Studie: Medienkritik in martialischer Sprache
Seite 3: Äußerst selten ist ernsthaftes zivilgesellschaftliches oder politisches Engagement
- Studie: Medienkritik in martialischer Sprache
- Die Wirtschaftselite unterscheidet sich in ihrer Medienkritik kaum von den Dresdener "Lügenpresse"-Rufern
- Äußerst selten ist ernsthaftes zivilgesellschaftliches oder politisches Engagement
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Aber all diese Erkenntnisse waren mehr ein Zufallsprodukt Ihrer Studie. Gehen wir auf Ihre eigentliche Forschungsfrage ein. Sie wollten wissen: "Sind die Unternehmenslenker im Kern tatsächlich von Gier angetrieben und bar jeglicher Selbstbeschränkungen, wie es wieder und wieder, dabei durchaus mit drastischen Beispielen belegt, kolportiert wird? Sind die Geschäftsführer und Manager ausschließlich am Profit interessiert und ahnungslos bezüglich der Ausstrahlung ihrer Position auf Politik und Gesellschaft?" Welche Antworten haben Sie gefunden?
Stine Marg: Selbstverständlich sind die Befragten nicht ahnungslos hinsichtlich des Einflusses ihrer Handlungen im gesamtgesellschaftlichen Kontext gewesen, doch eine sich daran anschließende besondere Verantwortung sahen die Wenigsten. So sind wir nur äußerst selten auf ernsthaftes zivilgesellschaftliches oder politisches Engagement gestoßen.
Interessant war in diesem Zusammenhang auch, dass einige zwar zugaben, dass es den rücksichtslosen, gierigen und verantwortungslosen Manager durchaus gebe, dass das aber weder auf sie selbst noch auf irgendeinen Unternehmer, den sie kennen, zutreffen würde und dass man aufgrund der verschwindend geringen Zahl an schwarzen Schafen keinesfalls eine ganze Elite verteufeln dürfe.
Was haben Sie zur Selbstwahrnehmung der Unternehmer und Manager erfahren?
Stine Marg: Die meisten Befragten waren davon überzeugt, gute Arbeit zu machen. Dies bezogen sie nicht nur auf ihr Unternehmen, sondern auch auf ihre Rolle in der Gesellschaft. Als Arbeitgeber und als Erwirtschafter von Unternehmensgewinnen hätten sie auch dazu beigetragen, dass Deutschland insbesondere im Vergleich zu den anderen europäischen Ländern bisher so gut durch die wirtschaftliche Krise gekommen sei - politischen Rahmenbedingungen und Gesetzen, an denen es seit 2007/8 nicht gefehlt hat, räumten sie hieran keinerlei Beitrag ein.
Gab es Probleme bei Ihrer Studie?
Stine Marg: Grundsätzlich war es nicht leicht, Gesprächspartner für unsere Interviews zu gewinnen und gerne hätten wir auch noch mehr Gruppendiskussionen durchgeführt. Was jedoch bedauerlicherweise gar nicht möglich war, waren teilnehmende Beobachtungen. Trotz der Zusicherung der Anonymität, die wir jedem Studienteilnehmer machten, war es uns in keiner Organisation, in keinem Verband oder in keinem informellem Zusammenschluss von Unternehmern und Managern möglich, dabei zu sein, Interaktionen, Gepflogenheiten oder Kommunikationsmuster zu beobachten. Das war uns bisher in anderen Forschungsprojekten mit ähnlicher Ausrichtung immer möglich gewesen. Interessant ist, dass nach der Veröffentlichung der Studie diese Dinge leichter wären, nur leider kamen sie in diesem Fall zu spät.
Es gibt noch viele dunkle Stellen, was die sozialwissenschaftliche Erforschung von Unternehmern und Managern angeht. Wo sehen Sie weitere wissenschaftliche Ansätze bzw. worauf sollten sich die Sozialwissenschaften konzentrieren?
Stine Marg: Unabhängig von der Machbarkeit aufgrund der Schwierigkeiten mit diesem Forschungsfeld sollten tatsächlich die informellem Verbindungen der Unternehmer untereinander und mit anderen gesellschaftlichen Eliten wie Künstlern, Politikern oder Professoren untersucht werden. Gleiches trifft auch auf das tatsächliche zivilgesellschaftliche Engagement oder den Wertehimmel der Wirtschaftselite zu, die, wie in unserer Studie, nur über die Selbstauskunft erfassen konnten. Hier wäre ein Forschungsdesign nötig, welches weitere Faktoren und Beobachtungsperspektiven miteinbaut.