Sex im Netz? Bitte nur noch mit Verhüterli!

Das deutsche Erotikweb wird nun per USB-Port reguliert

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Bei US-Sexseiten reicht ein einfacher Button: "Bist Du 18 Ja/Nein?" Man kann dort als Minderjähriger zwar schwindeln, aber nicht aus Versehen, sondern nur bewusst auf einer solchen Sexsite landen. Auch als deutscher Minderjähriger. Das ist Bildung, denn es erweitert das Fremdsprachenvokabular um im Urlaub sehr nützliche Ausdrücke. Deutsche Sexseiten sind dagegen weit gefährlicher: Vor diesen muss die Jugend besser geschützt werden.

Die deutschen Erotik-Webseiten werden auch heute schon weit aufwendiger vor dem Zugriff des biologisch interessierten Nachwuchses und auch vor dessen Erzeuger geschützt als solche aus den USA, den Niederlanden oder aus Spanien: Der Nutzer muss sich nämlich auf deutschen Erotikwebseiten seit jeher ausweisen. Direkter Zugang ohne Alterskontrolle führt zu Ärger mit dem Staatsanwalt.

Zu Mailboxzeiten galt in Bayern auch persönliches Kennen der Besucher (neudeutsch "Face2Face-Kontrolle") nichts, obwohl das in jeder Videothek funktioniert. Die Begründung: Sohnemann könnte ja Papis Passwort geklaut haben. Später wurde dies insoweit eingeschränkt, dass jeder Nutzer ein eigenes Erotik-Passwort haben müsse, also nicht ein generelles für alle Besucher gültiges Passwort. Doch da waren die Mailboxen schon ausgestorben, deren Nutzer sich und den Sysop noch persönlich kannten. Im Internetzeitalter kann nun schlecht jeder nach Flensburg zu Beate Uhse fahren und sich persönlich vorstellen. Also waren andere Verfahren der Alterskontrolle gefragt.

Anfangs war dies bei X-Check ein Fax mit Ausweis- und EC-Kartenkopie sowie Kontodaten, die zum Ausweis passen müssen. Das Fax wurde archiviert, vom Konto Geld abgebucht. Der Gedanke dahinter: War der Personalausweis nur von Papi geborgt, gibt es Ärger, wenn der den Kontoauszug sieht und der Schwindel fliegt auf. Doch die Erotiksurfer ärgerten sich genau über diese Abbuchung: Für einige ist es eine Frage des Stolzes, für Sex kein Geld auszugeben, obwohl bei Filmen oder Büchern da keinerlei Probleme bestehen. Andere hatten Angst, die Kripo könnte sich eines Tages für die bei X-Check archivierten Faxe interessieren. Doch da hätten die viel zu tun.

Fotokopien der Ausweise aller Onlinesexwilligen Deutschlands

Dann kam mit Über 18 ein System, das nur die Personalausweisnummer abfragte. Die meisten Webuser freuten sich, zumal Leute, die im Ausland leben, aber deutsche Seiten aufrufen wollen, mit dem Gefaxe nicht zurechtkamen. Doch die Jugendschützer schimpften, denn nun war nur noch die Nummer von Papis Personalausweis abzutippen. Auch Über 18 bekam deshalb als "Version 2" eine Zahlungsverpflichtung aufgesetzt und es war wieder Ruhe. Dafür reichte nun auch bei X-Check die Personalausweisnummer, es musste nicht mehr der ganze Ausweis gefaxt werden.

Im April kam dann der neue Jugendschutzvertrag, in dessen Verlauf auch die KJM gegründet wurde. Die Katholische Jugend Münchens? Nein, knapp daneben, aber nicht allzu sehr: Die Kommission für Jugendmedienschutz. Entstanden aus den bereits zur Privatrundfunkregulierung existierenden Landesmedienanstalten, die zahlungskräftigen oder mit dem richtigen Parteibuch ausgerüsteten Sendewilligen selten im Weg standen, jedoch Träumer und Paradiesvögel schon im Vorfeld aussortierten und so mittelbar zur Fadheit des heutigen Programms beitrugen.

