Sexuelle Gewalt: Stellung beziehen, Kampagnen starten - Fakten ignorieren

Seite 2: "Die Schlampe will sich nur wichtig machen"

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Wie in vielen Fällen fehlt es an weiteren Zeugen - d.h. nur Pardis F., Sebastian C. und Frau Lohfink wissen, was genau passiert ist. In Fällen, in denen lediglich die streitenden Parteien bzw. die Anzeigenden und die Beschuldigten gehört werden können und es an Beweisen bzw. Indizien fehlt, sind oft Gutachten und nicht zuletzt auch der Leumund der Beteiligten wichtig.

Dies ist bei Sexualstraftaten oft ein Grund, diese nicht zur Anzeige zu bringen oder sich einen Prozess zu ersparen - denn der Gedanke, dass das eigene Leben mit all seinen Facetten seziert wird, ist unangenehm und demütigend. Hinzu kommt, dass das Vorleben hinsichtlich der Beschuldigungen und der Wahrscheinlichkeit einer Falschaussage geprüft wird.

Für Menschen wie Frau Lohfink bedeutet dies, dass in Fällen, in denen sie jemandem eine sexuelle Straftat vorwirft, sich schnell auch zwei Lager bilden, was die Öffentlichkeit angeht. Das eine, das ihr unbedingtes Mitgefühl entgegenbringt und die Beschuldigten als typische Vertreter des männlichen Geschlechts ansieht, das nicht nur skrupellos, sondern auch menschenverachtend agiert.

Das andere, das in Frau Lohfink die karrierebewusste und sexgeile Schlampe sieht, die auf Grund ihres bisherigen Lebenswandels und ihres Aussehens nur auf Geld ist und die Männer abzocken bzw. deren Leben vernichten will, indem sie nun laut "Vergewaltigung" ruft. Für diese Argumentation wird die Annahme, das Video sei auch von Frau Lohfink befürwortet worden, um die derzeit dümpelnde Karriere wieder in Schwung zu bringen, angeführt. Eine Annahme, die in Zeiten des "Aufmerksamkeit ist alles"-Denkens und der Sexvideos, die z.B. bei Kim Kardashian oder Paris Hilton den Bekanntheitsgrad erheblich erweiterten, nicht unplausibel ist.

Was beide Lager eint, ist aber die fehlende Bereitschaft, sich auf Fakten einzulassen oder den Fall einmal ohne diese (Vor)urteile zu betrachten.

K.O.-Tropfen

In vielen Foren wird sich angemerkt, dass Frau Lohfink unter dem Einfluss von sogenannten K.O.-Tropfen handelte. Dies wird schon einmal als Fakt dargestellt, obgleich es hierfür lediglich eine Vermutung, die Frau Lohfink selbst äußerte, gibt. Das toxikologische Gutachten, das erst nach einem halben Jahr nach der Tat vorliegt, kommt zu dem Schluss, es gebe keinen Hinweis auf derartige Substanzen.

Ein Mensch, so ein Gutachter, der unter dem Einfluss solcher Substanzen stünde, würde sich anders verhalten als Frau Lohfink im Video. Ein Schluss, den der Anwalt der Frau Lohfink für zu kurz gegriffen hält, da keine geringen Dosen berücksichtigt worden seien, die eher euphorisierend denn sedierend wirken würden. Die Tatsache, dass Frau Lohfink auf dem Video teilweise komplett "neben sich stünde" sieht er als Beleg dafür an, dass derartige Substanzen verabreicht wurden.

Fakt ist mittlerweile nur, dass Frau Lohfink selbst von diesen Substanzen ausgeht, durch die Verzögerungen im Fall und auch durch eine erst spät durchgeführte Untersuchung der Nachweis der Substanzen sich sowieso schwierig gestaltet. Auch wäre bei einem positiven Nachweis nicht automatisch auch nachgewiesen, dass ihr die Tropfen durch einen der beiden Beschuldigten verabreicht wurden.

Hinzu kommt der vorher konsumierte Alkohol, der viele Menschen enthemmt. Das Video lässt Frau Lohfink teilweise neben sich stehend wirken, das ist richtig. Wodurch dieser Eindruck entstanden ist, ist jedoch nicht belegbar. Auch die neben dem Alkohol konsumierten Drogen, die Frau Lohfink nicht bestreitet, können sich hier ausgewirkt haben. Welcher Art diese Drogen waren hat Frau Lohfink nicht ausgesagt, dem Artikel zufolge hat sie gemeint, sie wolle den beiden Beschuldigten nicht das Leben zerstören, ihnen "nichts Böses".

Ob also tatsächlich K.O.-Tropfen bei dem Fall eine Rolle spiel(t)en ist nicht bekannt, doch die Untersuchungen und Gutachten gehen nicht davon aus.

Ein "Nein"

Was für viele nicht nachvollziehbar ist, ist die Tatsache, dass die Richterin letztendlich trotz des mehrfach geäußerten "Hör auf" nicht von nicht einvernehmlichen Geschlechtsverkehr bzw. einer Vergewaltigung ausging. Um dies zu verstehen ist es erneut notwendig, sich mit den Fakten zu beschäftigen. Es ist bedauerlich, dass derzeit angenommen wird, jeder, der sich dieses Video angesehen hat, sei quasi der vor Geilheit sabbernde Mann, der sich nun an dem Geschehen weidet. Gerade auch in Foren finden sich Menschen, die sich das Video angesehen haben und es zwar als abstoßend in seiner Form beurteilen, sich jedoch auch eine eigene Meinung bilden wollten.

Das Video ist laienhaft hergestellt, es ist geschnitten, wechselt sowohl was die Tageszeit als auch die Perspektive angeht. Es gibt also lediglich in Teilen wieder, was in der Wohnung zwischen den drei Protagonisten geschah. Videos, die noch im Netz zu finden sind, enthalten eine Stelle, in denen Frau Lohfink mehrmals "hör auf" sagt. Das Video selbst ist in der kurzen Form - dezent ausgedrückt - unappetitlich.

Eine Frau, die wirkt als würde sie unter dem Einfluss von Substanzen, egal ob legal oder nicht, stehen. Ein Mann, der sexuelle Handlungen mit ihr ausübt und ein anderer, der mit dem Handy filmt und dessen Anweisungen sich in einem stakkatohaft wiederholten "fick sie" mit diversen kurzen Sätzen erschöpfen.

Ob hier strafbare Handlungen stattgefunden haben, darüber hat die Richterin entschieden und sie hat sich dagegen entschieden - wobei ihr noch eine Langversion des Videos vorlag. Sie sah das mehrfach geäußerte "hör auf" nicht als etwas, was sich auf den Sexualverkehr an sich bezogen haben müsse, vielmehr könne es auch um eine direkte sexuelle Handlung gegangen sein, die dann eben nicht stattfand. Ein Detail, was insbesondere die Politik derzeit bei ihren Forderungen dezent unter den Tisch fallen lässt.