Spanien muss besonders für französische und deutsche Banken sparen
Die nun dekretierte Arbeitsmarktreform wird dem Land zwei Generalstreiks bescheren. Besorgnis und Nervösität in den Euro-Ländern: Ist Spanien der nächste Kandidat für ein Rettungspaket?
Die spanische Regierung erhält keine Ruhepause. Die Gerüchte reißen vor dem heutigen EU-Gipfel nicht ab, dass ein Rettungspaket mit 250 Milliarden Euro für das Land geschnürt wird. Bevor heute in Brüssel über die Madrids Sparpläne geredet wurde, prügelten alle Seiten auf die stolpernde Regierung ein (siehe Der Pleitegeier kreist auch über Spanien). Die EU hatte weitere Sparmaßnahmen gefordert, obwohl Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero nach der Rentenreform der Bevölkerung nun auch eine Arbeitsmarktreform per Dekret aufzwingen will. Wegen der unausgewogenen Sparpläne der Sozialisten (PSOE) mobilisieren nun die Gewerkschaften zu Generalstreiks am 29. Juni und am 29. September. Klar ist, dass es beim Spardruck der EU auch um das Wohl französischer und deutscher Banken geht. Europäische Banken haben dem Pleitekandidaten etwa 600 Milliarden Euro geliehen. Zwei Drittel davon kommen allein aus Frankreich und Deutschland.
Schnell hatte die Regierung am Mittwoch ihr Dekret zur Arbeitsmarktreform beschlossen, um sich am Nachmittag vor die Fernseher zu setzen. Schließlich stand das erste WM-Spiel der Spanier an. Die sozialdemokratische Regierung hofft auf die "Roten". Man glaubt im Regierungspalast Moncloa, dass der Europameister auch Weltmeister werden könnte, um die trübe Stimmung im Lande zu heben. Die Regierungsmannschaft von Zapatero hofft, ein WM-Sieg könnte von den gravierenden Problemen des Landes ablenken. Die Siegerstimmung könnte Luft aus den massiven Protesten nehmen, die sich nun gegen die Politik einer Regierung entlädt, die sich sozialistisch nennt.
Doch auch aus Südafrika kam eine kalte Dusche. Der Außenseiter Schweiz verpasste mit seinem Sieg über die stolzen Spanier deren hochtrabenden Träumen einen gehörigen Dämpfer. Das ist schlecht für eine improvisierende Regierung, die derzeit die EU-Ratspräsidentschaft stellt, auch wenn man praktisch davon nichts hört.
Schon die begann mit einem Fehlstart und Initiativen gingen von ihr nicht aus. Das Land ist vor allem mit eigenen Problemen beschäftigt und das wird sich auch in den verbleibenden zwei Wochen nicht ändern, bevor Spanien am 1. Juli an das von Auflösung bedrohte Belgien abgibt (siehe Open Source und Separatismus).
Brüssel, Paris und Berlin entscheiden über Spanien
Ein Plan hat die Zapatero-Regierung nie gehabt. Doch seitdem das Land in der Krise nach dem Platzen der Immobilienblase versinkt, die jahrelang vorhersehbar war (siehe Spanien vor Immobiliencrash?), wird freihändig mit den Tassen jongliert, die man nun fast alle zerschlagen hat. Spätestens mit dem zweiten Sparpaket wurde klar, dass es sich um eine Regierung mit Verfallsdatum handelt, die wohl kaum das laufende Jahr überleben kann. Das Paket passierte das Parlament nur, weil sich die katalanischen Nationalisten der CiU als spanische Patrioten entpuppten. Ein Sturz der Regierung mitten im tiefsten Schlamassel wollten sie dem Land nicht zumuten.
