"Sie töten uns! Diese Teufel killen unsere Träume!"

Seite 4: "Julian geht es sehr, sehr schlecht - physisch und psychisch"

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Große Sorgen machen sich viele auch um Julian Assange. Man muss nicht alles mögen, was er getan hat oder gesagt hat, aber es ist doch ein Fanal. Wann hast Du ihn zuletzt gesehen?

Renata Avila Pinto: Im Februar diesen Jahres. Es war schockierend und ich bin immer noch schockiert. Es war bei der Anhörung in London. Nur hinter Glasscheiben durften wir mit ihm reden. Das ist doch wohl eine Zumutung?

Wie geht es ihm denn?

Renata Avila Pinto: Ich muss leider sagen: Im Moment sehr, sehr schlecht. Ich mache mir sehr große Sorgen um ihn. Er sitzt in Isolationshaft, aber in totaler Isolation, hat quasi null Kontakt zur Außenwelt. He's in a very, very bad situation.

Kann euer Team ihn regelmäßig besuchen?

Nein, totale Isolation. Nur für dringende Anwaltsgespräche ist es uns erlaubt. Wir fordern auch, dass Journalisten ins Gefängnis gelassen werden. Das ist sein Recht. Er ist Untersuchungshäftling und zu noch nichts verurteilt in dieser Sache wegen irgendetwas. Das hat mit Justiz nichts mehr zu tun. Ich sage es ganz klar: Wenn er an den Haftbedingungen sterben würde, wäre es Staatsmord. Schon jetzt ist es Mord in Zeitlupe.

Und was ich bis heute überhaupt nicht verstanden habe, ist diese Einbindung und das tatsächliche Engagement von spanischen, privaten Sicherheitsfirmen für seine Überwachung und Ausspähung. Unglaublich, das in Europa. Das ist in der EU passiert!

Und wie geht es Julian physisch?

Renata Avila Pinto: Ich würde sagen: sehr schlecht auch körperlich. Die lange Haft und die Isolation hinterlassen Spuren. ES geht ihm wirklich nicht gut.

Macht Dich das wütend?

Renata Avila Pinto: Si, of course! Aber, was noch schlimmer ist: Fast niemand tut etwas.

Was würdest Du Dir wünschen?

Renata Avila Pinto: Bundeskanzlerin Angela Merkel muss intervenieren. Denn auch das ist ihre Aufgabe in Europa. Führende Vertreter der Politik in Deutschland und in Europa müssen endlich eine Ansage machen, was da abgeht. Und dass das nicht sein darf. Menschenrechte müssen eingehalten werden, auch bei schweren juristischen Vorwürfen.

"Der Fall Assange ist eine Gefahr für alle Journalisten"

Was bedrückt Dich daran noch?

Renata Avila Pinto: Es ist eine Gefahr für alle Journalisten - weltweit und auch in Deutschland. Und dadurch auch für die Demokratie und für die liberalen Werte des Westens. Es geht im Fall eures Kollegen Julian auch um das Recht auf Schreiben, auf Meinung, auf Veröffentlichung. Hallo, Hallo, wir leben in Europa, oder nicht? Wie kann so etwas hier möglich sein? Auch das muss sich Europa fragen. Srecko Horvat hat es sehr schön formuliert: "Julian is a man of us."

Was meinst Du denn damit?

Renata Avila Pinto: Wenn es Julian treffen kann, kann es uns alle treffen. Davor habe ich Angst - vor der ungerechten Macht gegenüber Einzelnen. Sein Fall darf nicht vergessen werden. Es geht um die Art, wie wir zusammen leben möchten. Ich möchte, dass wir zusammenleben als Menschen "wunderbar" … eines der wenigen deutschen Wörter, die ich beherrsche.

Wenn endlich die soziale Isolation überwunden wäre, dann könnten wir jetzt noch ein Glas Rotwein trinken gehen, um auf Kommendes, Schöneres anzustoßen und Grenzen zu überwinden. Und dass das Leid nicht ewig auf Erden bleibt. "Auf Wiedersehen!"

In Zeiten von Covid-19 wird alles Politische ja wieder persönlich. Im Spanischen zitiert man ja gerne aus einem Gedicht von Victor Hugo die Sehnsucht herbei - es wirkt sehr progressiv und international: "Los que padeceis porque amais: amad mas todavia ... morir de amor es vivir!"

Renata Avila Pinto: "Danke schön!"

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