Streit um LNG-Terminal: Klage gegen Biozideinsatz im Wattenmeer

Umwelthilfe will Erlaubnis aufheben lassen: Für Umwandlung von Flüssiggas wird Meerwasser mit Chlor genutzt. Ist das überhaupt Stand der Technik?

Die Deutsche Umwelthilfe hat Klage gegen den Betrieb des schwimmenden LNG-Terminals in Wilhelmshaven eingereicht. Der Einsatz von Chlor entspreche nicht dem Stand der Technik und die Chemikalie belaste die Ökosysteme.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat am Dienstag erneut eine Klage gegen den Betrieb eines schwimmenden LNG-Terminals eingereicht. Damit möchte die Umwelt den Einsatz von Chlor als Biozid auf dem in Wilhelmshaven als Terminal fungierenden Schiff "Höegh Esperanza" unterbinden, da chlorhaltiges Wasser in die Jademündung und damit das Wattenmeer eingeleitet wird.

Dies entspreche nicht dem Stand der Technik und gefährde die sensiblen Ökosysteme von Jade und Wattenmeer. "Die ‚Höegh Esperanza‘ ist eine regelrechte Giftspritze, die entweder umgerüstet oder aus dem Verkehr gezogen werden muss", erklärte Constantin Zerger, Bereichsleiter Energie und Klimaschutz bei der DUH.

Meerwasser für Umwandlung von Flüssiggas

Seit einem Jahr wird auf dem Speicher- und Verdampfungsschiff, im englischen Fachterminus Floating Storage and Regasification Unit (FSRU), das für den Transport über den Ozean verflüssigte LNG wieder in gasförmigen Zustand gebracht. Für diesen Vorgang wird Meerwasser benötigt, dem Chlor als Biozid zugesetzt wird, um einen Bewuchs der Anlagen mit Algen, Muscheln und Seepocken zu verhindern.

Anschließend wird das mit Chlor versetzte Meerwasser wieder in die Jade und damit auch ins Wattenmeer ausgeleitet. Umweltschützer:innen protestierten von Anfang an gegen den Biozideinsatz.

Das LNG-Terminal wurde von Uniper errichtet und die FSRU wird von der Deutsche Energy Terminal GmbH, einer Gesellschaft des Bundes, betrieben. Die Uniper Commodities SE ist aber wiederum mit der kommerziellen und technischen Betriebsführung beauftragt.

Niedersächsischer Landesbetrieb soll Erlaubnis teils widerrufen

Die Klage, die die DUH nun beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht hat, richtet sich allerdings nicht gegen die Betreiber, sondern gegen die Behörde, die die wasserrechtliche Genehmigung für den Biozideinsatz erteilt hat: den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN).

Dieser soll laut Klageschrift die wasserrechtliche Erlaubnis vom 16. Dezember 2022 teilweise aufheben und den permanenten Einsatz von Chlor zur Elektrochlorierung untersagen, wobei in der Klage verschiedene Varianten aufgeführt werden, wie der Einsatz von Chlor beschränkt werden könnte.

Der beklagte NLWKN stellt dagegen in einer Pressemitteilung vom 15. Dezember fest: "Als Fazit von elf Monaten FSRU-Betrieb konnte bisher keine negative Auswirkung auf das Gewässer festgestellt werden."

Monitoring der Einleitungen

Seit Inbetriebnahme im Dezember erfolgt ein Monitoring der Einleitungen durch den NLWKN, nach dessen Angaben "im Nah- und Fernbereich um die FSRU herum im monatlichen Rhythmus zu allen Tidezeitpunkten und jeweils in mehreren Wassertiefen". Bis einschließlich Oktober 2023 lägen die Daten dieses Monitorings vor.

Nach Angaben der DUH hatte der Haushaltsausschuss des Bundestages das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz bereits im März 2023 aufgefordert, eine Umrüstung der Höegh Esperanza einzuleiten und auch Landesumweltminister Christian Meyer hatte diese angekündigt. Wirklich geschehen ist seit diesen Ankündigungen aber nichts, weswegen sich die DUH nun zur Klage entschlossen hat.

Rechtlich beruft sie sich darauf, dass der Biozideinsatz nicht dem "Stand der Technik" entspricht. "Das zweite Terminalschiff ‚Excelsior‘, das ab kommendem Jahr am gleichen Standort betrieben werden soll, soll ohne Biozid gereinigt werden – warum gelingt das nicht auch für die ‚Höegh Esperanza‘?", fragt DUH-Geschäftsführer Sascha Müller-Kraenner.

Auch der BUND Wilhelmshaven kritisierte vor der Inbetriebnahme, dass der Einsatz von Chlor nicht Stand der Technik sei. Der Einsatz von Chlor sei ein wesentlicher Grund gewesen, warum australische Behörden den Betrieb der "Höegh Esperanza" in unmittelbarer Nähe von Meeres-Schutzgebieten an der Südostküste bei Melbourne abgelehnt hätten.