Schiffe aus Erde und Abfall

Der Architekt Michael Reynolds konstruiert und baut schon seit über dreißig Jahren Häuser, deren Grundkomponenten mit Erde gefüllte Reifen, Altmetall, Getränkedosen und Flaschen sind

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Die von ihm gegründete Firma Earthship Biotecture entwirft für viele Länder der Welt "Earthships", bei deren Bau nicht nur schwer zu entsorgendes Material wiederverwendet wird, sondern die darüber hinaus noch dazu in der Lage sein sollen, ihre Bewohner mit Energie, Wasser und Nahrung zu versorgen.

Architekt Mike Reynolds. Alle Bilder sind dem Film "Garbage Warrior" von Oliver Hodge entnommen

In Zeiten, in denen die Klimaerwärmung sich als politisch relevanter Faktor durchgesetzt hat, erhalten alternative Konzepte wie das von Reynolds selbstversorgender Wohneinheit mehr Aufmerksamkeit. Dies drückt sich nicht zuletzt in der Dokumentation Garbage Warrior des Briten Oliver Hodge aus, die seit dem 2. April in den USA erhältlich ist und zuvor in unterschiedlichen Kinos weltweit gezeigt wurde. Der Film wurde innerhalb von drei Jahren in den USA, Indien und Mexiko gedreht und stellt die Arbeit Reynolds vor.

Die Grundlage seiner futuristisch anmutenden Earthships sind Wände aus 500-5000 gebrauchten Autoreifen, in die mit einem Vorschlaghammer Erde geschlagen wird. Die Leerräume zwischen den Reifen werden mit Dosen und Flaschen gefüllt. Die Reifen leisten einen Großteil der Wärmedämmung. Die Temperatur im Inneren des Gebäudes wird über unterschiedliche Fenster, Rollos und - in heißen Gegenden - ein Kühlsystem geregelt, bei dem die eindringende Luft durch ein unterirdisches Rohr geleitet und abgekühlt wird. Bei seinen Konstruktionen muss Reynolds zudem zeigen, dass seine Bauweise keine Einbußen an Lebensqualität für die Bewohner der Earthships darstellt. Bei bestimmten Witterungen kann es immer noch zu Problemen mit der Temperatur in den Häusern kommen, die nachreguliert werden muss.

Das durch eine regen- und schneegespeiste Aufbereitungsanlage gewonnene Wasser wird im Haus viermal verwendet: Das in Waschbecken und Duschen benutzte Wasser wird den Pflanzen des Hauses zugeführt, das dabei nicht benötigte Wasser sinkt ab und wird - schon teilweise gereinigt - als "grey water" für die Toiletten verwendet, von wo aus es in einen Biotank geleitet wird und als "black water" außerhalb des Hauses für Pflanzen verwendet werden kann.

Die in den Häusern benötigte elektrische Energie wird durch Solar- und Windkraft gewonnen, und auch Nahrung kann im Haus selbst angebaut werden. Alles in allem ist das Konzept von Earthship, die Natur nicht zu schädigen, indem für den Hausbau weitgehend Materialien verwendet werden, die ansonsten wiederverwertet werden müssten, was sich bei Autoreifen als schwierig herausstellen würde. Wegen der Unabhängigkeit von externer Versorgung mit Wasser und Strom fallen auch kaum Nebenkosten an. Die Earthships, aus denen in den USA ganze Siedlungen gebildet werden, sind somit autonome Einheiten, die sich selbst versorgen, oder, wie Reynolds im Film über Phoenix, ein neues Earthship, sagt: "Eine vierköpfige Familie könnte hier überleben, ohne zu einem Geschäft gehen zu müssen."

"Can Dome House" im Bau

Bis die Earthships so weit waren, dass sie ernsthaft mit anderen Gebäudeformen konkurrieren konnten, musste Reynolds über Jahre hinweg in der Nähe von Taos (New Mexico) mit seinem Team experimentieren, welche Materialien sich für den Bau eignen und wie sie am effizientesten eingesetzt werden. In der Wüste entstand eine Siedlung aus Earthships, die durch eine Gesetzesänderung bedroht wurde, die besagte, dass jedes Haus an zentralisierte Versorgungseinrichtungen angeschlossen sein müsse. Hinzu traten Klagen von Kunden, weil die Earthships nicht ihren Erwartungen entsprachen. 2000 gab Reynolds seine Lizenz als Architekt ab, erhielt sie jedoch später mit einigen Auflagen zurück. Spätestens nach Naturkatastrophen wie dem Sturm Katrina 2005 ist er gefragt wie nie, auch wenn er durch die Gesetze in den USA und Europa in seiner Kreativität stärker eingeschränkt wird, als an anderen Orten der Welt.

Hut House

Über Jahre hinweg musste er in den USA mehrere Prozesse wegen seiner innovativen Bauweise führen, die in einigen Punkten (z.B. beim Abwasser) gegen geltendes Gesetz verstieß. Für ihn geht es auch darum, seine Idee zu verbreiten, was ihm durch Hilfsprojekte in unterschiedlichen - insbesondere schwach entwickelten - Ländern gelingt, in denen er Anleitung zum Bau von Earthships gibt. Dort besteht schon jetzt ein großer Bedarf an seinen Gebäuden, die mit einfachen Mitteln gebaut werden können, wie Reynolds betont:

Dies zeigte uns, dass die Länder der Dritten Welt und die Indianerreservate in den Vereinigten Staaten die Führung im nachhaltigen Bauen übernehmen können, weil ihre Regeln sie nicht in der Entwicklung hemmen, wie sie es in Europa und den USA tun.

In den Indianerreservaten gelten andere Baubestimmungen, was es ihm auch dort ermöglicht, freier zu arbeiten. Auch in Honduras, Südafrika, Japan, Australien, Frankreich, Belgien und anderen Ländern wurden bereits Earthships gebaut. Es besteht überdies die Möglichkeit, Anleitungen und Pläne für den Bau von Earthships zu kaufen, wobei die Kosten für Planung, Durchführung und Bau sich wahrscheinlich in der Nähe der Kosten für den gewöhnlichen Hausbau bewegen werden. Es ist möglich, sich in einem Eartship einzumieten oder eines im Komplettpaket zu erhalten.

Einrichtung des "Pyramid House Canyon"

Reynolds ist es wichtig zu zeigen, dass die Art, in der Menschen leben und mit der Natur umgehen, sich ändern muss. Seine Entwürfe sollen somit auch einen alternativen Lebensentwurf zeigen, in dem der Mensch angepasst an die Natur baut und diese nicht weiter schädigt.