Sanierung von Wohngebäuden in Deutschland: Verbände schlagen neue Kostenverteilung vor
Energetische Sanierung in Deutschland stockt. Neue Studie schlägt Drittelmodell vor, um Kosten fair zu teilen und Sanierungsrate zu steigern.
Die energetische Sanierung von Wohngebäuden kommt in Deutschland zu langsam voran. Sie sind sowohl bei Mietern als auch bei Vermietern wenig populär. Für Mieter ist sie mit erheblichen finanziellen Mehrkosten verbunden, für Vermieter fehlen ausreichende staatliche Anreize.
Drittelmodell als Lösung für energetische Sanierungen?
Der Deutsche Mieterbund (DMB) und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) schlagen deshalb eine Neuregelung der Kostenverteilung vor. Nach einer Studie des Instituts für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu) im Auftrag der beiden Verbände könnte ein sogenanntes Drittelmodell Abhilfe schaffen. Dafür müsste aber die staatliche Förderung wieder erhöht werden.
Das vorgeschlagene Modell sieht vor, die Modernisierungsumlage von derzeit acht bzw. zehn Prozent auf drei Prozent pro Jahr zu senken. Damit könnten Mieterhöhungen durch Einsparungen bei den Energiekosten kompensiert werden, sodass die Warmmiete weitgehend neutral bliebe.
Staatliche Fördermittel müssen in diesem Modell nicht mehr an die Mieter weitergegeben werden, sondern verbleiben beim Vermieter. Um mehr Anreize zu schaffen, sollten die Fördermittel verdoppelt werden. Konkret sollten die Fördersätze für den Gebäudestandard EH 55 EE auf 40 Prozent und für den Standard EH 70 EE auf 30 Prozent angehoben werden.
Mieterbund fordert gerechtere Kostenverteilung bei Sanierungen
Über dieses Modell hinaus fordert der DMB, die aktuell geltende Kappungsgrenze für Mieterhöhungen nach Modernisierungen von 2 bzw. 3 Euro auf 1,50 Euro pro Quadratmeter zu senken.
"Bei energetischen Modernisierungen zahlen Mietende aktuell die Hauptlast durch Mietsteigerungen über die Modernisierungsumlage. Die Bundesregierung muss das Vermieter-Mieter-Dilemma bei energetischen Modernisierungen endlich überwinden und sich durch Änderungen im Mietrecht und langfristige Förderungen stärker engagieren", sagte Melanie Weber-Moritz, DMB-Bundesdirektorin des Deutschen Mieterbundes.
Der Gebäudesektor in Deutschland verfehlt regelmäßig die CO2-Einsparziele des Klimaschutzgesetzes. Trotz des Wegfalls sektorspezifischer Ziele durch die jüngste Gesetzgebung ist der Gebäudesektor laut Umweltbundesamt (UBA) mit einem Anteil von knapp 30 Prozent weiterhin einer der Hauptverursacher von Treibhausgasemissionen.
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Ein Bericht des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) zeigt, dass die energetische Sanierungsrate in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken ist. In einem Kurzgutachten stellte der NABU fest, dass im Gebäudesektor bis 2030 eine kumulierte Emissionslücke von 84 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten entstehen würde – allerdings bezogen auf das Sektorziel, das nun fallen soll.
Die ifeu-Studie weist darauf hin, dass Vermieter häufig keine ausreichenden Anreize für umfassende, klimazielorientierte Sanierungen sehen, da sie die erhaltenen Fördermittel an die Mieter weitergeben müssen. Sie stellen daher keine Motivation zur Modernisierung dar.
Die sozialen Hürden energetischer Sanierungen
Die Berechnungen zeigen zudem, dass eine höhere energetische Sanierungsrate bislang auch nicht im Interesse der Mieter liegt. Zum einen ist dies eine soziale Frage: Mehr als die Hälfte der Mieterhaushalte in Deutschland gehören zum unteren Einkommensdrittel. Sie können keine großen Sprünge bei den Wohnkosten machen.
Energetische Sanierungen, so die Studie, führen derzeit häufig zu einer Erhöhung der Warmmiete. Und das, obwohl der Energieverbrauch für Heizung und Warmwasser sinkt.
Zudem werden bei der Berechnung der Modernisierungsumlage häufig Fehler gemacht und zum Teil auch Instandhaltungskosten einbezogen, die laut Gesetz gar nicht umlagefähig sind. Außerdem wirkten sich Mieterhöhungen infolge von Modernisierungen indirekt auf alle Mieten aus, da sie die Vergleichsmieten in den Mietspiegeln erhöhten.
Reale Kosten und mögliche Einsparungen durch Sanierungen
In der ifeu-Studie werden als Beispielrechnung unter heutigen Bedingungen 70 Quadratmeter große Wohnungen in Bestandsgebäuden der Effizienzklassen F und E betrachtet, die nach der Sanierung entweder A (Effizienzhausklasse EH 70 EE) oder A+ (Effizienzhausklasse EH 55 EE) erreichen sollen. Die der Berechnung zugrunde liegenden Mieten orientieren sich am Berliner Mietspiegel.
Für die Mieter führte die Sanierung in allen vier betrachteten Fällen zu einer Erhöhung der Warmmiete zwischen 1,17 Euro/m² und 2,19 Euro/m². Dabei war die Warmmiete bei der Sanierung auf den höheren Standard EH 55 EE teurer. Wird in der Beispielrechnung jedoch die staatliche Förderung in Anspruch genommen und wieder von der Modernisierungsumlage abgezogen sowie die Instandhaltungskosten korrekt herausgerechnet, kommt es zu keiner Erhöhung der Warmmiete. Diese Annahme würde jedoch kaum der Realität entsprechen.
Kombinierte Modernisierungsmaßnahmen und ihre Auswirkungen
Allerdings wird an dieser Stelle der Studie auch eingeräumt, dass energetische Modernisierungsmaßnahmen häufig mit anderen umlagefähigen Modernisierungsmaßnahmen kombiniert werden, etwa dem Anbau von Balkonen oder Aufzügen:
"In realen Sanierungsvorhaben werden solche Maßnahmen häufig gemeinsam mit energetischen Sanierungen durchgeführt und können zu höheren Mieten führen."
Langfristige Anreize für Vermieter zur Investition in Sanierungen
Für die Vermieter würde die Inanspruchnahme von Fördermitteln kurzfristig zu einer Verringerung ihrer Salden führen, erst nach Tilgung des Förderdarlehens würde sich der Saldo wieder erhöhen. Ein Anreiz besteht also allenfalls bei langfristiger Betrachtung. Zudem hat sich gezeigt, dass eine EH-55-EE-Sanierung im Vergleich zu einer EH-70-EE-Sanierung nicht ausreichend attraktiv ist.
Mit ihrem Drittelmodell sehen DMB und BUND die Möglichkeit, die identifizierten Schieflagen zu beheben. Ein Kostenpunkt für die öffentliche Hand, die dafür ihre Förderung erhöhen müsste, wird in der Studie nicht genannt.