Sinkende ausländische Investitionen: Ein Zehnjahrestief in Deutschland
Deutschland sieht sich mit einer beängstigenden Welle der Kapitalflucht konfrontiert. Investoren wenden sich ab, Wirtschaft schlägt Alarm. Eine Wende ist notwendig.
Deutschland verliert als Wirtschaftsstandort an Attraktivität, was sich deutlich an den ausländischen Investitionen ablesen lässt. Sie sanken im vergangenen Jahr auf ein Zehnjahrestief und betrugen nur noch rund 22 Milliarden Euro. Das geht aus Daten des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hervor.
Investitionsrückgang: Ein Zehnjahrestief erreicht
Schlimmer noch: Im gleichen Zeitraum flossen rund 94 Milliarden Euro aus Deutschland ab. Dieser Wert, der die Differenz zwischen den Investitionen deutscher Unternehmen im Ausland und ausländischer Unternehmen in Deutschland darstellt, war nur in den beiden Vorjahren 2021 und 2022 höher.
Die wiederholt hohen Nettoabflüsse deuten laut IW darauf hin, dass es sich nicht um eine Ausnahmeerscheinung, sondern um erste Symptome einer Deindustrialisierung Deutschlands handelt. Tatsächlich lag die Produktion im Verarbeitenden Gewerbe im Dezember 2023 deutlich unter dem Niveau von 2015.
EU im Investitionshoch: Deutschland bleibt zurück
Trotz eines weltweiten Rückgangs der Direktinvestitionen verzeichnet die EU einen Anstieg der Investitionszuflüsse um 120 Prozent in den ersten neun Monaten des Jahres 2023. Rund zwei Drittel aller Auslandsinvestitionen deutscher Unternehmen, etwa 90 Milliarden Euro, flossen in die EU-Mitgliedstaaten, insbesondere in die Benelux-Staaten und nach Frankreich. Ausländische Unternehmen investierten dagegen kaum in Deutschland. Wenn, dann handelte es sich oft um kleinere Übernahmen oder Projekte.
Nach Ansicht von IW-Ökonom Christian Rusche macht es die Politik für Unternehmen alles andere als attraktiv, in Deutschland zu investieren. Er kritisiert primär den abrupten Stopp von Förderprogrammen und warnt vor einer beschleunigten Deindustrialisierung, sollten die politischen Rahmenbedingungen unverändert bleiben.
KPMG-Studie: Skepsis bei internationalen Unternehmen
Diese Einschätzung ist keine pessimistische Einzelmeinung eines deutschen Ökonomen. Sie wird von vielen internationalen Unternehmen mit Niederlassungen in Deutschland geteilt. Die Wirtschaftsprüfer von KPMG haben 350 Finanzvorstände solcher Unternehmen befragt, wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) am Dienstag meldete.
Als größte Hemmnisse für Investitionen nannten die Befragten zu viel Bürokratie und hohe Energiekosten. Die zentrale Lage Deutschlands in Europa sei dagegen eine klare Stärke. Als traditionelle Stärken werden auch der Lebensstandard, die öffentliche Sicherheit, die politische Stabilität und die Forschungslandschaft gesehen – allerdings werden diese Faktoren deutlich skeptischer beurteilt als in den Vorjahren.
DIHK-Analyse: Kostenersparnis treibt Unternehmen ins Ausland
Auch eine Analyse der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) stützt das IW-Ergebnis. Demnach investieren immer mehr deutsche Unternehmen im Ausland, weil sie den Standort Deutschland für zu teuer und zu kompliziert halten. Von den Industrieunternehmen mit Investitionsplänen im Ausland nannten 35 Prozent "Kostenersparnis" als Hauptmotiv. Dies ist der höchste Wert seit 2008.
Ilja Nothnagel, Mitglied der DIHK-Hauptgeschäftsführung, sagte bei der Vorstellung der Studienergebnisse: Auslandsinvestitionen deutscher Unternehmen haben in der Vergangenheit immer auch dem Standort Deutschland genutzt. Das ist heute nicht mehr der Fall. Die zunehmende Abwanderung von Unternehmen aus Deutschland sei ein alarmierendes Signal.
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