Schändliches Vermächtnis
Steht Kriegsgegner Sean Penn auf einer Schwarzen Liste?
Schauspieler haben das Recht und auch die Pflicht zu sagen, was sie denken. Aber so viele von ihnen - Sarandon, die ich respektiere, ausgenommen - kommen entweder geistlos oder unbeherrscht rüber. Sie stellen Bushs Intelligenz in Frage oder sie höhnen und belfern. Sie erwecken keinen besonders reifen Eindruck; sie klingen, als hätten sie die Komplexität der Lage nicht erfasst. Diese Verseuchung des Themas und der linken Positionen durch Stars und die üblichen Verdächtigen lässt viele denken: Da will ich nicht dazugehören.
Camille Paglia im Interview mit Salon.com
"Woody, Babs, Jessica, Sean: Yankee doodle dandies they ain't. " spöttelte die regierungstreue Washington Times schon im Oktober letzten Jahres über Hollywoods Koalition der Unwilligen. Und man muss der für ihre rauen und oft recht einseitigen Worte bekannten Camille Paglia schon recht geben, denn bei aller Sympathie für die Kriegsgegner: der eine oder andere Prominente ließ sich im Eifer des Gefechts zu nahezu Stoiber'schen Versprechern hinreißen. Barbra Streisand (Babs) hatte zwar nicht wie unser "Edelmann" den Präsidenten als Herrn "Bus" bezeichnet (vgl. Wir wollen doch jetzt nicht über Freising reden), wohl aber Shakespeare falsch zitiert und Saddam einen "Iraner" genannt. Uuh....Harry Belafonte soll Colin Powell mit einem Plantagensklaven verglichen haben, der seine Grundsätze verkauft habe, um im Hause des "Masters" zu leben. Und Jessica Lange soll gesagt haben, dass sie George Bush (oder Bus?) "hasse".
Das ist zugegebenermaßen .."emotional", "typisch Schauspieler" oder wie die Washington Times meint (wahrscheinlich weil sie das Ganze so ätzend findet): "high-profile vitriol".
Mehr als 4000 Stars haben die Erklärung "Not in Our Name" unterzeichnet, die in der Los Angeles Times und in der New York Times veröffentlicht wurde, darunter Susan Sarandon, Jane Fonda, Martin Sheen, Tim Robbins, Ed Asner, Marisa Tomei, Danny Glover, Kim Basinger, Helen Hunt, Olympia Dukakis, Woody Harrelson, Jonathan Demme und Sean Penn.
Letzter hat außerdem 56 000 Dollar für eine ganzseitige Anzeige in der Washington Post ausgegeben, in welcher er den Präsidenten u. a. bittet, Amerika zu retten, bevor er (Bush) "ein Vermächtnis der Schande und des Horrors" hinterlasse.
Die Dekonstruktion ziviler Freiheiten, welche Ihre Regierung vornimmt, widerspricht dem Kern Ihres behaupteten Patriotismus
Jean Penn
Der Schauspieler und Filmemacher, der schon auffiel, als er einen Beitrag zu der französischen Produktion 11 mal 11 beisteuerte (vgl. Die UNO ist einfach korrupt!), war im Dezember drei Tage im Irak, um seine Haltung zu demonstrieren und, wie er selber sagte, als "Patriot und Ermittler".
Jetzt verklagt der Schauspieler den Produzenten Steven Bing; jener habe das Filmprojekt "Why men shouldn't marry" mit Penn fallen gelassen, weil er, Penn, wegen seiner Anti-Kriegs-Aktionen auf einer "Schwarzen Liste" stehe, vergleichbar mit der Schwarzen Liste zur Zeit der McCarthy-Ära. Bing wiederum verklagt Penn wegen Verleumdung, es gehe hier nicht um Meinungsfreiheit.
Was ist dran an Penns Vorwurf? Es stimmt auf jeden Fall, dass Penn in letzter Zeit von konservativen Kommentatoren schlechte Presse bekommen hat. Penn behauptet weiter, dass Bing seinen Agenten angerufen und eine Zusicherung verlangt habe, dass der Schauspieler aufhören würde, öffentlich seine Meinung zum Irak-Konflikt zu äußern. Er habe ihn auch telefonisch persönlich darum gebeten und auf seinem Band die Nachricht hinterlassen, er befürchte, das Publikum werde "durch die Propaganda (gegen Penn) verwirrt sein, sie gegen dich auslegen und den Film boykottieren". Noch dazu ist Penn - ebenso wie Dustin Hoffmann, der kürzlich auf der Berlinale vor einem Krieg warnte (vgl. Dustin Hoffman schickt Friedenstaube an den Falken Bush) und Susan Sarandon - bisher nicht zur diesjährigen Oskar-Zeremonie eingeladen. Einen Zusammenhang mit den politischen Aktivitäten der Schauspieler gibt es laut "Academy" nicht.