Sanktionen gegen Moskau: Russland ruinieren oder die USA sanieren?

Öltanker

Öltanker vor Rotterdam. Foto: kees torn, CC-SA-2.0

"Russland ruinieren" ist zum geflügelten Wort geworden. Zwar gelten die Sanktionen als gescheitert. Für US-Akteure waren sie ein Segen. Was das mit der OPEC+ zu tun hat.

Wird in Deutschland in Bezug auf die Sanktionen gegen Russland berichtet, dann stehen Erfolgsmeldungen direkt neben Beiträgen, die voller Frust darüber sind, dass sie nicht funktionieren oder nicht so gut wie geplant.

Die Frage nach den Gewinnern aus diesen historisch einmaligen Sanktionspaketen von EU und USA, deren Umfang die Güterströme auf dem Planeten spürbar verändert hat, kommt entweder die Antwort "China" oder – insbesondere im Hinblick auf Erdöl und Ölprodukte – "Indien".

USA profitieren von den eigenen Sanktionen

Weniger bekannt ist, dass die USA auch auf den Ölmärkten von den eigenen Sanktionen profitieren. US-Lieferanten erobern zusehends Wege in Märkte, die einst von der OPEC und ihren Verbündeten dominiert wurden, berichtet die Times of India.

Für die Entwicklung sind nicht nur die Sanktionen gegen Russland maßgeblich, sondern auch die gegen Venezuela. Das lateinamerikanische Land verfügt noch vor Saudi-Arabien über die größten nachgewiesenen Erdölvorkommen der Welt.

Regelmäßig neue Rekorde

Die US-Ölexporte haben regelmäßig neue monatliche Rekorde erreicht und liegen, seit die westlichen Staaten Russland im Jahr 2022 mit Sanktionen belegt haben, fast immer über 100 Millionen Barrel im Monat. Auch in Indien beginnen amerikanische Lieferungen, sanktioniertes Rohöl zu verdrängen.

Der Subkontinent ist momentan der drittgrößte Rohölimporteur weltweit und nach China Moskaus zweitgrößter Abnehmer. Dennoch sind die russischen Öleinfuhren nach Indien seit dem Höchststand im letzten Jahr um etwa 800 000 Barrel pro Tag zurückgegangen. Sie könnten weiter zurückgehen, da indische Ölraffinerien keine Ladungen von Tankern der staatlichen Sovcomflot mehr annehmen, die kürzlich von den USA mit Sanktionen belegt wurde.

US-Erdöl fungiert schon seit Langem als flexible Ausweichmöglichkeit, wenn Knappheit auf den Märkten herrscht. Doch jetzt hat die Unterbrechung der Energieströme nach Russlands Einmarsch in der Ukraine neue Märkte für US-amerikanisches Erdöl geschaffen. In der Folgezeit stiegen die Lieferungen nach Europa und Asien sprunghaft an und machten die USA zu einem der größten Erdölexporteure der Welt.

Indien drittgrößter Rohölimporteur

Die aktuelle US-Rekordproduktion wird gerade in dem Moment erreicht, in dem die OPEC+ ihr eigenes Angebot drosselt. Das hat den amerikanischen Produzenten zusätzlich geholfen, auf den Überseemärkten stärker Fuß zu fassen. Die Ölpreise spiegeln dies wider – die US-amerikanische Referenzsorte WTI wird derzeit bei etwa 85 US-Dollar pro Barrel gehandelt.

In Europa werden die US-Lieferungen im März einen Rekordwert von 2,2 Millionen Barrel pro Tag erreichen. Schon nach Verhängung der Sanktionen stiegen die Lieferungen deutlich an, da die europäischen Länder nach nicht russischen Bezugsquellen suchten. Die US-Importe nach Frankreich stiegen von 2021 bis 2023 um fast 40 Prozent, während die Importe nach Spanien um 134 Prozent zunahmen.

Da die US-Produktion weiterhin steigt, wird wohl jedes zusätzliche Barrel, das produziert wird, exportiert werden. Das ist umso wahrscheinlicher, als die OPEC+ beschlossen hat, die Ölfördermenge auch im Jahr 2024 weiter zu drosseln.

Übrigens: Auch mit Flüssiggas machen die USA seit Verhängung der Sanktionen gegen Russland ein Riesengeschäft.


Redaktionelle Anmerkung: In einer früheren Version dieses Textes hieß es, die US-Ölexporte hätten "regelmäßig neue monatliche Rekorde erreicht und liegen, seit die westlichen Staaten Russland im Jahr 2022 mit Sanktionen belegt haben, fast immer über 100.000 Barrel im Monat". Richtig ist, dass sie stabil über 100 Millionen Barrel pro Monat liegen.

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