Strand ohne Sand – nicht nur der Badeurlaub ist in Gefahr

Sandvorspülung vom Schiff aus

Sandvorspülung vor Ameland, NL. Foto: O!, CC BY-SA 3.0

Weil Sturmfluten immer häufiger an den Stränden nagen, fehlt nicht nur auf den Nordseeinseln Sand für die Badestrände. Auch der weltweite Bauboom, lässt den körnigen Rohstoff schwinden.

Die Sturmflut-Saison an deutschen Nordseeinseln mit Herbst- und Winterstürmen dauert von Oktober bis April. Nach heftigen Winter-Sturmfluten fehlte auch in diesem Jahr an einigen Stränden der Sand.

Allein auf der Insel Wangerooge wurde der Hauptbadestrand nahezu komplett weggespült. Hier fehlten knapp 80.000 Kubikmeter Sand für die kommende Badesaison. Inzwischen wurde der Strand durch Kipplaster wieder aufgeschüttet. Etwa zwei Monate dauerten die Arbeiten und kosteten rund 400.000 Euro. Darüber hinaus mussten die Schutzdünen auf Langeoog und Wangerooge verstärkt werden.

Am Badestrand von Baltrum fehlen rund 60.000 Kubikmeter Sand, schätzt der Bürgermeister der kleinsten Ostfriesischen Insel, der den Schaden im März auf 500.000 Euro bezifferte. Deshalb werden hier wohl zunächst weniger Strandkörbe als üblich aufgestellt. Inzwischen ist der Sand aus östlichen Teilen der Inseln wieder aufgefüllt. Auch an den Schutzdünen hat die Sturmflutsaison deutliche Schäden hinterlassen.

Deutliche Sandverluste auf den Nordseeinseln

Zehntausende Kubikmeter Sand fehlen auch an den Stränden der Urlaubsinsel Norderney. Nachdem die Sturmflutsaison im vorletzten Winter relativ ruhig verlaufen war, hinterließ der Blanke Hans in der Wintersaison 2023/24 deutliche Spuren an den Stränden.

Vor allem am Strand Weiße Düne, der ohnehin schon stark erodiert gewesen sei, musste Sand aufgefahren werden, um den touristischen Betrieb aufrechtzuerhalten. Das aktuelle Strandniveau liege nochmals deutlich unter dem von 2022, wie der Bürgermeister erklärt. Die Maßnahmen kosten Niedersachsen rund 85.000 Euro.

Die Ostfriesischen Inseln vor der niedersächsischen Küste haben mehr Sandverluste zu verzeichnen als die Nordfriesischen Inseln in Schleswig-Holstein. Vor allem das Sturmtief "Zoltan" rund um Weihnachten richtete dort schwere Schäden an. Auf den Inseln Amrum und Föhr sollen kleinere Schäden bis zum Start der Urlaubssaison wieder behoben sein.

Küstenschutz immer wichtiger

Auch auf Sylt zogen wiederholte und lang anhaltende Stürme in der Wintersaison die Strände zum Teil in Mitleidenschaft. Jedes Jahr verliert die Insel durch Winterstürme rund eine Million Kubikmeter Sand an die Nordsee. Um die Küste zu sichern, werden in diesem Jahr auf einer Länge von rund 8,5 Kilometern Sand rund 1,2 Millionen Kubikmeter Sand vorgespült. Das kostet etwa 8,6 Millionen Euro.

Aufgrund ihrer exponierten Lage sichert die Insel auch das dahinterliegende Festland vor Sturmflutschäden, erklärte Schleswig-Holsteins Umweltminister Tobias Goldschmidt gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Bereits heute sei der Meeresspiegel rund 20 Zentimeter höher als vor rund einem Jahrhundert. Stürme würden häufiger und heftiger und damit auch die Sturmfluten und die Belastungen für unsere Küstenschutzanlagen.

Ohne die Vorspülungen würde Sylt stetig um ein bis vier Meter pro Jahr schrumpfen.

