SPD-Fraktion: Ablehnung weiterer Panzerlieferung "zwischen den Zeilen"?
Im Entwurf für ein Positionspapier wird für diplomatische Initiativen im Ukraine-Krieg geworben. Das Wort "Panzer" kommt nicht vor. Dass die Nato aus russischer Sicht bereits in den Krieg "involviert" ist, gibt zu denken.
Die Bundestagsfraktion der SPD sträubt sich gegen den Druck ihrer Koalitionspartner, möglichst auch Leopard-2-Kampfpanzer an die Ukraine zu liefern. Bei ihrer Klausurtagung wollen SPD-Abgeordnete offenbar deutlich andere Akzente setzen: Im Entwurf für ein Positionspapier, das unter anderem der Deutschen Presseagentur vorliegt, taucht das Wort "Panzer" nicht auf. Stattdessen geht es um Diplomatie.
"Denn wir wissen: Kriege werden in der Regel nicht auf dem Schlachtfeld beendet", heißt es in dem Entwurf der größten Regierungsfraktion. "Auch wenn es aus nachvollziehbaren Gründen keinerlei Vertrauen mehr zur gegenwärtigen russischen Führung gibt, müssen diplomatische Gespräche möglich bleiben." Deshalb seien auch die Telefonate von Kanzler Olaf Scholz mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin richtig und notwendig.
Lesen Sie zum Thema auch die exklusive Telepolis-Dokumentation des SPD-Positionspapiers.
Zwar heißt es in dem Entwurf, dass Russland als Aggressor auftrete, dem mit konsequenter Abschreckung zu begegnen sei. Allerdings werde Russland auch in Zukunft ein Land mit erheblicher Fläche, Bevölkerung und militärischer Stärke auf dem europäischen Kontinent sein – und damit "für die Gestaltung der europäischen Sicherheitsarchitektur relevant".
Beschlossen werden soll das Positionspapier mit der Überschrift "Sozialdemokratische Internationale Politik in der Zeitenwende" auf der Jahresauftakt-Klausur der SPD-Fraktion, die am heutigen Donnerstag beginnt.
Ex-Botschafter Melnyk widerspricht
Erste Berichte hierüber wurden prompt von dem ehemaligen ukrainischen Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, kommentiert: "Kriege werden fast immer auf dem Schlachtfeld entschieden. Deutschland sollte das besser wissen", twitterte er.
Zuvor hatten Abgeordnete der Grünen und der FDP Druck für schnellere und weitere Panzerlieferungen gemacht, nachdem die Bundesregierung bereits die Lieferung von 40 Marder-Schützenpanzern an die Ukraine beschlossen hatte. Die Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern hatte Bundeskanzler Scholz (SPD) zunächst abgelehnt. Wohl auch aus der Befürchtung heraus, von Russland als Kriegspartei wahrgenommen zu werden.
Eine Befürchtung, die in der aufgeheizten Debatte im vergangenen Jahr nicht alle seine Parteifreunde im Kabinett hatten: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hatte sich im Herbst zu einem Tweet hinreißen lassen, in dem er schrieb "Wir sind im Krieg mit Putin", war dann allerdings trotz Annerkennung seiner "deutlichen Worte" durch Deutschlands größte Boulevardzeitung Bild zurückgerudert.
Kreml: Nato und USA bereits "indirekt in den Konflikt involviert"
Aus der Sicht des Kreml-Sprechers Dmitri Peskow sind die Nato und die USA bereits zur indirekten Kriegspartei geworden, wie er in dieser Woche laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Tass vor Medienschaffenden sagte. "Natürlich sind die Nato und die USA indirekt in den Konflikt involviert", erklärte er demnach – und zwar, indem sie die Ukraine "mit Waffen, Technologie und Wissen überfluten".
Grünen-Fraktionsvize Agnieszka Brugger meint, Deutschland solle sich durch solche Aussagen nicht von "weiterer Hilfe" für die Ukraine abhalten lassen: Wenn Russland weiter eskalieren wolle, werde der Kreml zur Not auch "irgendwelche Anlässe" erfinden. "Wir haben zudem bereits Waffen geliefert, die sowohl von der Distanz als auch der Wirkung weitergehen", sagte Brugger den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Mittwochausgaben).
In der FDP-Fraktion und den Unionsparteien in der Opposition dominieren ähnliche Sichtweisen. "Moderne westliche Kampfpanzer wie der Leopard 2 sind den russischen Panzern, die in der Ukraine eingesetzt werden, überlegen", betonte der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Florian Hahn (CSU), gegenüber den Funke-Zeitungen.