verfügt: die Suche nach außerirdischen Radiosignalen.

Das an der Universität von Kalifornien in Berkeley entwickelte und von der Planetary Society unterstützte Programm ist ebenso einfach wie genial: Die täglich von der weltgrößten Antennenschüssel in Arecibo (Puerto Rico) aufgefangenen Funksignale der dort "stationierten" SETI-Forscher werden in (demnächst) 3 Millionen handliche Päckchen zerlegt, wovon jedes zirka 275 kb groß ist. Dann werden die Datenpäckchen an alle freiwilligen Mitarbeiter versandt, die jedoch zuvor das notwendige Analyseprogramm downgeloaded haben müssen. Das überspielte zirka 750kb große Programm, das die Auswertung steuert, wird bekanntlich als Bildschirmschoner installiert. In Aktion tritt es nur dann, wenn der Computer gerade eine Ruhephase einlegt. Ist das Datenpaket fertig aufbereitet, werden die Bytes an die SETI-Hauptzentrale zurückgeschickt.

Dass jeder PC-User heutzutage zum SETI-Mitarbeiter avancieren kann, hat natürlich einen zielgerichteten praktischen Hintergrund. Denn von dem größten Rechnernetz der Welt, dem Internet, erhoffen sich die SETI-Forscher eine genauere Überwachung des Himmels. Bislang konnten sie trotz der stark optimierten Hard- und Software nur einen schmalen Ausschnitt aller in Frage kommenden Frequenzen durchforsten und bloß einen Teil der eintreffenden Daten auswerten. Um diesem Dilemma Herr zu werden, verließ SETI den Elfenbeinturm und initiierte den weltweit größten "Lauschangriff", der offiziell am 17. Mai 1999 startete. Dass die Resonanz bis dato so unerwartet positiv ist, erfreut insbesondere den Vorsitzenden der Planetary Society Louis Friedman:

Drei Millionen Teilnehmer in so kurzer Zeit beweist wirklich wie groß das öffentliche Interesse an der Suche nach extraterrestrischer Intelligenz ist und wie viele Menschen gerne an richtiger Forschung beteiligt werden wollen.

Trotz allem zappelt noch immer keine interplanetare Flaschenpost in den Fangnetzen der SETI-Fahnder. Noch ist kein Kosmogramm mit außerirdischem Absender eingegangen. Vorerst scheint das konstante Rauschen der Hintergrundstrahlung, das Pulsieren der Neutronensterne und das Zischen der Nebel- und Gaswolken das Einzige zu sein, was den Äther mit Leben erfüllt.

Bislang fokussierten sich die SETI-Wissenschaftler auf die legendäre 21-Zentimeter-Wasserstofflinie, die auch heute noch als kosmische Standardfrequenz angesehen wird, auf der außerirdische Intelligenzen senden könnten. Für eine Suche nach künstlichen außerirdischen Radiosignalen schien den Radioastronomen der langwellige Bereich der Wasserstofflinie (1,42 Gigahertz) am besten geeignet, da auf dieser Frequenz das neutrale interstellare Wasserstoff strahlt. Außerirdische müssten die Bedeutung der 21-Zentimeter-Linie kennen, weil Wasserstoff im Universum das am häufigsten vorkommende Element ist. Besagte Frequenz ist aber nur eine von vielen im so genannten Wasserloch, wo die kosmische Geräuschkulisse kaum zu hören ist. Innerhalb dieser dunklen und ruhigen Zone des elektromagnetischen Spektrums (1 bis 3 Gigahertz) liegen alle anderen "magischen" Frequenzen, die intelligente Aliens zum Absenden ihrer Botschaften nutzen könnten.

Auch wenn die SETI-Wissenschaftler mittlerweile die optische Option (Vgl.ET & Co werden nun auch auf optischem Wege gesucht) in Erwägung ziehen, wonach mit leistungsstarken Nanosekundenlaser Lichtimpulse gesendet und mit ebenso leistungsstarken Teleskopen der Himmel nach außerirdischen Lichtimpulsen abgestreift werden soll, bleibt die klassische radioastronomische Suchweise vorläufig konkurrenzlos. Insbesondere deswegen, weil nur sie eine SETI@home-Initiative ermöglicht.

Auf jeden Fall zeigt sich der Direktor des Projektes David P. Anderson sehr zuversichtlich: "Bald wird es rund eine Milliarde Computer geben, die einen Internetzugang haben. Unser Projekt hat viele weitere Ideen angeregt, wie man sich diese als Quelle für wissenschaftliche Forschung nutzbar machen kann".

Vorgesehen war das SETI@home-Programm ursprünglich nur für 200.000 bis 300.000 Teilnehmer. Aber der weltweit große Erfolg führte dazu, dass sich durchschnittlich 2.000 SETI-Detektive pro Tag neu registrierten.

Download des Programms