Das Aufspülen von Sand ist teuer

In diesem Jahr setzten vor allem sogenannte Kantenfluten der sandigen Küste zu. Sie laufen zwar nur etwa einen Meter über den normalen Hochwasserstand auf, sind aber fast genauso schädlich wie größere Sturmfluten und vor allem viel häufiger. Insgesamt zwölf solcher Fluten räumten die Strände aus, vor allem dort, wo die Vordünen bereits verschwunden sind, klagt Birgit Matelski vom Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz Schleswig-Holstein. Es müsse verhindert werden, dass nun auch die Randdünen angegriffen werden – so wie es etwa auf Hörnum auf Sylt der Fall war.

Seit 1972 wird an der Westküste Sylts jährlich rund eine Million Kubikmeter Sand aufgespült. Dieser wird acht Kilometer vor Westerland aus bis zu 30 Metern Tiefe von sogenannten Saugbaggern entnommen. Die Schiffe fahren das Sand-Wasser-Gemisch in die Nähe der Küste und spülen es durch Rohre an den Strand, wo es mit speziellen Raupen verteilt wird.

Die Gesamtkosten für die zusammengenommen rund 60 Millionen Kubikmeter Sand betrugen nach Angaben des Küstenschutzministeriums bis Ende 2023 rund 260 Millionen Euro und werden überwiegend von Bund und Land getragen.

Weltweit stehen Küstenregionen unter Druck

Weltweit werden Küsten immer dichter besiedelt und bebaut. Das erschwert die natürliche Sandproduktion. Gleichzeitig steigt der Meeresspiegel, und Stürme tragen den Sand und letztlich sogar ganze Küstenabschnitte ab. Bislang wichen die Strände schlichtweg zurück. Doch aufgrund starker Bebauung ist dies nicht mehr überall möglich. So sind Küstenstädte weltweit bedroht.

Am Miami Beach im US-Bundesstaat Florida etwa investiert die Regierung Millionen in Drainagepumpen und Abwasserrohre, um ein vollständig auf Sand gebautes Stadtviertel vor den Angriffen des Wassers zu schützen.

Bauboom treibt die globale Nachfrage nach Sand

Die Ressourcen werden knapper - bei wachsendem Bedarf: Für den Bau von Häusern und Straßen braucht es Beton, der zu etwa 40 Prozent aus Sand besteht. Aber auch in Glas, Asphalt, Plastik, Mikroprozessoren, Shampoo und anderen Alltagsgegenständen steckt Sand. Inzwischen sind die reichhaltigen Vorkommen längst ausgebeutet.

Der globale Bedarf an Sand und Kies hat sich in den vergangenen zwanzig Jahren verdreifacht: Jährlich werden weltweit 30 bis 50 Milliarden Tonnen Sand und Kies gefördert. Längst werden viel größere Mengen verbraucht als sich durch Verwitterungsprozesse neu bilden kann. Auch deshalb verlagerte sich die Sandgewinnung zunehmend ins Meer und an die Küsten. All das führt dazu, dass viele Sandvorkommen verschwinden oder nicht mehr zugänglich sind.

Sandimporte aus fernen Ländern problematisch

Hierzulande und auch europaweit liegen zwar noch größere natürliche Vorkommen in Naturschutzgebieten bzw. in Dörfern und Städten. Diese dürfen allerdings nicht abgebaut werden. Das hat zur Folge, dass für größere Bauvorhaben das Material aus anderen Gebieten importiert werden muss, erklärte Dirk Hebel, Professor für Entwerfen und Nachhaltiges Bauen am Karlsruher Institut für Technologie im Interview mit der Frankfurter Rundschau.

Doch Sand, der über weite Entfernungen – etwa aus Australien – herangeschafft wird, verteuert das Bauen und verschlechtert die Klimabilanz. Stattdessen braucht es ein generelles Umdenken in der Bauindustrie: Hebel empfiehlt eine höhere Effizienz beim Bauen.

Auch sollten vermehrt recycelter Sand und Kies aus Rückbauten verwendet werden, ebenso biologische Materialien wie Hanf, Schilf, Stroh, Holzwolle, Schafwolle oder auch "Seegrasbälle" als Dämmmaterial. Seit einiger Zeit ist auch Lehmputz wieder im Kommen.

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