Schäden durch Überschwemmungen und Stürme haben stark zugenommen

Wirbelsturm Michael am 10.10.2018. Bild: NASA/NOAA/UW-SSEC-CIMSS, William Straka III

Die Energie- und Klimawochenschau: Von Klimaschäden und Armut, Landnutzung und Klimaschutz und positiven Trends beim Solarstrom

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In den letzten zwanzig Jahren haben klimabedingte Naturkatastrophen erheblich mehr Schaden angerichtet als jemals zuvor. Das geht aus einem Bericht des UN-Büros für Katastrophenvorsorge UNISDR hervor, der am 13. Oktober, dem Internationalen Tag der Katastrophenvorsorge, vorgestellt wurde. Zwar fordern geophysikalische Katastrophen wie Erdbeben noch immer am meisten Todesopfer, doch Überschwemmungen und Stürme und andere Extremwetterereignisse machen die 91 Prozent der Naturkatastrophen aus. 1,3 Millionen Menschen sind dabei zwischen 1998 und 2017 gestorben, weitere 4,4 Millionen wurden verletzt, obdachlos oder vertrieben.

Auch die Kosten der Schäden sind um 68 Prozent gegenüber den vorherigen 20 Jahren gestiegen. Hier spielen klimabedingte Katastrophen ebenfalls die größte Rolle, mit rund 77 Prozent der weltweiten Schadenssumme oder 2,245 Milliarden Dollar.

Dabei ist die Schadenssumme nur bedingt aussagekräftig, denn Katastrophen in reichen Ländern werden höher beziffert, da beispielsweise Gebäude monetär höher bewertet sind. In der Gesamtsumme betrachtet haben die USA die größten wirtschaftlichen Schäden hinnehmen müssen, setzt man die Verluste aber in Bezug zum Bruttoinlandsprodukt, dann waren Haiti und Puerto Rico in den letzten 20 Jahren am schwersten betroffen.

Allerdings lieferten Länder mit geringem Einkommen nur wenig Daten über Verluste. Für 87 Prozent der Katastrophen in diesen Ländern liegen keine verlässlichen Zahlen vor. Nicht nur in der wirtschaftlichen Bewertung der Katastrophen besteht eine enorme Ungleichheit, auch die Zahl der Todesopfer ist in ärmeren Ländern weit höher. Dort starben in Katastrophengebieten im Schnitt 130 Menschen pro Million Einwohner, während es in reichen Ländern nur 18 Tote pro Million Einwohner gab.

In den ärmsten Ländern stehen Naturkatastrophen den Zielen der nachhaltigen Entwicklung, insbesondere der Armutsbekämpfung entgegen. Auch wenn Frühwarnsysteme dazu beitragen, Menschenleben zu retten, so entstehen gleichzeitig enorme Risiken dadurch, dass sich immer Menschen in Erdbebenregionen, an Küsten und in Überschwemmungsgebieten ansiedeln.

Alternativen zu BECCS

Letzte Woche wurde an dieser Stelle berichtet, was laut Weltklimarat im Energiesektor notwendig wäre, um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad in diesem Jahrhundert zu begrenzen. Doch nicht nur der Energiekonsum spielt eine Rolle für das Weltklima, sondern auch die Landnutzung. Emissionen aus der Landwirtschaft sind mit am schwierigsten zu vermeiden, ein probates Mittel dazu ist, weniger tierische Produkte zu konsumieren. Der Weltklimarat schreibt hier von "Veränderungen hin zu einer weniger ressourcenintensiven Ernährungsweise".

Landnutzung spielt im Sonderbericht des IPCC auch insofern eine Rolle, dass Landnutzungskonflikte entstehen könnten, wenn es darum geht, der Atmosphäre mittels der umstrittenen BECCS-Technik (Bio-energy with carbon capture and storage) wieder Kohlendioxid zu entziehen. Kohlenstoff würde dabei in Biomasse gebunden, und diese Biomasse dann unter CO2-Abscheidung und -speicherung verbrannt. Allerdings wären für BECCS große Landflächen nötig.

