Schäuble verbietet Hisbollah-Sender Al Manar
Nach anderen europäischen Ländern hat nun auch Deutschland wegen des Verstoßes gegen die Völkerverständigung ein Teilverbot des im arabischen Ländern populären TV-Senders erlassen
Ab 1. Dezember kann man Al Manar („Der Leuchtturm“) nicht mehr in deutschen Hotels, Cafes und anderen öffentlichen Orten sehen. Außerdem sind Werbung und Spendenaktionen für den in Beirut ansässigen Sender in Deutschland verboten. Gerechtfertigt wurden diese Maßnahmen u.a mit einen Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung, was einen Verbotstatbestand nach Art. 9 Abs. 2 Grundgesetz erfülle. Die Verordnung gilt auch für die Hisbollah-Radiostation Al Nour.
Über das Verbot wurde Avi Dichter, der israelische Minister für öffentliche Sicherheit, bei seinem Besuch in Berlin als einer der ersten unterrichtet. „Agitatorische Hasspropaganda gegen Israels Existenzrecht“ sei die Motivation des Verbots gewesen, so ein Sprecher des israelischen Ministeriums. Ob Wolfgang Schäuble auch gegen deutsche Hisbollah-Mitglieder und dazugehörige Institutionen etwas unternehmen will, darüber wollte Avi Dichter jedoch nichts sagen. Eine Waisenkindereinrichtung soll aus Deutschland Geld an die Familien von Selbstmordattentätern, die Israelis töten, überwiesen haben. Natürlich ist man in Israel mit dem Teilverbot nicht zufrieden. Über Satellit (Arabsat und Nilesat) kann Al Manar weiterhin von jedem Privathaushalt empfangen werden. Man würde es gerne sehen, wenn Deutschland dem Beispiel Frankreichs, Spaniens, Australiens und auch der Niederlande folgen würde. Dort ist Al Manar über Satellit nicht mehr zu empfangen (Start eines west-östlichen Medienkriegs?).
Ganz ähnlich sieht es Alexander Ritzmann von der Europäischen Stiftung für Demokratie in Brüssel in einem Kommentar: „Denn der Hisbollah-Sender trägt mit seinen antidemokratischen, antiwestlichen und antisemitischen Programminhalten unzweifelhaft zur Radikalisierung von Muslimen in Deutschland bei“.
Laut einem Verfassungsschutzbericht soll „der Leuchtturm“ für Schiiten in Deutschland ein wichtiges Leitmedium sein (zum Selbstverständnis des Senders: "Man kann nicht nur diplomatischen Druck ausüben"). Aber auch bei ganz normalen muslimischen Einwanderungsfamilien sei der libanesische Sender sehr populär. Was sicherlich mit dem Libanonkrieg von 2006 zu tun hat. Hisbollah erkämpfte einen nach eigenen Angaben „göttlichen Sieg“, der ihren Generalsekretär Hassan Nasrallah zum beliebtesten Politiker im Nahen Osten machte. Damals versuchte Israel das wichtigste Propagandamedium der Organisation lahm zu legen und ließ das Gebäude von Al Manar bombardieren. Aber bereits nach wenigen Sekunden Unterbrechung lief das Programm wie gehabt weiter. Gesendet wurde aus einem Bunker an einem geheim gehaltenen Ort.
Das TV-Sprachrohr Hisbollahs liefert jedoch nicht nur 24-Stunden Nonstop-Propaganda, sondern ist ein familienkompatibler TV-Sender mit Kinderprogramm, Seifenopern, Sport und Kinofilmen. Wie viele Zuschauer täglich Al Manar schauen, weiß niemand genau. Die Schätzungen liegen zwischen 10 und 50 Millionen. In jedem Fall ist er einer der fünf beliebtesten Sender der arabischen Länder.