Doch die CiU kündigte an, dass sie mit Enthaltungen im Parlament die PSOE- Minderheitsregierung nicht lange künstlich am Leben erhalten wird. Schon am 22. Juni, wenn das gestern verabschiedete Dekret zur Arbeitsmarktreform im Parlament bestätigt werden muss, könnte Schluss mit lustig sein. Die CiU lehnt die Reform ab, weil sie niemanden zufrieden stelle und hatte weitere Verhandlungen gefordert.
Doch die Zeit hatte Zapatero nicht mehr. Seit der Rettungsschirm der Euroländer auch unter Spanien aufgespannt wurde, wird aus Brüssel, Berlin und Paris über Spanien entschieden (siehe Die hektische Eile nach der langen Weile). Zapatero exekutiert nun eine Politik, die derjenigen diametral entgegen steht, die er fünf Jahre betrieben hat. Nach zwei Sparpaketen, welche dem Land die tiefsten Einschnitte ins soziale Netz seit dem Ende der Diktatur bescheren, legte Brüssel vor dem Gipfel sogar noch einmal nach.
Die EU forderte von Spanien, 2011 weitere 7,9 Milliarden Euro einzusparen. Die Regierung will nach dem zweiten Sparpaket in einer Höhe von 15 Milliarden dieses Geld über weitere Einschnitte bei regionalen und kommunalen Budgets zusammen kratzen. Sie schließt aber nach der Erhöhung der Mehrwertsteuererhöhung zum 1. Juli weitere Steuererhöhungen nicht aus.
Merkel lobt umstrittene spanische Reformen, die den Kündigungschutz beseitigen
Bis zum EU-Gipfel heute musste das Land alles unter Dach und Fach haben, damit auch Bundeskanzlerin Angela Merkel Spanien loben kann. Sie machte klar, dass Spanien das Plazet bekommen wird. Mit den Reformen habe Spanien einen wichtigen Beitrag zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit in ganz Europa geleistet, sagte die Bundeskanzlerin am Mittwoch nach einem Treffen, auf dem sich konservativen Regierungschefs auf den Gipfel vorbereitet haben.
Ich finde, dass wir Spanien ermutigen sollten, dass dieser Weg der richtige ist."
Dass der Reformweg gegen die spanische Verfassung verstößt und auch sonst anderen großen Hindernissen zerschellen kann, ist egal. So machte auch die konservative Opposition die Regierung darauf aufmerksam, dass das Verfassungsgericht 2007 ein Urteil fällte, wonach es sei verfassungswidrig ist, eine Arbeitsmarktreform per Dekret zu diktieren. Denn dass hatte schon die ultrakonservative Vorgängerregierung versucht. Dabei war diese Reform der Volkspartei (PP) schon 2002 an einem Generalstreik zerschellt und dieses Schicksal droht auch dem neuen Vorhaben.
Die sozialdemokratischen Improvisationskünstler holten extra zu einem neuen Kunstgriff aus. Die Reform, die den Kündigungsschutz fast vollständig beseitigt, wird als Dekret noch heute in Kraft treten. Gleichzeitig wird es aber als ordentliches Gesetz ins Parlament eingebracht, um der Verfassung zu genügen, um weiter verhandeln und Änderungen einbringen zu können. Trotz der Generalstreik-Drohung der Gewerkschaften und erster Streiks und Proteste gegen die Lohnkürzungen im öffentlichen Dienst ist die Regierung nach dem Scheitern der Sozialpaktgespräche sogar noch weiter auf das Unternehmerlager zugegangen.
Kündigungen noch billiger
Wie schon berichtet, werden Kündigungen noch billiger und "unbegründete" Entlassungen werden fortan sogar staatlich subventioniert, weil aus Steuermitteln ein Teil der Abfindung gezahlt wird. Weggefallen ist, dass Unternehmen sechs Monate rote Zahlen schreiben müssen, um "begründet" entlassen zu können. Nun heißt es schwammig im Dekret, dass Gründe gegeben seien, "wenn sich aus den Betriebsergebnisse eine negative ökonomische Situation ableiten lässt".