Nach gut einem halben Jahr scharfen Nachdenkens über zu scharfe Dinge im Netz, bei dem anonyme Systeme immer wieder auf Ablehnung stießen, wurde nun bekannt gegeben, dass momentan nur zwei Systeme akzeptabel seien: Eins von X-Check und eins von Vodaphone.

Ein Handy "nur für Erwachsene"

Bei Vodaphone ist dazu ein "Handyvertrag für Erwachsene" vorgesehen (Telepolis empfiehlt als Produktnamen "D2 privat" oder auch "D3 intim") mit einer speziellen SIM-Karte und einer "Adult-PIN", der nur persönlich in einem Vodaphone-Handy-Shop abgeschlossen werden kann. Ob dazu dann zur Abrundung auch ein Handy mit Vibrator, spezieller Bauform und Farbdisplay zum sofortigen Betrachten der bestellten Ferkeleien gehören wird, ist bislang unbekannt. Wer sich in den nächsten Wochen ein neues Handy holt, muss sich aber wohl dumme Fragen gefallen lassen...

X-Check setzt dagegen ab sofort auf einen vom Softwarekopierschutz bekannten Dongle und den sogenannten Post-Ident, wie er auch vom Home-Banking genutzt wird. 10 Prozent der auf über eine Million geschätzten Kunden werden nun sofort abgeschaltet und müssen sich aufs Postamt begeben, weil sie sich nur mit Eintippen ihrer Personalanweisnummer angemeldet hatten. Der Rest ist fällig, sobald ihr jetziger Account ausläuft, also innerhalb des nächsten Jahres. Neben dem Gang zur Post ist dann auch noch der Kauf eines USB-Dongels angesagt. Diesen will die KJM, damit man sein Passwort nicht weitergeben kann - obwohl dies auch bisher schon entdeckt werden konnte und dann zur Accountsperrung führte. Die Anbieter wiederum hoffen auf Unterstützung und Mitbenutzung des Systems aus dem Bankenbereich, wo das Durchsetzen von Hardwareerweiterungen bislang nicht so recht klappen wollte.

Internet-Zugang jetzt mit Kopier- und Onanierschutz-Dongle

Der folgende Dialog dürfte die Folge sein, wenn man so dumm ist, sein eigenes Postamt mit dem Anliegen zu behelligen:

"Herr Müller, was kann ich für Sie tun. Ach, schon wieder ein Postident? Was ist es denn diesmal? Auch ein neues Konto? Nein, schon wieder eine Pornoseite! Na Sie sind mir ja ein Ferkel! Wegen solchen wie Ihnen müssen wir hier jetzt Überstunden schieben!"

Und wenn Mutti bei Papi einen Knubbel am PC findet, der gestern noch nicht da war, wird Papi zukünftig wohl weder mit der Begründung "Kopierschutz" noch "Memory Stick" durchkommen...

Die Kinder, die mit dem Knubbel bzw. dessen Fehlen an ihrem PC geschützt werden sollen, aber nicht wollen, werden dagegen einfach ausländische Webseiten ansteuern. Die Erwachsenen allerdings auch, allein schon, um sich nicht als Sexsurfer zu outen, und so schaffen sie auf diese Art mal wieder ganz legal Einnahmen an deutschen Unternehmen und damit Steuern am deutschen Fiskus vorbei. In zwei, drei Jahren dürfte damit dann auch der daraus finanzierten KJM das Geld ausgehen. Nur die Hardware-Hersteller freuen sich.

Warum einfach, nämlich die Eltern zu verpflichten, auf die Kinder aufzupassen und das Internet nicht als Babysitter zu verwenden, wenn es auch technisch kompliziert geht? Die Masche hat sich ja schon bei Toll-Collect zur Chaosmaximierung bewährt....