Sind die Iran-Schläge der Rettungsring für Netanjahu?
Seite 2: Gaza-Krieg rückt aus dem Blickfeld
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Die diplomatische Isolation war danach wie weggewischt, zumindest bei Israels Partnern in den USA und in Europa.
Die Vereinigten Staaten, Großbritannien, Frankreich, Jordanien und sogar Saudi-Arabien kamen Israel während des iranischen Vergeltungsschlags zu Hilfe. Im Westen erklärten die Staats- und Regierungschefs Israels Unterstützung und verurteilten den Iran.
Nun ging es nicht mehr um einen Waffenstillstand in Gaza. Der UN-Sicherheitsrat debattierte vielmehr über eine Verurteilung Irans (während man den provozierenden Angriff Israels auf das iranische Konsulat inklusive der Tötung von ranghohen iranischen Militärs in Europa und den USA nicht in gleicher Weise verurteilte).
Der Gaza-Krieg und das Elend dort rückte mit der Eskalation gegenüber dem Iran aus dem Blickfeld. Zwar berichteten Gaza-Bewohner, dass sie während des iranischen Angriffs die ruhigste Nacht seit sechs Monaten Krieg gehabt hätten. Doch gleichzeitig wurde die Katastrophe, in der sie zu überleben versuchen, dadurch auch an den Rand geschoben.
Zwei Szenarien
Es gibt im Grunde im Moment zwei Szenarien, wie es weitergehen könnte. Das eine besteht darin, dass die Eskalation mit dem Iran, wie immer sie sich entwickelt, dazu führt, dass insbesondere die US-Regierung stärker gewillt ist, nach einer Beendigung des Gaza-Kriegs zu suchen, im Angesicht der Gefahr einer regionalen Ausweitung, in die die USA hineingezogen werden würden.
Doch dieses Szenario hängt davon ab, wie der Druck auf die Biden-Regierung, diesen Weg zu wählen, sich gestaltet. Und der ist im Moment geschwächt worden durch die Iran-Ablenkung und regionale Agenda-Verschiebung.
Ein anderes, wahrscheinlicheres Szenario besteht darin, dass Netanjahu und sein Kriegskabinett die günstige Gelegenheit nutzen wollen, um den Krieg in Gaza zu eskalieren.
Der israelische Premierminister mag die Stunde gekommen sehen, um in den Süden von Gaza in Rafah einzumarschieren, Pläne, für die schon ein Datum gesetzt worden sei, wie es Anfang des Monats von israelischer Seite bereits hieß.
Rafah-Einmarsch: Ein fatales Tauschgeschäft?
Die USA und europäischen Hauptstädte hatten sich bisher dagegen gestellt, da es nach einhelliger Meinung zu einem humanitären Desaster führen würde, weil die dorthin geflohenen mehr als eine Million Menschen in einer Falle sitzen.
Doch vielleicht könnten die USA eine Art "Trade-Off" mit Israel eingehen: Mäßigung in Sachen Iran, mehr Freiheiten in Sachen Rafah.
Nicht zufällig hielten die USA und Israel gestern ein hochrangiges virtuelles Treffen über eine mögliche israelische Invasion in Rafah ab. Vom Weißen Haus hieß es, dass die Biden-Regierung nach wie vor besorgt ist, dass ein israelischer Einmarsch zu massiven Opfern unter der Zivilbevölkerung führen wird.
Aber diese Sorge könnte nun weniger Gewicht haben als zuvor. Es wäre ein fataler Handel, weil er zugleich die Gefahr einer regionalen Kriegsausweitung mit dem Iran hochhält, letztlich weiter verschärft.
Die Lunte zur Bombe "Iran-Krieg" würde dann weiter brennen, in Gaza, mit allen Folgen, die das nach sich zieht.