Shigeko Kubota - Sexual Heeling

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Shigeko Kubota, die japanische Künstlerin, die seit mehr als drei Jahrzehnten in New York lebt und arbeitet, und die von einigen Kritikern als diejenige verzeichnet wird, die den Begriff der Videoskulptur in den siebziger Jahren in die Kunst eingeführt, sowie das Konzept der Wiederaneignung (Reappropriation) entwickelt hat, das in den achtziger Jahren so erfolgreich war, zeigt ihre Arbeiten bis Ende Februar in der Kamakura Gallerie in Tokyo Ginza.

Berühmt wurde sie mit Arbeiten, bei denen sie die Arbeiten, das Leben und die Ideen von Marcel Duchamp benutzte und sie mittels des Mediums Video dekonstruierte. "Duchampiana", jene Serie von Videoskultpuren, die sie in den Siebzigern und Achtzigern entwickelte, stützt sich auf solche Meilensteine in Duchamps Werk wie "The Nude Descending a Staircase" und beruht auch auf dokumentarischem Material, das sie selbst filmte, als sie Duchamp 1968 persönlich begegnete. Doch hier kann nicht der Ort sein, um alle ihre Arbeiten und Aktivitäten aufzulisten, weil es bereits schwierig wäre, allein ihren intensiven Umgang mit Video aufzulisten, geschweige ihre anderen künstlerischen Aktivitäten. Gemeinsam mit Yoko Ono, George Macunias, Allan Kaprow und Nam June Paik war sie auch eine der führenden Fluxus-Künstlerinnen. Paik nimmt eine besondere Position in ihrer Lebens- und Arbeitsgeschichte ein, da sie ihn im Jahr 1977 heiratete. Doch die Tatsache, daß Paik die Rolle des Nackten in ihren Videoarbeiten zwischen 68 und 75 einnimmt, wobei sie das berühmte Manet-Bild der Nackten beim Frühstück im Grünen in das Medium Video überführt, ist von größerer Wichtigkeit, wenn wir die Paik-Kubota Beziehung näher untersuchen.

In der Kamakura Gallerie in Tokyo, wo es möglich ist, ältere Kubota-Arbeiten zu sehen, wie das bereits erwähnte "The Nude Descending a Staircase" (wobei sie anstatt Duchamps abstraktem Körper eine reale Frau und einen realen Raum zeigte), wird vor allem ihrer neuesten Arbeit aus dem Jahr 1997 mit dem Titel "Sexual Heeling" besondere Aufmerksamkeit gezollt. Paik spielt in dieser Miniatur einer Videoskulptur wieder einmal, so könnte man sagen, die Rolle seines Lebens, da das Video eine Dokumentation seines Genesungsprozesses in einem Spital zeigt, nachdem er vor einem Jahr eine schwere Herzattacke hatte. Wenn Kubotas Wer am besten über den Begriff "Meta Marcel" verstanden werden kann, den sie auf so hervorragende Art mediatisierte, so deutet sich hier an, daß wir schon bald eine Serie von "Meta Paiks" aus ihrer Arbeit ableiten werden können.

In "Sexual Heeling" (heel: engl. "Absatz" oder "Ferse", to follow ones heel), das so leicht als "Sexual Healing" missverstanden werden kann, enthüllt uns Kubota auf klevere Art und Weise, daß der Unterschied zwischen dem Abbild, dem Objekt und dem Körper oft in einem falsch buchstabiertem Detail liegen kann.

Paik fragte einmal, ein Kubota-Statement reformulierend, "gibt es Video nach dem Tod"? "JA", ist meine Antwort, da Sexual Heeling Paiks sich erholende Vitalität und Medialität zeigt, sowie seine eigene und Kubotas Meta-Position, diejenige zwischen Medien und Kunst, Geschichte und Avantgarde, Leben und Tod.

MARINA GRZINIC stammt aus Lubljana, Slowenien, ist Videokünstlerin und Autorin und lebt derzeit im Rahmen eines einjährigen Stipendiums in Japan.

Aus dem Englischen von Armin Medosch