Hier sollte man auch in Deutschland aufhorchen, wenn Merkel die faktische Aufhebung jedes Kündigungsschutzes lobt. Wettbewerbsfähiger werden spanische Firmen, weil diese Entlassungen nun viel billiger werden. Denn nun soll nur noch mit dem Lohn von 20 Tagen pro gearbeitetes Jahr abgefunden werden (bisher üblicherweise 45 Tage). Es reicht ein kurzzeitiges Fummeln an Bilanzen, um sich günstig eines Teils der Belegschaft zu entledigen.
Die Gewerkschaften sind auch entsetzt darüber, dass die Unternehmer noch flexibler die Beschäftigten einsetzen können, die Mitbestimmung der Gewerkschaften und sogar Manteltarifverträge werden ausgehebelt und nun sollen Zeitarbeitsfirmen ihre lukrativen Geschäfte auch im öffentlichen Dienst machen können.
Zapatero weichgeklopft
Welchen Schwenk Zapatero hier hingelegt hat, wird an den folgenden Aussagen deutlich. "Die Vorschläge der Unternehmer sind unannehmbar für eine verantwortliche Regierung", sagte er noch vor einem Jahr. Er machte dabei die Unternehmer für das Scheitern der Sozialpaktgespräche verantwortlich, weil deren Positionen einen direkten Angriff auf den Sozialstaat und auf die Arbeitsbeziehungen darstellten (siehe Lohnsenkung und Aufhebung des Kündigungsschutzes zur Krisenbekämpfung).
Damit lag er richtig, doch das ist Schnee von gestern. Die Unternehmer wussten, dass seine zahn- und hilflose Krisenpolitik und die Strategien aus Berlin, Paris und Brüssel und die Finanzmärkte ihn schon weichklopfen würden.
Kampf gegen Zeitarbeitsverträge nund Arbeitslosigkeit
Dass mit der Reform vor allem feste Beschäftigungsverhältnisse entstehen sollen, ist für die Gewerkschaften ein schlechter Witz. Angeblich will die Regierung ausgerechnet jetzt die ausufernde Zahl von Zeitarbeitsverträgen bekämpfen. In den Boomjahren hatte man hier genauso wenig eingegriffen, wie Zapatero er den Exzessen am Immobilienmarkt, der sinkenden Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit tatenlos zugesehen hat.
Aber was ist ein Festvertrag wert, wenn er jederzeit und billig gelöst werden kann. Man muss kein Experte sein, um zu verstehen, dass auch diese Reform es nicht verhindert hätte, dass in der Krise die Arbeitslosigkeit so schnell wie in keinem anderen Land ansteigen konnte. Sie liegt nun über 20% und dürfte wegen des Sparkurses sogar weiter steigen.
"Verrückte an der Macht": Reale Gefahr für den Euro
Deshalb spricht der Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman davon, dass "Verrückte an der Macht" seien. Das sagt er auch, weil Spanien als viertgrößte Wirtschaft im Euroraum eine reale Gefahr für den Euro darstellt. Und nun wird dieses Land am Scheideweg in die tiefe Rezession zurückgeschickt. Dabei hätte das Land, dessen Staatsverschuldung mit 55% des Bruttoinlandsprodukts deutlich unter dem EU-Durchschnitt liegt, noch Spielraum für eine weitere Stimulierung der Wirtschaft gehabt (siehe Die Angst vor der Inflation steigt).
Durch die Sparpolitik wird sich die Wirtschaft des Landes aber noch langsamer erholen, Steuereinahmen werden weiter einbrechen und Transferzahlungen in die Sozialsysteme noch höher. Deshalb könnten die Kosten sogar noch über den Summen liegen, die über die Ausgabenkürzungen eingespart werden. Sogar die Ratingagenturen halten den Kurs inzwischen für gefährlich, weshalb Fitch Spanien herabgestuft hat, womit die Zinsen für die Staatsanleihen weiter steigen.