Die Climate, Land, Ambition & Rights Alliance (CLARA) hat sich nun mit der Bedeutung des Landsektors für eine ambitionierte Klimapolitik auseinandergesetzt. In dem Bericht geht es explizit auch darum, wie die Risikotechnologie BECCS vermieden werden kann. Dagegen werden nach Aussage von CLARA Lösungswege gesetzt, die risikoarm sind, auf natürliche Ökosysteme setzen und Menschenrechte beachten.

"Zusammen mit transformativen Pfaden in anderen Sektoren jenseits dessen, was im klimapolitischen Mainstream heute als machbar gilt, kann die globale Erwärmung auf 1,5 Grad begrenzt werden - ohne dabei auf Geoengineering zu setzen und andere globale Krisen zu verschärfen", sagte Linda Schneider, Referentin für Internationale Klimapolitik bei der Heinrich-Böll-Stiftung.

Wälder könnten besser geschützt werden, wenn indigene und gemeinschaftliche Landrechte gestärkt würden. Indigene und andere lokale Gemeinschaften verteidigen Wälder oftmals gegen Bergbau oder industrielle Landwirtschaft. Obwohl die Fachliteratur vermiedene Abholzung als wichtigen Ansatz zur Schadensminderung anerkennt, wird dem Thema der gemeinschaftlichen Landrechte und des Waldschutzes durch Indigene bislang zu wenig Rechnung getragen.

Durch die vermiedene Abholzung, Wiederaufforstung und Wiederherstellung natürlicher Wälder und Moore könnten bis 2050 14,77 Gigatonnen CO2 pro Jahr gespeichert werden. "Um Emissionen aus der Landwirtschaft zu reduzieren ist es dringend erforderlich, die Produktionsweisen zu verändern. Statt industrielle Großbetriebe zu fördern, muss eine vielfältige, bäuerliche Landwirtschaft mit agrarökologischen Anbaumethoden unterstützt werden", sagt Eike Zaumseil von Brot für die Welt. "Klimagerechte Welternährung bedeutet auch, den Konsum von Fleisch und Milchprodukten, insbesondere in wohlhabenden Ländern, deutlich zu verringern. Nur so ist es möglich alle Menschen ausreichend zu ernähren, ohne die Agrarflächen auf Kosten von Wäldern und anderen Ökosystemen immer weiter auszudehnen." Durch die Umstellung der Landwirtschaft könnten dem Bericht zufolge jährlich 8,54 Gigatonnen CO2 pro Jahr vermieden werden.

Bolsonaro als potentieller Regenwaldvernichter

Den Vorschlägen von CLARA stehen die Vorstellungen des brasilianischen Präsidentschaftskandidaten Jair Bolsonaro von der Sozialliberalen Partei (PSL) diametral gegenüber. Bolsonaro, der am 7. Oktober 46 Prozent der Stimmen erhielt und nun am 28. Oktober in die Stichwahl gegen Fernando Haddad von der Arbeiterpartei (PT) muss, ist nicht nur eine Gefahr für Demokratie und Menschenrechte in Brasilien, sondern auch für das Weltklima.

Bolsonaro hat den brasilianischen Agrarunternehmern weitreichende Versprechen gemacht. Intensive Landwirtschaft unter Einsatz von Pestiziden und Gentechnik dürfte sich, sollte er gewählt werden, weiter ausdehnen und noch mehr Regenwald vernichten. Indigene Schutzgebiete sollen hingegen kein weiteres Land erhalten. Der ultrarechte Kandidat hat außerdem verkündet, aus dem Pariser Klimaschutzabkommen austreten zu wollen. Nach einem Bericht von Reuters will er auch einige Kraftwerksgroßprojekte wieder aufgreifen und vollenden, wie das Atomkraftwerk Angra3 zwischen Sao Paolo und Rio de Janeiro, den Staudamm Belo Monte weiterbauen, sowie Pläne für weitere Wasserkraftprojekte im Amazonas wiederaufleben lassen.

Zu denen, die trotzig weiter die Umwelt zerstören wollen, gehört auch der RWE-Vorstandsvorsitzende Rolf Martin Schmitz, der in Interviews erneut betont hat, dass der Hambacher Forst wegmüsse. Interessant ist, dass Schmitz für die Waldvernichtung immer wieder neue Argumente findet. Nun geht es also nicht mehr um die Versorgungssicherheit, sondern um die Rekultivierung des Tagebaulochs Hambach. Der Boden unterhalb des Hambacher Forsts werde gebraucht, um ihn an der Tagebaukante wieder aufzuschütten und diese so zu sichern.

