Sanktionen ohne Erfolg? Russlands Wirtschaft erlebt beeindruckende Erholung

Wachstum wider Erwarten: Russlands Wirtschaft trotzt Sanktionen und Rubelschwäche. Beeindruckende Erholung des BIP. Was das Wachstum dennoch gefährden könnte.

Der Wirtschaftskrieg gegen Russland muss als gescheitert betrachtet werden. Die zahlreichen Sanktionen, die westliche Staaten gegen Moskau verhängt haben, haben nicht zum erhofften Zusammenbruch der russischen Wirtschaft geführt. Das Gegenteil scheint der Fall zu sein, wie der Finanzdienst Bloomberg am Montag berichtete.

Demnach hat die russische Wirtschaft beeindruckende Fortschritte gemacht: Nach vier Quartalen des wirtschaftlichen Rückgangs erlebe sie nun einen deutlichen Wachstumsschub. Trotz der Sanktionen sei Russland auf dem Weg, das Vorkriegsniveau wieder zu erreichen. Im zweiten Quartal sei das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 4,9 Prozent gewachsen.

Die Lockerung der Finanzpolitik zur Unterstützung der Kriegsanstrengungen hat die Industrieproduktion angekurbelt. Gleichzeitig haben höhere Ausgaben für Sozialleistungen und Löhne die Verbrauchernachfrage angekurbelt.

"Wenn wir über die Zahlen für das gesamte Jahr sprechen, wird Russland 2024 bereits über das Niveau von 2021 hinausgehen", sagte Rosbank-Ökonom Evgeny Koshelev gegenüber Bloomberg. Natalia Lavrova, Chefvolkswirtin der BCS Financial Group, stimmte ihm zu. Mitte nächsten Jahres könnte das BIP wieder das Vorkriegsniveau erreichen, sagte sie.

Ein länger andauernder Krieg könnte das Wachstum jedoch wieder bremsen. Die Bestrebungen des Kremls, die militärische Rekrutierung auszuweiten, könnten zu einem Arbeitskräftemangel führen. Der russische Präsident Wladimir Putin hat letzte Woche ein Gesetz unterzeichnet, das das Einberufungsalter von 27 auf 30 Jahre anhebt und Männern verbietet, das Land zu verlassen, sobald sie einen digitalen Einberufungsbescheid erhalten haben.

Eine weitere Herausforderung stellt der schwache Rubel dar, der gegenüber dem Dollar deutlich an Wert verloren hat. Elvira Nabiullina, die Gouverneurin der Zentralbank, führt dies primär auf die Verschlechterung der Außenhandelsbedingungen zurück.

Während die Importströme stabil blieben, führten die Sanktionen gegen den russischen Energiesektor, einschließlich der von den G7-Staaten eingeführten Preisobergrenze zu einem stetigen Rückgang der Exporteinnahmen. Dies hat den Leistungsbilanzüberschuss auf den niedrigsten Stand seit zwei Jahren gedrückt.

Die Einnahmen der russischen Öl- und Gasexporteure sanken im Juli auf 6,9 Mrd. USD. Im Vorjahreszeitraum hatten sie noch 16,8 Milliarden US-Dollar betragen.

Die Lockerung der Beschränkungen für den Geldtransfer ins Ausland hat auch zu einer Beschleunigung der Kapitalflucht geführt, da die Russen versuchen, ihr Geld auf ausländische Konten zu transferieren.

Einige Regierungsmitglieder machen hingegen die lockere Geldpolitik für den Rubelverfall verantwortlich. Zu ihnen gehört der Wirtschaftsberater des Kremls, Maxim Oreschkin. Er warf der Zentralbank vor, zum Verfall des Rubels beigetragen zu haben.

Oreschkin betonte, dass die Mehreinnahmen aus den Öl- und Gasverkäufen rund acht Milliarden US-Dollar über dem Budget lägen. Als Hauptgrund für die Ausweitung der Geldmenge nannte er hingegen die deutlich beschleunigte Kreditvergabe an Haushalte und Unternehmen.

Die Debatte über die Rolle der Zentralbank beim Rubelverfall spiegelt die Diskussionen innerhalb des russischen Establishments wider. Während Leute wie Oreschkin die lockere Geldpolitik für den Rubelverfall verantwortlich machen, betont die Zentralbank die Wichtigkeit einer freien Wechselkurspolitik, um sich an externe Bedingungen anzupassen. Dies zeigt die Spannungen innerhalb der russischen Wirtschaftspolitik.

Trotz aller Herausforderungen wird die russische Wirtschaft voraussichtlich wachsen.

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