Salat statt Beton - Gärtnern in der Stadt

Seite 3: Urban Gardening auf Spanisch

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Auch in anderen Ländern sind Stadtbewohner auf den Geschmack gekommen - wenn auch nicht überall die Behörden so bereitwillig mitspielen. In Spanien zum Beispiel wird seit Beginn der Wirtschaftskrise verstärkt Gemüse angebaut. 2011 schlossen sich in Madrid acht unabhängige Stadtgärten zusammen.

"Um der Bewegung eine stärkere politische Bedeutung zu geben", erklärt Pablo Llobera, Umweltberater und Aktivist des Netzwerkes. Obst und Gemüse seien dabei nur der sichtbare Teil der Gärten, der weniger sichtbare sei die Nachbarschaftshilfe. Auch fände ein ständiger Austausch mit den Behörden statt: Sie sollen sehen, was hier passiert und den Gärten eine gesetzliche Grundlage geben.

In Barcelona brachte die Stadtverwaltung zunächst wenig Verständnis dafür auf, als engagierte Bürger begannen, vergammelte Grünflächen umzugraben und Gemüse anzupflanzen. Doch die Garten-Guerilla ließ sich von Platzverweisen nicht einschüchtern: Sie besetzte ein öffentliches Grundstück und gründete einen Gemeinschaftsgarten.

In Spanien gibt es kaum Schrebergärten, dafür aber - wie in Barcelona - jede Menge verlassene Häuser, die von Jugendlichen besetzt werden. So erlaubten die Hausbesetzer eines ehemaligen Armenhospizes den Stadtgärtnern, "ihren" Garten zu nutzen. Damit wurden zwar auch die Gärtner zu Besetzern, zudem schwebte über allem eine Räumungsklage. Joana Córdoba, Vorkämpferin der spanischen Stadtgärten, sieht die Dinge pragmatisch:

Schließlich haben wir ein verlassenes Gelände in einen produktiven Garten verwandelt.

Was ist daran kriminell? Zu dieser Ansicht muss auch die Polizei gekommen sein, die nach mehrmaligen Besuchen im Garten nur Menschen vorfand, die friedlich in den Beeten wühlten - und sie gewähren ließ. Von der Sache hat wohl die Stadtverwaltung erfahren. Denn in einem der heruntergekommenen Viertel, in dem Anwohner den Asphalt aufgerissen hatten, um zwischen Müll und Abrisshäusern Gemüse zu pflanzen, erklärten die Behörden die illegal angelegten Beete im Nachhinein für offiziell. Sogar ihre Einzäunung war nun erlaubt.

Ist das erfolgreiche Stadtplanung von unten? Wenn ja, werden die Nachahmer nicht lange auf sich warten lassen. Denn Eins wird deutlich: Die Gemüsebeete in Barcelona werten nicht nur die schäbigen Stadtviertel auf, auch Nachbarn kommen wieder miteinander ins Gespräch, Arbeitlose finden eine sinnvolle Beschäftigung - und neue Freunde.

Gemüse in Säcken

Im afrikanischen Alltag spielt die Selbstversorgung eine viel zentralere Rolle als in Europa, denn hier ist die Frage der Ernährung häufig eine Überlebensfrage. In den Slums von Nairobi zum Beispiel haben mehrköpfige Familien kein Geld, um sich teures Gemüse auf dem Markt zu kaufen. Doch gerade die Kinder im Schulalter brauchen eine ausgewogene Ernährung, die durch Reis und Hirse auf die Dauer nicht gedeckt wird.

Auf Initiative der italienischen Hilfsorganisation COOPI errichtete man in den Slums so genannte Sackgärten. Sie gehören allein erziehenden Müttern, die ohne fremde Hilfe ihre Kinder durchbringen müssen. Mit Hilfe des Gemüseanbaus in Säcken versorgen sie sich und ihre Familien. Sackgärten bieten den Vorteil, dass sie wenig Raum brauchen, und in dem warmen afrikanischen Klima wachsen die Pflanzen schnell.

Die Bepflanzung geht so: Bevor die Erde in den Sack hinein kommt, wird der Boden mit Steinen beschwert. Bewässert wird mit Regenwasser, das in die tieferen Ebenen und zu den Wurzeln der Pflanzen dringt, die an den Seiten durch die Löcher heraus wachsen. Schon nach drei Wochen ernten die Frauen eigenes Gemüse. Das Pflanzenschutzmittel wird zu Hause über dem Feuer gekocht: Ein scharfes Gebräu aus Chili, Zwiebeln, Knoblauch und Seife. Ausgebracht auf die Gemüsepflanzen, vertreibt es zuverlässig Blattläuse und Schnecken.

Mit Mutterboden und Saatgut kostet ein Sack rund 15 Euro. In einem der Slums ernten heute rund 500 Frauen eigenes Gemüse für ihre Familien, darunter Zwiebeln, Paprika und Kohl. Manchmal bleibt sogar Gemüse übrig, das sie verkaufen und von dem Geld andere Lebensmittel wie Eier einkaufen können. So sichert der Garten dauerhaft eine abwechslungsreiche Ernährung auch in großen Familien.