Dass ein alter, ökologisch wertvoller Wald gerodet werden soll, nur um an die darunter liegende Erde zu kommen, auf der dann irgendwann ein neuer Wald gepflanzt werden kann, der nicht annähernd den ökologischen Wert des vorherigen haben wird, erschließt sich argumentativ allerdings nur schwer.

Schmitz führt aber nicht nur die Rekultivierung an, sondern droht auch mit dem Verlust von Arbeitsplätzen. Nachdem das Oberverwaltungsgericht Münster am 5. Oktober vorerst die Rodung des Hambacher Forsts untersagt hatte, hat RWE die Braunkohleförderung gedrosselt. Dies soll nun wiederum Auswirkungen auf die Beschäftigung haben. 4.600 Arbeitsplätze hingen am Tagebau Hambach, davon 1.300 im Tagebau selbst und 1.500 in der Veredelung. Wie viele Arbeitsplätze gestrichen werden sollten, ließ Schmitz offen. Es drängt sich auch die Frage auf, ob es sich hier um wirtschaftliche Notwendigkeiten oder einfach nur eine gute Gelegenheit handelt.

Klimaaktivisten geben nach ihrem Etappensieg im Hambacher Forst keine Ruhe. Am Sonntag stand der Tagebau Hambach für eine Stunde lang still, nachdem Aktivisten in die Grube vorgedrungen waren. Im Kerpener Stadtteil Manheim, der für den voranschreitenden Tagebau zum großen Teil bereits umgesiedelt wurde, besetzten Aktivisten leerstehende Häuser.

Doch wenden wir den Blick zurück von einem derzeit sehr symbolkräftigen Stück Wald zurück auf die globale Ebene. Innerhalb der G7 hat sich Deutschland nämlich inzwischen auch fast zum Schlusslicht beim Thema Kohleausstieg entwickelt. Zu diesem Schluss kommt eine Analyse des Thinktanks E3G. Deutschland liegt nach den Kriterien von E3G noch einen Platz hinter den USA und einen Platz vor Japan. E3G fragt bei der Bewertung, ob ein Risiko besteht, dass neue Kohlekraftwerke gebaut werden, ob alte Kohlekraftwerke stillgelegt werden und ob es positive internationale Einflüsse gibt. Zugute gehalten wird Deutschland immerhin, dass sich deutsche Versicherer aus dem Kohlegeschäft zurückziehen wollen.

100 Milliarden Kilowattstunden Solarstrom

Im Bereich der Erneuerbaren Energien gibt es positive Nachrichten: Zum einen wurde europaweit so viel Solarstrom produziert wie noch nie. Am 12. Oktober wurde die Marke von insgesamt 100 Milliarden Kilowattstunden erreicht, über einen Monat früher als im letzten Jahr. Nach einer Prognose des Branchendiensts IWR wird in 2018 voraussichtlich 9 Prozent mehr Solarstrom als im letzten Jahr produziert werden.

Auch die Kosten für Solar und Wind sinken. Aufgrund der "gleitenden Marktprämie" müssten immer weniger Zuschüsse vom EEG-Konto für den Strom aus Wind- und PV-Anlagen gezahlt werden. Die gleitende Marktprämie bemisst sich aus der Differenz zwischen dem Strompreis an der Börse und dem Gebotspreis aus der Ausschreibung. "Bereits heute treten vereinzelt Fälle ein, in denen in bestimmten Monaten an die günstigsten PV-Anlagen keine Marktprämie ausgezahlt wird", schreibt der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE). Wenn nun die Gebote immer weiter sinken und die Strompreise an der Börse sich weiter stabilisieren, könnte die gleitende Marktprämie immer häufiger bei null liegen. Zeitweise lagen die Börsenstrompreise sehr niedrig, haben sich aber auch wegen steigender Preise für CO2-Zertifikate wieder erhöht. Weiter steigende Zertifikatspreise könnten die Position der Erneuerbaren gegenüber konventionellen Energien verbessern, so der BEE.