Für Kritik sorgen die Beiträge über die Familien von gefallenen Hisbollah-Soldaten, die stolz sind auf ihre Märtyrer. Oder Berichte über gelungen Militäraktionen gegen israelische Posten, die als glorifizierende Einsätze dargestellt werden. Zudem das Vokabular, das Israel als Aggressor, Terrorstaat, zionistische Einheit und als Besatzerregime bezeichnet, das ausgelöscht werden müsse. Hisbollah wird als legitimierte Widerstands- und Befreiungsorganisation dargestellt, die Heilsbringerstatus hat. Zitate aus dem Koran oder anderen religiösen Schriften „beweisen“, wie richtig der Kampf bis zum letzten Blutstropfen gegen jede Form von Unterdrückung ist.
Unterhaltsam wird dieses ideologische Paket auch schon mal in eine Quiz-Show präsentiert. Dazu gehörte beispielsweise „Al Mohemah“, auf Deutsch „Die Mission“, „Der Auftrag“. Zum Fragenkatalog zählten: „Ist es richtig, dass der Märtyrer, Amar Hamoud, den Spitznamen „Das Schwert aller Märtyrer“ hatte?“ Aber auch Fragen zur Französischen Revolution, wann die USA eine Medikamentenfabrik im Sudan bombardierten oder um wen die britische Queen mehr getrauert hat, um ihren Hund oder die Erdbebenopfer im Iran. Bei 60 Punkten hatte man Jerusalem auf der Studiolandkarte virtuell erreicht, es ertönt die Hymne „Jerusalem ist unser“ und der Kandidat ist um 5 Millionen Libanesische Lira (3300 Dollar) reicher.
Für „Al Manar“ ist das ein kleiner Beitrag im „psychologischen Krieg gegen den zionistischen Feind“. Diesen Krieg definiert der Sender auch als eine seiner wichtigsten Aufgaben. „Achtung Touristen! Tourismus in Israel bringt euer Leben in Gefahr!“, lautete ein Spot, den man im ersten Jahr der „Al-Aqsa Intifada“ auf Russisch und Hebräisch ausstrahlte, um vor der Gefahr von Selbstmordattentaten zu „warnen“. Aus Mel Gibsons „Passion Christus“ wurde eine „Passion des palästinensischen und irakischen Volkes“ gemacht (Hisbolla will die internationale politische Bühne betreten) .
Exklusiv werden natürlich alle Ansprachen und öffentliche Auftritte Hassan Nasrallahs ausgestrahlt. Alexander Ritzmann von der Europäischen Stiftung für Demokratie in Brüssel zitierte in seinem Kommentar einen der „häufigen Höhepunkte dieser Reden. Und jetzt rufen alle, was wir vom Imam Khomeini (dem iranischen Revolutionsführer) gelernt haben: Tod für Amerika!“ Und die Menge brüllt: „Tod für Amerika! Tod für Amerika!“. Ein Schicksal, das natürlich auch Israel treffen solle, so Ritzmann weiter.
Wie viele Leute bei Al Manar beschäftigt sind, wird geheim gehalten. Nur so viel weiß man, fast zwei Drittel sind Frauen und leiten meist die Nachrichten-Redaktionen. Das jährliche Budget soll bei rund 15 Millionen Dollar liegen. Jahrelang wurden über 90 Prozent der Werbekunden abgelehnt, weil ihre Spots mit „weiblicher Lust“ zu tun hatten. Mittlerweile entwerfen westliche Werbeagenturen mit Al Manars hauseigener Werbeagentur islamgerechtes Advertisment. In der Kundenkartei finden sich so bekannte Agenturnamen wie Saatchi and Saatchi aus Großbritannien. Andere westliche Firmen wie Pepsi, Coca Cola, Western Union, Gauloise, Red Bull, aber auch Henkel mit seinem General ließen Werbespots auf Al Manar laufen. Globalisierung kennt bekanntlich keine Grenzen. Nicht einmal bei Hisbollah TV.