Angst vor einem Dominoeffekt
Doch in Europa wird keine europäische Politik gemacht. Berlin hat das mit dem unsäglichen Gezerre um die Griechenland-Hilfe mehr als deutlich gemacht. Und auch das kommt deutsche Steuerzahler teurer zu stehen, als es ein schnelles solidarisches Einspringen bedeutet hätte. In Spanien kann sich das wiederholen. Weil den Spekulanten viele Steilvorlagen geliefert wurden, kann sogar eine Griechenland-Pleite noch immer nicht ausgeschlossen werden. Der Flächenbrand konnte auch mit dem 750 Milliarden Rettungsschirm nicht gelöscht werden.
Die Angst vor einem Dominoeffekt der über Portugal, Spanien, Italien und Frankreich den Euro als ganzes bedroht, ist weiter gestiegen. Die Refinanzierungskosten, also die Zinsen für Staatsanleihen, steigen auch in diesen Ländern weiter an. Trotz der Reformen und Sparpläne sind die Zinsen für Spanien am Mittwoch auf einen neuen Rekord gestiegen.
Das Land muss nun schon gut 2,2% mehr für zehnjährige Anleihen zahlen als Deutschland, also schon fast doppelt so viel. Die Preise liegen nun auf der Höhe, für die Spanien Geld aus dem EU-Rettungspaket beantragen könnte.
Spanien hat vor allem Schulden in Frankreich und Deutschland
Schaut man sich die Verflechtungen an, dann ist auch klar, warum viele angesichts der Lage auf der iberischen Halbinsel sehr nervös sind. Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel hat am Montag den Quartalsbericht veröffentlicht. Damit wird deutlich, dass Spanien vor allem Schulden in Frankreich und Deutschland hat. Etwa 600 Milliarden Euro (727 Milliarden Dollar) haben europäische Banken den Spaniern an Krediten gewährt. Doch gleichmäßig verteilen die sich nicht. Zwei Drittel davon kommen allein aus Frankreich (205 Milliarden Euro) und Deutschland (167 Milliarden Euro).
Die BIZ, die man auch als Notenbank der Notenbanken bezeichnen kann, streicht heraus, dass Spanien vor Irland (402 Milliarden Euro) der größte Kreditnehmer ist und die spanischen Banken wiederum fast die Hälfte der Gesamtkredite an Portugal (244 Milliarden Euro) vergeben haben. Einen besonderen Blick lenkt die BIZ auch auf die Kredite an die Privatwirtschaft. "Zwei Drittel der internationalen Engagements der Banken der Eurozone (62%) entfallen auf die Privatwirtschaft der Staaten, die derzeit unter der besonderen Beobachtung der Märkte stehen". Nach BIZ-Angaben sind Deutsche und Franzosen in der ausfallgefährdeten spanischen Privatwirtschaft besonders engagiert.
Banken und Sparkassen sitzen auf zahllosen Wohnungen, die nicht zu verkaufen sind
Müssen also jetzt die spanischen Arbeitnehmer und Rentner nun bluten, um die Abschreibungen bei französischen und deutschen Kreditgebern gering zu halten? Vieles deutet darauf hin, vor allem, weil die Achse Berlin-Paris die Richtung in der EU vorgibt. Und dass spanische Banken nicht so stabil sind, wie die Regierung jahrelang gepredigt hatte, ist ebenfalls längst klar. Der Absturz der spanischen Sparkassen hat längst begonnen, die sich nun staatlich subventioniert in Fusionen retten wollen.
Sie leiden besonders an Kreditausfällen nach dem Platzen der Immobilienblase. Banken und Sparkassen sitzen auf zahllosen Wohnungen, die nicht zu verkaufen sind. Nach Schätzungen stehen mindestens eine Million Wohnungen leer und somit war vor zwei Jahren absehbar, dass entgegen aller Beteuerungen der Regierung die Kreditinstitute heftige Probleme bekommen würden. Auch hier glaubte man in Madrid aber den eigenen Beteuerungen nicht. Anders ist es nicht zu erklären, dass schon im vergangenen Jahr 27 Milliarden Euro zur Bankenrettung bereitgestellt wurden und 2010 sind es sogar 99 Milliarden.
