Schießen Nato-Soldaten demnächst auf Flüchtlinge?

Seite 2: Änderungen im Strategiepapier

Dank der "Rolle als Gastgeber und intensiver Verhandlungen" sei es Sánchez gelungen, "einige Änderungen in den endgültigen Wortlaut des Strategischen Konzepts einzufügen", die indirekt Ceuta und Melilla betreffen.

Der Washingtoner Vertrag hatte bisher für den Bündnisfall nach Artikel V nur Gebiete Europas, Nordamerikas oder die Inselgebiete im Atlantik nördlich des Wendekreises des Krebses, wie die Kanarischen Inseln benannt, aber nicht Gebiete wie die spanischen Exklaven in Nordafrika.

Besonders zufrieden zeigt man sich in Madrid nun darüber, dass es im Strategiepapier heißt:

Die Nato ist zwar ein Verteidigungsbündnis, aber niemand sollte an unserer Stärke und Entschlossenheit zweifeln, jeden Zentimeter des Bündnisgebiets zu verteidigen, die Souveränität und territoriale Integrität aller Bündnispartner zu wahren und sich gegen jeden Aggressor durchzusetzen.

Man werde das globale Bewusstsein und die Reichweite verbessern, um in alle Bereiche und Richtungen abzuschrecken und verteidigen zu können.

"Die Abschreckungs- und Verteidigungsbereitschaft der NATO beruht auf einer angemessenen Mischung aus nuklearen, konventionellen und Raketenabwehrfähigkeiten, die durch Weltraum- und Cyberfähigkeiten ergänzt werden."

Man werde sowohl militärische als auch nicht-militärische Mittel einsetzen, um auf "alle Bedrohungen unserer Sicherheit" in der notwendigen Art und Weise zu reagieren.

Absurd ist, dass genau die spanische Seite die Verteidigung von Ceuta und Melilla nicht nur gegen "hybride Bedrohungen" wie Flüchtlinge, sondern ganz handfest gegen Ansprüche Marokkos verteidigt werden soll. Der Streit um die Petersilieninsel, der vor 20 Jahren fast zum Krieg eskalierte, ist nicht vergessen.

Absurd ist der Vorgang vor allem aus einem Grund. Als Sánchez die Souveränität der Westsahara im Frühjahr opferte, die Marokko völkerrechtswidrig zu großen Teilen besetzt hält, rechtfertigte er seinen Deal genau damit, dass Ceuta und Melilla darüber gesichert würden. Nach einem Treffen zwischen Sánchez und dem marokkanischen König erklärte er mit dem Blick auf das Abkommen vom April noch:

Die spanische Souveränität über Ceuta und Melilla ist über jeden Zweifel erhaben.

Daran glauben die Sozialdemokraten selbst nicht, weshalb sie Ceuta und Melilla über die Nato absichern wollen. Damit zeigt sich das ganze erbärmliche Scheitern des Mannes, der offensichtlich keinerlei Prinzipien hat und auf dem politischen Eis reichlich ziellos umherschlittert.

Denn der Sozialdemokrat hat es mit seiner Politik geschafft, den wichtigsten Gaslieferanten Algerien genauso massiv zu verprellen, wie Unterstützer im eigenen Land. Gas für Spanien aus Algerien steht längst auf der Kippe und die Schutzmacht der Westsahara immer über die spanische Politik wird nur stärker in russische Arme getrieben, wo es allerdings nicht hineinwill.

Während Marokko jetzt den brutalen Vorposten gegenüber und Flüchtlingen und Einwandern wieder einnimmt, hat Algerien gelernt, dass diese Karte wirksam gegenüber Spanien und Europa ist und beginnt sie auch zu spielen.

"Algerien macht seine Drohung wahr und beginnt, die spanischen Küsten mit kleinen Booten zu überfluten", titelt die Tageszeitung El Mundo zur Tatsache, dass verstärkt Flüchtlingsboote aus Algerien auf den Baleareninseln und Almeria anlanden, da Algerien das offenbar nicht mehr unterbindet. Interessant wird es jetzt, ob Algerien nun tatsächlich Spanien den Gashahn abdreht und damit die dramatische Energiesituation in Europa zuspitzt.

Denn Spanien hat gerade damit begonnen, Marokko über die Pipeline Maghreb-Europa mit Gas zu versorgen. Algerien hatte aber unmissverständlich im Mai angekündigt, die Lieferungen zu stoppen, sollte auch nur ein einziges algerisches Gasmolekül nach Marokko gelangen.