Spurensuche nach Technosignaturen in außerirdischen Atmosphären

Seite 3: Strategische Suche

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Als geeignete Zielsterne eignen sich nach Ansicht der Wissenschaftler Weiße Zwergsterne, kompakte Sternleichen in der Größe von der Erde, weil deren schwaches Licht das reflektierte Licht des Exoplaneten nicht überstrahlt und weil das Sternenlicht das atmosphärische Signal des observierten Planeten maximiert. Da Weiße Zwerge viel kompakter und kleiner sind als aktive Sterne, würde ein weitaus größerer Prozentsatz ihres Lichts durch die Atmosphäre eines dort potenziell vorhandenen Planeten scheinen, betonen Loeb und seine Kollegen. In diesem Fall wären die gesuchten Technomarker deutlich zu registrieren.

JWST. Bild: NASA

Gleichwohl zappelte bisher noch kein Weißer Zwerg mit eigenen Trabanten in den Fangnetzen der Planetenjäger. Bislang ist es noch nicht gelungen, einen Planeten um einen Weißen Zwergstern zu finden, geschweige denn einen erdähnlichen "intakten" Exoplaneten.

Um die Aussichten auf Erfolg zu erhöhen, schlagen die Astronomen in ihrem Paper daher folgende Vorgehensweise vor: Zuerst soll das JWST einen erdgroßen, erdähnlichen Planeten finden, der einen Weißen Zwerg in einer habitablen Zone umkreist. Danach gilt es, die Atmosphäre des Sterntrabanten spektrografisch zu analysieren. Binnen fünf Stunden Observationszeit sollten Biosignaturen wie Wasserdampf, molekularer Sauerstoff, Kohlendioxid etc., die auf nicht-intelligentes Leben hindeuten, zu registrieren sein.

Für die Detektion von eindeutig künstlich generierten Schadstoffen sind 1,5 bis zu drei Tage zu veranschlagen, sofern die Gaskonzentrationen dem rund Hundertfachen des derzeit irdischen Vorkommens entsprechen. Fände man normale Konzentrationen von konventionellen Biosignaturen, wäre dies ein Indiz für biologische Aktivität. Dann würde weitere Teleskopzeit erforderlich sein, um die normalen von den ungewöhnlichen Biosignaturen zu unterscheiden. Methan und N2O müssen bei den Messungen von den FWKs sauber separiert werden. Sollte hier ein Volltreffer gelingen, wäre zumindest der Beweis erbracht, dass auf dem observierten Planeten einst oder gegenwärtig eine Zivilisation existierte oder immer noch existiert, die ihre Atmosphäre absichtlich oder unabsichtlich verschmutzt, betonen die Autoren.

Intelligente und nicht-intelligente Merkmale

"Viele Menschen assoziieren mit ETs 'kleine grüne Männchen', doch den Extraterrestren, die mit dieser Methode aufzuspüren sind, sollte man nicht das Attribut 'grün' zuschreiben, verhalten diese sich doch gegenüber ihrer Umwelt unfreundlich", erklärt Avi Loeb. Es mute aber schon ironisch an, dass ausgerechnet jene hochkonzentrierten Molekülen, die einen großen Effekt auf die globale Erwärmung haben und die für das Worst-Case-Szenario hinsichtlich des irdischen Klimas stehen, das optimale Szenarium für die Entdeckung einer außerirdischen Zivilisation seien, schreiben die Astronomen in dem Paper.

Leben um Weiße Zwergsterne ist Loeb zufolge denkbar. Bild: ESO/Kornmesser

Einen detaillierten Observationsplan für das JWST habe man noch nicht ausgearbeitet, bestätigt Loeb auf Anfrage von Telepolis: "Zunächst einmal müssen wir geeignete Kandidatensysteme identifizieren, um eine spätere gezielte Beobachtung von erdnahen Weißen Zwergen zu ermöglichen."

Bei alledem schließt der Harvard-Student und federführende Autor der Studie, Henry Lin, nicht aus, dass unsere Atmosphäre selbst von Außerirdischen studiert wird. Vielleicht haben diese die Lufthülle unseres Planeten mit ihren Teleskopen längst spektrografisch analysiert. Und womöglich machen sie sich dabei so ihre eigenen Gedanken, vermutet Lin:

Wir werten Umweltverschmutzung in fremden Atmosphären als Anzeichen für intelligentes Leben, aber uns überlegene Zivilisationen könnten im Rahmen ihrer SETI-Programme unsere Umweltverschmutzung als Anzeichen für nicht-intelligentes Leben werten, ist es doch nicht klug, unsere eigene Luft zu verpesten.

ArXiv-Preprint: "Detecting Industrial Pollution in the Atmospheres of Earth-Like-Exoplanets"

Der Autor dieses Beitrags schlägt vor, die von Loeb und Co. initiierte Suche nach Technosignaturen mit dem Akronym SEAP zu versehen. SEAP steht für "Search for Extraterrestrial Air Pollution". Ergänzend ließe sich das Kürzel auch wie folgt spezifizieren: SEAP-SETI