Auch wenn offiziell die Zahlungsausfälle im März leicht zurückgegangen sein sollen, liegen die offiziell zugegebenen Kreditausfälle mit mehr als 5,3% bei Sparkassen noch immer sehr hoch. Dass hatte auch mit dem Tiefstand des Euribor zu tun, an den die Hypothekenzinsen in Spanien absurderweise variabel gebunden sind, womit die Banken alle Risiken auf die Verbraucher abwälzen können. Doch der steigende Kurs des Euribor in der Finanzkrise war der Katalysator für das spanische Desaster und der Zinssatz steigt nun wieder.
Geschönte Bilanzen
Doch auch bei den Banken sind die offiziellen Kreditausfälle mit gut 5,2% nur unwesentlich geringer. Weil sie differenzierter, breiter und internationaler aufgestellt, können sie die Verluste allerdings derzeit noch etwas besser ausgleichen. Die Dunkelziffer, dass ist eigentlich allen in Spanien klar, ist aber bei allen Kreditinstituten deutlich höher. Fast jeder kennt Fälle, in denen Bürgen nicht angemahnt werden, obwohl die Hypothekenkredite längst nicht mehr bedient werden, für die sie gebürgt haben. Diese Kredite müssten längst als faul in den Büchern geführt werden. Auch in Spanien wurden, wie in den USA, zahllose Wohnungen ohne Eigenleistung von den Instituten finanziert.
Weil die Preise der Wohnungen und Häuser stark fallen, sind viele Immobilien längst nicht mehr das Wert, was als Hypothek auf ihnen lastet. Anders als in den USA können die Banken die Kreditnehmer aber sogar noch für den Ausfall in Haftung nehmen, wenn sie die Wohnung an die Bank zurückgegeben haben. Auch das schönt die Bilanzen, obwohl viele Menschen diese Schuld niemals abtragen können. Ohnehin, würden alle Wohnungen und abgestürzten Bauprojekt, die Banken und Sparkassen schon übernommen haben, mit realen Werten in den Bilanzen geführt, wären viele Institute längst pleite. Die spanische Notenbank schätzt den Abschreibungsbedarf derzeit auf bis zu 123 Milliarden Euro. Doch diese Zahl scheint eher deutlich untertrieben.
250 Milliarden Euro – ein EU-Rettungspaket für Spanien?
Die Gerüchte wollten deshalb auch vor dem EU-Gipfel nicht abreißen, dass für Spanien längst ein EU-Rettungspaket geschnürt wird. Zunächst war die Financial Times Deutschland in der vergangenen Woche vorgeprescht und hatte berichtet, dass man sich in der EU schon auf eine Spanien-Pleite vorbereite. Am Sonntag zog die FAZ nach. Auch wenn aus der EU und Spanien alle Berichte umgehend dementiert werden, stiegen am Mittwoch auch spanische Blätter auf diesen Zug.
Die Zeitung El Economista brachte den glaubwürdigen Umfang von 250 Milliarden Euro ins Spiel, den die EU und der Internationale Währungsfonds als Kreditlinie bereitstellen wollten. Auch diese Zeitung berief sich auf mit dem Vorgang vertraute Personen.
Als Hinweis wird auch die Äußerung von Merkel angeführt, die sie anlässlich des Treffens mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy am Montag in Berlin abgab. Spanien könne den Euro-Rettungsschirm in Anspruch nehmen, wenn dies nötig sei. Sie fügte hinzu, dass der Mechanismus zur Inanspruchnahme des Rettungsschirms rasch aktiviert werden könne. Schaut man sich an, dass es im Fall Griechenland Monate gedauert hat, um die Hilfe zu aktivieren, ist damit eigentlich bestätigt, dass Vorbereitungen für den spanischen Notfall längst getroffen werden.
