Streit um digitale Zweitverwertungsrechte
Fotografenvereinigung FreeLens hatte gegen SPIEGEL Erfolg
1997 hatte die Fotojournalisten-Vereinigung FreeLens den SPIEGEL im Auftrag von Mitgliedern beklagt, unter Umgehung von Zweitnutzungsrechten, also ohne Zahlung von Honoraren, Fotos auf jahrgangsweise erscheinenden CD-ROMs, die zum Stückpreis von 150 Mark verkauft werden, erneut zu veröffentlichen. Der SPIEGEL hatte sich geweigert, den Fotografen dafür zusätzliches Honorar zu zahlen.
Zwar hatte das Hamburger Landesgericht 1997 die Klage zurückgewiesen, da der Nutzer, also der SPIEGEL, sich für neue Techniken wie CD-ROMs entscheiden könne, ohne vorher Urheberfragen klären zu müssen. Zugunsten des Beklagten sprach, daß zwischen SPIEGEL und den Fotografen keine ausdrückliche schriftliche Vereinbarung über die Nutzungsrechtsübertragung vorlag.
Nachdem FreeLens dann vor das Oberlandesgericht gezogen war, hob dieses am 5.11. die Entscheidung des Landesgerichts auf und erklärte in seinem Grundsatzurteil die erhobene Schadensersatzklage für gerechtfertigt. Dem SPIEGEL wird untersagt, die Bilder von 64 Fotografen, die auf den CD-ROMs der Jahrgänge 1989 bis 1993 veröffentlicht wurden, weiter zu verbreiten. Eine Entscheidung über die Höhe der Schadenszahlung ist noch nicht gefallen. FreeLens fordert pro Foto 20 Mark.
Nach der Pressemitteilung von FreeLens schließe für das Gericht das Recht zur Publikation von Fotos in einer Zeitschrift nicht zugleich das Recht ein, diese auf CD-ROMs zu übertragen. Im Vergleich zu Zeitungen seien CD-ROMs eine selbständige Nutzungsart, die eine schnellere Suche, leichtere Handhabung und keine Abnutzung habe. Die Fotografen hätten weder stillschweigend noch ausdrücklich dem SPIEGEL für die CD-ROM-Version Nutzungsrechte eingeräumt.
"Das Urteil", so Christoph Engel, Vorsitzender von FreeLens, "ist ein deutliches Signal, vor allem an die boomende Multi-Media-Branche, die sich allzu gern an den Arbeiten der Kreativen kostenlos bedienen würde." Ähnliches trifft natürlich auch auf die digitale Zweitveröffentlichung von journalistischen Artikeln zu. Wenn denn überhaupt zwischen freischaffenden Journalisten und Verwertern Verträge abgeschlossen werden, so beinhalten diese meist, sich alle möglichen Nutzungsrechte übertragen zu lassen. Journalisten sollten also darauf achten, die weiteren Nutzungsrechte eindeutig zu regeln.