Streit um ukrainisches Getreide eskaliert – und gefährdet Solidarität mit Kiew

(Bild: Heike Tönnemann, Pixabay)

Polen und andere Länder verhängen Importstopp für Agrarprodukte. Kiew klagt, Druck aus EU-Ländern. Warum Polen nicht anders kann, um der Ukraine weiterhin zu helfen.

Der Umgang mit Getreide aus der Ukraine wird zur Belastungsprobe für die Europäische Union. Während die EU-Kommission in Brüssel das Importverbot nicht verlängerte, verhängten Ungarn, Polen und die Slowakei eigene Einfuhrverbote zum Schutz der heimischen Bauern. Der Konflikt untergräbt nicht nur die Autorität der EU-Kommission, auch die Regierung in Kiew hat Schritte gegen ihre Nachbarn angekündigt.

Am Montag reichte die ukrainische Regierung bei der Welthandelsorganisation (WTO) Beschwerde gegen die drei Staaten ein, berichtet Reuters. Die stellvertretende Ministerpräsidentin Julia Swyrydenko sagte demnach, die Ukraine sehe in den Importverboten eine Verletzung der internationalen Verpflichtungen der EU-Länder.

"Für uns ist es entscheidend zu beweisen, dass einzelne Mitgliedsstaaten die Einfuhr ukrainischer Waren nicht verbieten können. Deshalb haben wir Klage bei der WTO eingereicht", erklärte sie auf einer Regierungswebsite.

Die Regierung in Warschau zuckte nach diesem Schritt nur mit den Achseln. "Ich habe gehört, dass Polen verklagt werden soll, weil es seine Landwirte unterstützt, aber das ist lächerlich", sagte der polnische Landwirtschaftsminister Robert Telus im Gespräch mit Euractiv. Er fügte hinzu, dass er nicht verstehe, "was die Rechtsgrundlage für diese Klage sein" solle.

Auch mit Blick auf Brüssel gab sich Telus gelassen. Ein nationales Importverbot könnte gegen geltendes Recht verstoßen, denn der EU komme die ausschließliche Zuständigkeit für den Handel zu. Telus winkte allerdings nur ab.

"Es passiert nichts", sagte er demnach. Und wenn er gute Dinge für die polnischen Bauern und die europäische Landwirtschaft tue, dann könne er "keine Angst vor Vorschriften haben, die in die falsche Richtung gehen". In Warschau wäre man aber glücklicher gewesen, wenn die EU das Importverbot verlängert hätte, das entspräche dem wahren Solidaritätsansatz der Europäischen Union.

In Kiew will man es offenbar nicht bei einer Klage belassen, die wohl kaum Chancen auf Erfolg hätte. Der stellvertretende Wirtschaftsminister der Ukraine, Taras Kachka, erklärte laut Bloomberg, Kiew erwäge Gegenmaßnahmen. Sollte das Importverbot von ukrainischen Agrarprodukten bis Freitag nicht aufgehoben werden, dann könnte man die Einfuhr von Zwiebeln und Äpfeln aus Polen einschränken. Man erwäge auch einen Einfuhrstopp für Autos aus Ungarn.

Die einseitige Entscheidung der osteuropäischen Regierungen wurde von anderen EU-Mitgliedern, deren Landwirtschaftsminister am Montag in Brüssel zusammenkamen, verurteilt.

"Ich würde sagen, das ist Teilzeitsolidarität", sagte der deutsche Minister Cem Özdemir gegenüber Reportern. "Wenn sie Lust haben, zeigen sie sich solidarisch – wenn nicht, dann nicht". Frankreichs Landwirtschaftsminister Marc Fesneau forderte die Europäische Kommission auf, "dringend und mit Nachdruck" zu handeln.

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