SPD auf dem Weg unter 20 Prozent?

In einer neuen Forsa-Umfrage haben Sozialdemokraten und Linke deutlich verloren

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In der von der Illustrierten Stern und dem Fernsehsender RTL in Auftrag gegebenen neuen Forsa-Umfrage muss die ehemalige Volkspartei SPD weitere zwei Punkte abgeben und liegt nun mit 20 Prozent so niedrig wie zuletzt vor sieben Jahren. Setzt sich der Trend fort, dann droht in der nächsten Umfrage eine Annäherung an den ehemaligen FDP-Zielwert 18 Prozent.

In den vorangegangenen Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt (10,6 Prozent) und Baden Württemberg (12,7 Prozent) halbierte die die Partei ihre Ergebnisse etwa und liegt nun nur mehr relativ knapp in der Zweistelligkeit. In Sachsen hat sie dieses Problem schon länger, in Bayern sieht es nicht sehr viel besser für sie aus. In Sozialen Medien laufen deshalb schon Wetten, wann die Partei das erste Mal außerhalb von Kommunalwahlen die Fünf-Prozent-Hürde unterschreiten wird.

Gegen diesen Trend läuft es nur in Ländern wie Hamburg und Rheinland-Pfalz, wo die Partei den Ministerpräsidenten (beziehungsweise den Ersten Bürgermeister) stellt. Möglicherweise nehmen die Wähler CDU, SPD und Grüne zunehmend als Einheit wahr und wählen im jeweiligen Bundesland tendenziell eher den Amtsinhaber dieses Blocks - ob er nun Kretschmann, Haseloff oder Dreyer heißt.

Heiko Maas ist der neue Rudolf Scharping

Das SPD-Personal auf Bundesebene scheint derzeit wenig geeignet, Wähler anzulocken oder zu halten - dass Spiegel-Online ausgerechnet den in mehrerlei Hinsicht an Rudolf Scharping erinnernden Heiko Maas als "SPD-Kanzlerkandidat der Reserve" verkaufen wollte, sorgte nicht nur im dortigen Kommentarbereich, sondern auch in anderen in Foren und Medien für viel Spott.

Mit ihm als Spitzenkandidaten verlor die SPD ihre ehemals sichere Bastion Saarland 1999, 2004, 2009 und 2012. Und Heribert Prantl meinte über den Justizminister in der Süddeutschen Zeitung: "Maas ist ein Jurist, bei dem man in der Biographie nachschauen muss, um zu erfahren, dass er wirklich einer ist."

Linke: Kipping-Kurs gegen Wagenknecht-Warnungen

Der zweite große Verlierer in der Umfrage ist die Linke, die um zwei Punkte von zehn auf acht Prozent abnimmt. Bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt fuhr sie mit 16,3 Prozent und einem Minus von 7,4 Punkten ein an den Erwartungen gemessen desaströses Ergebnis ein und in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz verharrt sie auf Splitterparteiniveau. Eine Ursache dafür könnte sein, dass sich in ihr der merkelähnliche Kipping-Kurs gegenüber den eher einwanderungsskeptischen Wagenknecht-Warnungen durchgesetzt hat, was viele Wähler im Osten nicht mittragen und zur AfD abwandern.

Hinzu kommt die Nachricht, dass die Bombergate-Auslöserin Anne Helm bei der Berliner Abgeordnetenhauswahl im September mit Platz 20 einen aussichtsreichen Platz auf der Liste der dortigen Linkspartei bekommen soll (vgl. Nach Bombergate und Molligate und Piraten haben ein paar Probleme weniger). Auch wenn dieser Listenplatz eigentlich nur die Berliner Linke betrifft, wird die Entscheidung der Kooperation mit der Helm-Höfinghoff-Delius-Clique und ähnlichen Gruppen in Sozialen Medien deutschlandweit ausgiebig diskutiert.

Grüne legen stärker zu als AfD

Zugelegt haben in der Forsa-Umfrage die AfD (plus zwei Punkte) und die Grünen (plus drei Punkte), die nun beide bei 13 Prozent gemessen werden. Betrachtet man die Unterschiede der AfD-Umfragewerte zu den Ergebnissen der Landtagswahlen am 13. März, dann könnte es jedoch sein, dass die Partei bei einer Wahl tatsächlich noch ein etwas höheres Ergebnis erzielt, weil ihre Wähler Meinungsforschern am Telefon möglicherweise nur bedingt trauen - besonders in Ostdeutschland.

Das Zulegen der Grünen ließe sich durch einen bundesweit wirksamen "Kretschmann-Effekt" erklären - aber auch dadurch, dass sich ehemalige Wähler der SPD und der Linken dem "Original" einer Politik zuwenden, die sich bei diesen drei Parteien inzwischen nur mehr bedingt unterscheidet.

Kiwi in Baden-Württemberg, Ampel in Rheinland-Pfalz und Kenia in Sachsen-Anhalt

Die CDU bleibt mit 35 Prozent stabil und die FDP darf sich mit einem Umfragewert von sechs Prozent (minus ein Punkt) immer noch Hoffnungen auf einen Wiedereinzug in den Bundestag machen. In Rheinland-Pfalz, wo Rainer Brüderle lange mit Kurt Beck koalierte, wird die Partei möglicherweise bald an einer Ampelkoalition mit Sozialdemokraten und Grünen beteiligt sein, zu der der Bundesvorsitzende Christian Lindner bereits sein grundsätzliches Licet gegeben hat.

Die Grünen, die an Rhein und Mosel 10,1 Punkte einbüßten und den Wiedereinzug in den Landtag mit 5,3 Prozent nur sehr knapp schafften, haben mit dem Rückzug ihrer dortigen Führungsriege aus Eveline Lemke und Daniel Köbler den Weg dafür freigemacht. Der exzentrisch frisierten Lemke wurde als Wirtschaftsministerin unter anderem vorgeworfen, mit ihr habe Rheinland-Pfalz zwei Umweltministerien aber kein Wirtschaftsministerium mehr.

In Baden Württemberg sieht es für die FDP dagegen eher nach Opposition aus: An einer (nach den Landesfarben benannten) "Deutschlandkoalition" aus CDU, SPD und Liberalen will sich die SPD nicht beteiligen und eine grün-rot-gelbe Koalition scheidet dort für die FDP aus. Deshalb läuft alles auf eine grün-schwarze "Kiwi-Koalition" hinaus, zu deren Bildung aktuell Sondierungsgespräche laufen. Mehrere CDU-Mitglieder haben allerdings gefordert, vor solch einer Koalition die Mitglieder der Partei zu befragen (vgl. Grün-schwarze Sondierungsgespräche in Baden-Württemberg).

In Sachsen-Anhalt wird es sehr wahrscheinlich eine "Kenia-Koalition" aus Christdemokraten, Sozialdemokraten und Grünen geben, weil die CDU weder mit der Linkspartei noch mit der AfD zusammenarbeiten will. Stimmen aus der örtlichen SPD, die dadurch ein weiteres Abrutschen befürchten, wurden inzwischen durch Machtworte aus der Bundesführung diszipliniert. Bei den Grünen, die den Wiedereinzug in den Landtag mit 5,2 Prozent nur sehr knapp schafften, rechtfertigte Cornelia Lüddemann die Koalition bereits mit "Verantwortung für dieses Land".

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