Spurensuche nach Technosignaturen in außerirdischen Atmosphären

Seite 2: Technosignatur mit Langzeiteffekt

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Der Vorteil dieser Observationsvariante bestünde Loeb zufolge darin, dass Planetenforscher auf der Suche nach Zwillingserden automatisch nach Spuren von Methan und anderen Verbindungen wie Kohlendioxid suchen. "Es ist kein allzu großer Extra-Aufwand, auch nach Anzeichen von intelligentem Leben zu suchen", sagt Lin gegenüber dem Online-Magazin Astrobio.net.

Beispiel Planet Mars. Methankonzentration in der Atmosphäre. Herkunft unbekannt. Bild: NASA

Von Vorteil sei auch die relative lange Verweildauer von bestimmten FCKWs in der Atmosphäre. Während einige sich dort nur einige Jahre halten, überdauern andere hier Zehntausende Jahre. Deshalb muss der Nachweis von FCKWs in der Atmosphäre einer Zwillingserde nicht automatisch bedeuten, dass der detektierte Planet auch bewohnt ist. Es könnte sich hierbei nach Ansicht von Loeb genauso gut um eine ausgestorbene Welt handeln, um einen Planeten, dessen Zivilisation das Opfer ihrer eigenen Umweltverschmutzung geworden ist.

Oder es handelt sich um einen Planeten, deren Bewohner die Zeichen der Zeit noch rechtzeitig erkannt und längst eine Kehrtwende eingeleitet haben. "Wir können dann spekulieren, ob die Aliens klüger geworden und die Umweltverschmutzung beendet haben", so Loebs Kommentar in der offiziellen Harvard-Pressemeldung. "In einem dunkleren Szenarium könnte uns dies als Warnsignal dienen, das uns die Gefahren aufzeigt, wenn man mit seinem Planeten nicht sorgsam umgeht."

Etwas ältere Idee

Die Ersten, die ihren Blick auf die nunmehr von Loeb und seinen Kollegen vorgeschlagenen Technosignaturen richteten und auf die Idee aufmerksam machten, waren Mitglieder eines interdisziplinär organisierten Nonprofit-Netzwerks namens "Blue Marble Space Institute of Science" (BMSIS), dem vornehmlich Naturwissenschaftler rund um den Globus angehören, die sich mit der Erforschung der Erde, des Weltraumes und der Zukunft der Menschheit auseinander setzen.

Intelligentes Leben könnte auch in Mehrfachsystemen existieren. Bild: ESO/Kornmesser

Das BMSIS-Team wurde bereits im November 2012 mit der Idee vorstellig, wonach eine industrialisierte Zivilisation bei der Nutzung seiner planetaren Ressourcen für die Fabrikation automatisch Abfallstoffe produzieren könnte. Diese würden sich in der Atmosphäre konzentrieren und könnten dort mit leistungsstarken Teleskopen und Spektrografen nachgewiesen werden. "Wir sind nur noch eine Dekade davon entfernt, die Zusammensetzung der Atmosphären extrasolarer Planeten detailliert zu untersuchen", verdeutlichtet seinerzeit Sanjoy Som vom BMSIS.

Gegenüber Telepolis legt Abi Loeb großen Wert auf die Feststellung, dass die eigene aktuelle Studie die erste wissenschaftlich Fundierte ihrer Art sei, da Som und sein Team hierzu nichts publiziert haben: "Andere Leute mögen diese Idee durchdiskutiert haben, aber unseren Ansatz haben wir als Erste in einem Fachartikel mit echten Berechnungen vorgestellt."

JWST als Perspektive

In ihrem sechsseitigen Beitrag verweisen Lin, Abad und Loeb auf den Nachfolger des NASA-ESA-Weltraumteleskops Hubble, dem James Webb Space Telescope (JWST). Es wird mit großer Wahrscheinlichkeit in vier Jahren ins All starten und kosmische Objekte ausspähen, die nur ein Hundertstel so hell sind wie das Gros der Kandidaten, die Hubble bislang ins Visier genommen hat.

Sirius A: 10.000-mal heller als sein "binärer Partner" Sirius B, der ein klassischer Weißer Zwergstern ist und sich als kleiner weißer Punkt unten links im Bild zu erkennen gibt. Der 8,6 Lichtjahre entfernte Weiße Stern wäre ein potenzielles Ziel für Loeb und Co. Bild: NASA, H.E. Bond and E. Nelan (Space Telescope Science Institute, Baltimore, Md.); M. Barstow and M. Burleigh (University of Leicester, U.K.); and J.B. Holberg (University of Arizona)

Dank seines 6,5-Meter-Durchmesser großen Primärspiegels mit seinen 18 hexagonalen, aus superleichtem und stabilem Beryllium bestehenden Segmenten kann das JWST selbst das schwache Licht erdnaher Exoplaneten einfangen. Hierfür muss sich das JWST zunächst einmal auf den Transit des Zielplaneten vor seinem Muttergestirn fokussieren. Wenn aus der Perspektive des Beobachters der Sterntrabant zwischen Teleskop und extrasolarer Sonne steht und die Planetenbahn nahezu senkrecht zur Himmelsebene liegt, schimmert das Sternenlicht für einen kurzen Zeitraum durch die Planetenatmosphäre. In dieser kurzen Zeitspanne muss das JWST das gefilterte schwache Licht des Sterns sammeln und bündeln, bevor dann der Spektrograf gezielt nach den Biomarkern oder Technosignaturen sucht. Dabei könnte das JWST, wie Berechnungen des Forschertrios ergaben, allerdings nur FCKW-Smog finden, der zehn Mal stärker konzentriert ist als in der irdischen Atmosphäre derzeit.