Spekulanten spielen mit Spanien
Derzeit versucht die spanische Regierung mit einem Drahtseilakt gleichzeitig Brüssel, die Opposition, die Finanzmärkte und das Verfassungsgericht ruhig stellen. Doch eigentlich kann damit niemand wirklich beruhigt werden. Was sind Reformen und Sparpläne einer Regierung wert, die auf dem Schleudersitz platz genommen hat, deren Pläne im Parlament verwässert oder gekippt werden können, wenn sie nicht schon am Widerstand auf der Straße und in den Fabriken scheitern. Schon deshalb ist abzusehen, dass sich die Lage in Spanien nicht stabilisieren lässt. Der Beschwörungsformeln vor dem Gipfel erinnern deutlich an Griechenland, wo ebenfalls stets beteuert wurde, dass der Notfall nicht eintreten werde.
Allen ist klar, dass es sich um eine schwer angeschlagene Regierung handelt. Spekulanten werden also weiter am schwachen Spanien den Hebel ansetzen, um ihre Wetten gegen den Euro erfolgreich abschließen zu können (siehe Wetten gegen den Euro). Wie an Griechenland vorexerziert, werden die Zinsen für Staatsanleihen weiter in die Höhe getrieben, was letztlich auch in Spanien den Notfall auslösen dürfte. Die angekündigten Generalstreiks werden, wie in Griechenland, als neue Vorwände für die Abstufung der Kreditwürdigkeit dienen.
Generalstreik
Dabei wären die mit einem ausgewogenen Vorgehen vermeidbar gewesen, anstatt mitten in der tiefsten Krise vor allem die einfache Bevölkerung für die Kosten zur Kasse bitten und dem Land ein Schockprogramm zu verordnen, dass zudem die Erholung erschwert. Die, die in den Boomjahren abgesahnt haben, werden verschont. Die Sozialdemokraten denken sogar über eine "Amnestie für Steuersünder" nach. An die Einführung einer Reichen- oder Börsentransaktionssteuer, wie es Portugal vorgemacht hat und sogar Frankreich anstrebt, ist nicht gedacht.
Zum ersten großen Kräftemessen wird es in dem Land am 29. Juni kommen. Am vergangenen Samstag haben die baskischen Gewerkschaften auf einer Demonstration zum Generalstreik am 29. Juni aufgerufen. Das wäre für Madrid noch leicht zu verkraften. Doch die Regierung ist sehr besorgt darüber, dass sich erstmals die größte spanische Gewerkschaft dem Aufruf angeschlossen hat. Im Mai 2009, als die Basken ihren ersten Generalstreik gegen die Madrider Politik führten, glaubten die spanischen Gewerkschaften Zapatero noch und schickten ihre Mitglieder zur Arbeit. Und gegen die Reform 2002 streikten Basken und der Rest des Landes an unterschiedlichen Tagen.
Das ist vorbei, weshalb am 29. alle Räder im Baskenland stillstehen dürften. Die großen Arbeiterkommissionen (CCOO) können ihrer Basis nicht mehr vermitteln, gegen die baskischen Kollegen als Streikbrecher im Baskenland aufzutreten. Deren Einschätzungen haben sich zudem als korrekt erwiesen. Nur die kleinere UGT, die den Sozialdemokraten besonders nahe steht, will sich nicht beteiligen. Hinter dem CCOO-Aufruf verbirgt sich gleichzeitig eine Geste an die Basken.
Die kampfstarken baskischen Gewerkschaften sollen animiert werden, sich im Gegenzug am Generalstreik im spanischen Staat zu beteiligen, den die spanischen Gewerkschaften für den 29. September festgelegt haben. Die Arbeiterkommissionen machen so unmissverständlich klar, dass sie es ernst meinen. Sie wollen im September einen massiven Streik gegen Zapatero führen, um auch dieses Dekret zu kippen.