Saudi Arabien sperrt wegen Pornographie Zugang zu den Yahoo-Clubs

Die Bürger des Königreichs können nur über einen Proxy, auf dem Filter installiert sind, ins Internet

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Während ein französischer Richter noch einmal die Entscheidung vertagt hat, Yahoo dazu zu zwingen, für die französischen Bürger den Zugang zu Aktionsseiten zu sperren, auf denen Nazi-Andenken für das französische, aber nicht das US-amerikanische Gesetz illegal angeboten werden, ist man in Saudi-Arabien nicht so zögerlich und hat für die Untertanen den Zugang zu den Yahoo-Clubs gesperrt.

Saudi Arabien wollte zwar nicht auf das Internet verzichten und hatte 1999 die ersten Provider zugelassen, so dass der Bevölkerung ein Internetzugang möglich wurde. Seit 1994 hatten zwar bereits staatliche Universitäten und Forschungsinstitute Internetanschlüsse, und man konnte sich natürlich auch Computer und Modems kaufen, um sich bei einem ausländischen Internetprovider einzuwählen. Doch bevor man im konservativen Königsreich das Internet der breiten Öffentlichkeit zugänglich machen wollte, hatte man hier besonders intensiv über Schutzmaßnahmen für die eigene Kultur und Nation nachgedacht. Es wurde erst einmal ein Komitee eingerichtet, das schön undemokratisch festlegte, welche Seiten "unmoralisch" oder "ungeeignet" sind, um alle negativen Aspekte des Internet von den Bürgern fernzuhalten. Dazu gehören Pornographie und Glücksspiele, aber auch alles, was die "gesellschaftlichen, kulturellen, politischen, medialen, wirtschaftlichen und religiösen Werte" verletzt. Die lokalen Internetprovider sind mit einem Proxy in Riad verbunden, der der einzige Gateway in die neue, wilde Welt ist. Wer blockierte Seiten anfragt, wird gewarnt, dass seine Zugriffe registriert werden.

Jetzt hat Saudi Arabien angeblich, wie AFP berichtet, den Zugang zu allen Yahoo-Clubs (clubs.yahoo.com/) gesperrt, weil dort Pornographie getauscht worden sei und man die einzelnen Clubs kaum kontrollieren kann. Schon letztes Jahr hatte man bestimmte Dienste von AOL blockieren lassen, mit denen sich die auf den Proxies installierten Filter umgehen ließen. Und im April dieses Jahres wurde in Mekka ein Internetcafe für Frauen geschlossen, da diese den Internetzugang für "unmoralische Zwecke" benutzt hätten.

In Saudi Arabien soll es etwa 100000 registrierte Internetbenutzer geben. Bislang konnten sie offenbar die Yahoo-Clubs noch benutzen oder eigene Clubs einrichten, um den strikten moralischen Regeln und Tabus zu entkommen und sich frei zu äußern. Immerhin soll es, wie die Zeitschrift el-Eqtisadiah schrieb, 250 saudiarabische Clubs mit 60000 Benutzern gegeben haben. Das wären dann schon einmal mehr als die Hälfte derjenigen, die einen Internetzugang haben.

Khalil al Jadaan, der beim Information Security Center (ISC) des KACST (King Abdulaziz City for Science and Technology), verantwortlich für die Kontrolle des Internetzugangs, arbeitet, sagte, dass die Entscheidung, "den Zugang zu der Website clubs.yahoo,com zu sperren, unwiderruflich ist. Die Dinge sind über das hinausgegangen, was akzeptabel ist, und die pornographischen oder anstößigen Websites sind wie Champignons hoch geschossen." In manchen Clubs hätte es nicht nur pornographisches Material gegeben, sondern es wären auch Menschen beleidigt worden. Die Zensur wäre nach den gesellschaftlichen, religiösen und politischen Werten des Landes und des islamischen Gesetzes erfolgt. Eyad el-Hajeri, ein anderer Mitarbeiter von KACST, erklärte gegenüber Reuters: "Zahlreiche Clubs hatten pornographische Inhalte. Es war viel einfacher, den Zugang zu dem ganzen Dienst zu sperren."

Für Länder wie Saudi Arabien stellt das Internet nicht nur politisch eine Bedrohung dar. Frauen und Männer sind in der Öffentlichkeit strikt getrennt, und Unterhaltung gibt es wenig. Das Internet kann nicht nur einen privaten Zugang zu verpönten Inhalten gewähren, sondern auch zur Kommunikation mit dem anderen Geschlecht. Würde Frankreich aufgrund seiner Gesetze Yahoo zwingen können, bestimmte Seiten für französische Bürger entweder zu sperren oder, falls dies nicht möglich ist, ganz vom Netz zu nehmen, wäre dies beispielsweise Anlass für die saudi-arabischen Behörden, weltweit von Content-Anbietern Nämliches für das in diesem Land Verbotene zu verlangen. Nun hat zwar Yahoo eine französische Niederlassung, weswegen das Unternehmen hier leichter belangbar ist, während zu erwarten ist, dass dieser Druck ansonsten meist fehlt, gleichwohl würde eine bedenkliche Entwicklung einsetzen, wenn nicht mehr nur autoritäre Länder wie Saudi Arabien oder China den Internetzugang zensieren, sondern Content-Anbieter gezwungen werden könnten, geographische Filter einzubauen.