Startschuss für Galileo

Die europäischen Verkehrsminister haben den Bau des europäischen Satellitennavigationssystems beschlossen

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Die EU-Verkehrsminister haben heute endgültig beschlossen, das mit dem amerikanischen GPS konkurrierende Satellitennavigationssystem Galileo zu starten. Die Verkehrsminister setzten damit den auf dem EU-Gipfel in Barcelona vor 10 Tagen gefassten Beschluss um.

Schon seit 1994 befindet sich Galileo in Planung, das 30 Satelliten umfassen, den gesamten Globus abdecken und mit einer Genauigkeit von einem Meter präziser als das GPS werden soll. Die Entscheidung über den endgültigen Start des auf 3,6 Milliarden Euro veranschlagten Projekts wurde vor allem wegen finanzieller Bedenken immer wieder verschoben. Beschlossen wurde jetzt auch, dass der Sitz des Galileo-Hauptquartiers in Brüssel sein wird.

Mit der heutigen Entscheidung sollen für die nächste Entwicklungsphase 1,1 Milliarden Euro in das Projekt investiert werden, um das System bis zur Realisierung zu entwickeln und im Weltraum zu testen. Die Verkehrsminister gaben heute 450 Millionen Euro frei, der Rest der Gelder kommt von der europäischen Weltraumbehörde ESA und der EU-Kommission. Deutschland wird sich insgesamt mit etwa 350 Millionen Euro beteiligen. Ab 2006 soll dann ein Unternehmen den weiteren Betrieb übernehmen, um die Satelliten auf der Umlaufbahn zu stationieren und das System zu betreiben, das ab 2008 funktionsfähig sein soll. Mindestens zwei Drittel der dabei erwarteten 2,5 Milliarden Euro sollen aus der Privatwirtschaft fließen. Ob dies erfolgreich ein wird, steht freilich noch in den Sternen. Die EU wird, falls die privaten Investitionen gelingen, den Betrieb dann solange finanzieren, bis genügend Einkünfte erwirtschaftet werden. Man rechnet mit jährlichen Betriebskosten von über 200 Millionen Euro.

Während das russische Satellitensystem Glonass allmählich seinen Geist aufgibt, tritt Galileo in direkte Konkurrenz zum amerikanischen GPS. Konflikte gab es bereits im Vorfeld. Erst vor kurzem bezeichnete die US-Regierung das europäische Satellitennavigationssystem als unnötig. Noch unter der Clinton-Regierung wurde im Jahr 2000 das militärisch kontrollierte GPS attraktiver gemacht, indem man das Signal für die zivile Nutzung auf eine Genauigkeit zwischen 10 und 20 Meter setzte. Zuvor war aus militärischen Gründen das Signal für die zivile Nutzung auf eine Genauigkeit von 100 Meter beschränkt gewesen. Beschlossen wurde zu dieser Zeit ebenfalls, das GPS durch neue Satelliten und Dienste zu modernisieren (Global Positioning System ist jetzt für die zivile Nutzung genauer.

Die USA fürchten wirtschaftlich und militärisch um die bislang innegehabte faktische Monopolposition. Das Pentagon hatte die EU davor gewarnt, bei Galileo dasselbe Frequenzspektrum wie das GPS zu benutzen. Das sei "inakzeptabel". Die amerikanischen Militärs geben vor, dass dadurch zivile und militärische Nutzungen gestört werden könnten, im Vordergrund steht aber wohl die Befürchtung, in Krisenzeiten nicht mehr eigenmächtig Feinden über bestimmten Regionen die Positionssignale unzugänglich machen zu können (USA machen Druck gegen Galileo).

Schon während des Krieges in Afghanistan hatte sich das Pentagon sicherheitshalber die Exklusivrechte für die genauen Bilder des kommerziell betriebenen Satelliten Ikonos von der Krisenregion gesichert, damit Gegner oder vielleicht auch Medien diese Bilder erwerben können, um Truppenstellungen oder bombardierte Ziele zu erkennen (Pentagon gibt Exklusivrechte an kommerziellen Satellitenbildern von Afghanistan wieder auf). Positionssignale werden für militärische Aktionen immer wichtiger zur Navigation für Fahrzeuge und Truppen oder zur Steuerung von Präzisionswaffen.

Die EU argumentiert damit, dass die Signale von Galileo nicht nur genauer seien und auch Orte in extremen Breiten abdecken würden, sondern dass die Navigation auch deswegen verlässlicher sei, weil Galileo zivile betrieben werde und so auch in Krisenzeiten garantiert zur Verfügung stünde. Galileo soll mit dem GPS kompatibel sein.

Das US-Außenministerium hat vor dem EU-Gipfel in Barcelona von der EU gefordert, es müsse gewährleistet bleiben, dass die Nutzer sich frei entscheiden können sollen, welches System sie benutzen wollen (US-Regierung warnt EU wegen des geplanten europäischen Satellitennavigationssytems). Außereuropäische Unternehmen müssten alle notwendigen Informationen erhalten, um sich technisch und wirtschaftlich zu beteiligen. Überdies sei der Bau auch nicht zwingend erforderlich, da die USA mit dem GPS die erforderliche Technik doch allen zur Verfügung stelle. Jonathan Faull, der Sprecher von Kommissionspräsident Prodi, wies die Intervention ungewöhnlich scharf zurück. "Wir mögen keine Monopole", sagte er, und was zwingend erforderlich sei, werde die EU selbst entscheiden. Von der EU wird mit dem steigenden Bedarf von Satellitennavigationssysteme für den Verkehr, aber auch für die mobile Kommunikation oder für andere Anwendungen ein großer Markt für Anwendungen erwartet, der auch viele neue Arbeitsplätze entstehen lassen könnte.