Sicherheitszone für US-Bürger in Wien

Die geplante Sicherheitszone für ein US-Wohnhaus in der Innenstadt sorgt für Proteste

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Botschaften in allen Hauptstädten der Welt, oft auch die Residenzen der Botschafter, sind exterritoriale Gebiete. Sie werden gleichzeitig im Inneren geschützt durch Wachpersonal aus dem Land der diplomatischen Vertretung, den Außenschutz garantiert das Gastland. Wer sich gegenwärtig in europäischen Hauptstädten umsieht, stößt bei den Vertretungen der USA und Großbritanniens, besonders extrem in Berlin, auf weitreichende Straßensperren, der Durchgang oder die Durchfahrt von Normalbürgern wird durch massives Polizeiaufgebot und Betonzäune verhindert.

In der österreichischen Bundeshauptstadt Wien bietet sich ein ähnliches Bild. Doch hier geht die US-Regierung sogar noch einen Schritt weiter als in Berlin und anderswo. Sie verlangt von der Stadt, dass zudem ein ganz normales Wohnhaus im wichtigsten Bezirk, der Innern Stadt, eines solchen Schutzes bedarf. Es gehört nämlich den Vereinigten Staaten und darin wohnen Botschaftsmitarbeiter und sonstige Staatsbedienstete, die an internationalen Einrichtungen in Wien tätig sind.

Das Haus liegt in der Reichsratstrasse, einer Durchgangsstrasse zwischen der Rathausplatz und dem Schmerlingsplatz. Auf der einen Seite ist in gesamter Straßenlänge der Gebäudekomplex (Rückfront) des alten Reichsrats, des ehemaligen Parlaments der Donaumonarchie und heutigen Bundesparlaments, der einzige Anlieger. Auf der anderen Straßenseite gibt es ganz normale Anwohner, Lokale, Büros, Kanzleien, Hochschulinstitute und eben das besagte Wohnhaus, eine ganz normale Strasse ohne jedes Bannmeilengefühl, wie es in Berlin in der Nähe des Reichstags usw. herrscht. Auch in und auf der Straße ein Straßenfest zu feiern, war bisher mindestens einmal im Jahr üblich. Doch jetzt soll abgesperrt werden, verlangt der große Bruder jenseits des großen Teichs.

"Durch das Aufstellen von Betontrögen rund um das besagte Gebäude soll verhindert werden, dass Autos zufahren, halten oder parken können", bedrängt Washington die Wiener Behörden schon länger als ein Jahr. Über eine Sicherheitszone um das Haus war laut Ludwig Pichler, dem Vorsitzenden der Verkehrskommission, bereits im Vorjahr einmal verhandelt worden. Damals war dem "Wunsch" der US-Vertretung nicht stattgegeben worden. Nun bestehe "Weisung", nochmals über die Sache zu verhandeln. Wohl deshalb, weil Verfassungsschützer auf Grund der neuesten, von US-Behörden übermittelten Terrorwarnungen das Gefährdungspotenzial der USA nun stärker einschätzen, so Pichler.

Der zuständige Bezirksvorsteher (=Bezirksbürgermeister) Franz Grundwalt, ebenso wie Pichler ÖVP-Mitglied, griff die Argumentation auf und kehrte sie gegen das Ansinnen:

Wenn dieses Wohngebäude Ziel von Terroraktionen sein kann, wäre die Umsiedelung in ein weniger dicht besiedeltes Gebiet nicht nur für die Botschaftsmitarbeiter sinnvoller, die dort besser geschützt werden könnten, sondern auch für die Anrainer. Wenn schon Wohnhäuser dermaßen geschützt werden, wird die Innere Stadt bald eine einzige Sicherheitszone sein", so Grundwalt

"Solche Sicherheit, die die Bürger drangsaliert und einschränkt, hat Wien nicht verdient", kommentiert auch die lokale Unterstützergruppe des "Friedensvolksbegehrens" . Das Verlangen der US-Regierung liefert zusätzlich Wasser auf die Mühlen der angelaufenen Kampagne mit Sammlung von Unterstützern für das Friedensvolksbegehren ("Volksbegehren für Friedenspolitik durch aktive Neutralität statt NATO-Anbindung und Beteiligung an einer EU-Armee").

Über die Betontröge, Absperrungen und anderen Sicherheitsmaßnahmen wird diese Woche in der Verkehrsabteilung der Stadt Wien verhandelt. Mit dabei ist auch das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung.