Solidarität mit Christine Lambrecht!

Seite 2: Wäre ein Christian Lambrecht (SPD) noch im Amt?

Natürlich war der Rücktritt von Christine Lambrecht (SPD) als Verteidigungsministerin überfällig. Zu heftig war die Kritik aus Politik und Medien, zu groß und unverständlich die Fauxpas‘. Dennoch hinterlässt das Scheitern der Sozialdemokratin einen fahlen Nachgeschmack.

Denn nicht Lambrecht allein gibt unter den Genossen im Kabinett Scholz eine schlechte Figur ab. Auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat seit Amtsantritt vor gut einem Jahr mehrfach danebengelegen und war Ziel heftiger Kritik. Er aber sitzt fest im Ministersattel, sie muss gehen. Wie das?

Christine Lambrecht versuchte die Fokussierung auf ihre Person, die sie offenbar als ungerecht erachtet, in ihrem Tagesbefehl zu thematisieren: "Die monatelange Fokussierung auf meine Person überlagert unseren gemeinsamen Auftrag: die Sicherheit unseres Landes." Das ist der letzte Akt ihres gestörten Verhältnisses zur Mediendemokratie. Geht sie wirklich davon aus, dass sie nun jene verteidigen, die zu ihrem Sturz beigetragen haben? Und, ja, an dieser Stelle hätten ihr selbstkritische Zwischentöne gut angestanden.

Doch während Lauterbach das versehentliche Tweeten eines Links zu einer Seite mit Softpornoinhalten schulterzuckend bis leicht amüsiert verziehen wird, oder der Tweet gar kein Thema ist, hat Lambrecht am Ende ein peinliches Böllervideo das Amt gekostet. Dabei zeugen beide Fälle von einer vergleichbar eklatanten Medieninkompetenz, die am Ende auch die Performance des Kanzlers negativ beeinflussen wird.

Auch die Ressortverantwortung taugt nicht zur Begründung. Hier Lauterbach, verantwortlich für das Gesundheitsministerium inmitten einer der schwersten Pandemien seit der Spanischen Grippe vor über 100 Jahren, einem zunehmenden Medikamentenmangel und einer eskalierende Pflege-, Ärzte- und Krankenhauskrise. Dort Christine Lambrecht, verantwortlich für eine desolate Truppe inmitten einer schweren geopolitischen Krise, die Abwehr eines zunehmend aggressiv agierenden Russlands und das Management der im Kern militärischen Scholz’schen Zeitenwende.

Da drängt sich der Gedanke an den australischen TV-Moderator Karl Stefanovic auf, der ein Jahr denselben Anzug trug. Bei seiner Moderatorenkollegin Laura Wilkinson undenkbar. Stefanovic wollte darauf hinweisen, wie schnell Kolleginnen wegen ihrer Optik in die Kritik geraten. Im Fall von deutschen Ministerinnen und Ministern scheint das – krasser noch – auch auf die Wahrnehmung der Ressortkompetenz zuzutreffen.

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