Syrien: Konferenzen mit ausgewählten Oppositionellen
Saudi-Arabien schließt die syrischen Kurden vom Treffen in Riad aus und lädt Salafisten-Milizen und die Exil-Opposition ein. Die Kurden halten ihre eigene Oppositionskonferenz ab
Ein Waffenstillstand ist das erste große Ziel des "Wiener Fahrplans" für eine politische Lösung in Syrien. Durch die Wiener Konferenzen habe man ein Momentum, sagte der deutsche Außenminister Steinmeier: "Deshalb ist es wichtig, dass wir uns bald wieder im Wiener Format zusammensetzen und mit allen Akteuren am Tisch die nächsten Schritte gehen."
Zum Jahresbeginn 2016 solle der Wiener Prozess mit Gesprächen zwischen der syrischen Regierung und der Opposition weitergeführt werden. Nur, wer von den syrischen Oppositionsgruppen darf an den Tisch?
Dass gleich mehrere Konferenzen stattfinden, um die Frage zu klären, zeigt die altbekannten Interessensunterschiede. Zum Treffen syrischer Oppositionsgruppen in Riad, das heute beginnt, hat die saudi-arabische Regierung eingeladen. Geladen wurden zwar Vertreter der salafistischen Opposition mit engen Verbindungen zu Dschihadisten, wie zum Beispiel Ahrar al-Sham und Jaysh al-Islam, nicht aber die Kurden der PYD.
Gegenkonferenzen zu Riad
Weswegen die syrischen Kurdenvertreter in Rojava nun eine eigene Konferenz abhalten. Teilnehmen sollen "Kurden, die assyrische Demokratische Partei, arabische Persönlichkeiten und religiöse Führer aus verschiedenen Teilen Syriens".
Indessen plant auch die syrische Opposition in Damaskus ein eigenes Treffen - in Absprache mit Assad und als Konter zum Treffen in Riad, wie ein Artikel der syrischen Zeitung al-Watan berichtet.
Die Oppositionellen in Damaskus, so erklärt einer der Organisatoren, Mahmoud Merei, Generalsekretär der "Nationalen Demokratischen Opposition" und Menschenrechtler, seien in Riad nicht vertreten.
Die Internationale Unterstützergruppe (International Syria Support Group - ISSG), die untermaßgeblichen Betreibens Russlands zustande kam und in Wien in zwei Konferenzen für das "Momentum" gesorgt hat, ist ohnehin mit einem elementaren Problem konfrontiert: Wie lässt sich ein Waffenstillstand vereinbaren, wenn die Gruppen nicht dabei sind, die auf der Gegenseite das Kampfgeschehen deutlich mitbestimmen: al-Nusra und der IS?
Es ist zwar verständlich, dass man die al-Qaida-Milizen, die sich mit Terroranschlägen gegen Mitglieder der ISSG brüsten, nicht an den Verhandlungstisch einlädt, und mit dem IS ist auch jeder Waffenstillstand unmöglich. Das Problem, dass zu einem Waffenstillstand aber auch die Einwilligung des bewaffneten Gegners gehört, ist damit aber nicht vom Tisch.
So bleibt die Möglichkeit, die anderen vielen Hundert kleineren Gruppen und vor allem die größeren, einflussreichen wie Ahrar al-Sham dazu zu bewegen, einen Block zu bilden, der stark genug ist, in größeren Gebieten Syriens einen Waffenstillstand durchzusetzen. Hier ist aber, wie man exemplarisch an Ahrar al-Sham sehen kann, eine "saubere Lösung" schwer, da diese Gruppe in engen Bündnissen mit al-Nusra steht und darüber hinaus auch einen dschihadistisch durchzogenen Salafismus vertritt. Und der gefährlichste Gegner einer friedlichen Lösung in Syrien heißt al-Nusra. Man braucht eine einheitliche Front gegen diese al-Qaida-Miliz, um zu stabilen Verhältnissen in Syrien zu kommen.
Klientelpolitik und Blockbildung
Die Konferenz, die heute in Riad abgehalten wird, ist Ausweis genau der Politik, die Syrien in der katastrophalen, ausweglosen Situation hält: die Klientelpolitik, die politische, finanzielle und Waffen-Unterstützung nur an die gibt, die den Interessen der jeweiligen Hintergrundmächte entsprechen.
In Riad versammelt sich die Exilopposition, die in der Türkei ihre Basis hat und von anderen Golfstaaten unterstützt wird, wie z.B. der SNC (Syrian National Council), dazu viele Milizen, die unter FSA eingeordnet werden, die auf dem Kampffeld aber durchaus Bündnisse mit den stärkeren islamistischen Gruppen eingehen - und dazu Mitglieder der beiden islamistischen Milizen Ahrar al-Sham und Jaish al-Islam.
Wegen der beiden letzteren Gruppen hat Haytham Manna, ein bekannter Exiloppositioneller, der als gemäßigt gilt, seine Teilnahme abgesagt. Er nimmt lieber an der kurdischen Konferenz teil.
Starke Kritik am Treffen in Riad kam auch aus Teheran. Die Konferenz würde zerstören, was in Wien aufgebaut wurde. Das Erfolgversprechende an Wiener Konferenz war das überbrückende Moment.
Dass Iran und Saudi-Arabien zusammen am Verhandlungstisch sitzen, verspricht die Möglichkeit, dass beide gemeinsam Spannungen zwischen Sunniten und Schiiten abbauen können. Im Moment liegt das aber, wie auch der Krieg im Jemen zeigt, nicht im Interesse der beiden Regionalmächte.
Interessant wird sein, wie sich die USA zu den zentrifugalen Tendenzen stellt. Dass sich nun Saudi-Arabien mit dem Ausschluss der syrischen Kurdenvertreter so deutlich auf die Seite der Türkei stellt, lässt darauf schließen, dass sich die Risse in der alten Anti-IS-Koalition vergrößeren. Die USA setzt bei ihrem Einsatz in Syrien bekanntlich stark auf die syrischen Kurden. Die ja auch zu Russland ein gutes Verhältnis haben. Russlands Außenminister Lawrow hatte sich schon im Vorfeld der Konferenz in Saudi-Arabien dagegen gewandt, nur diejenigen einzuladen, die zum Interesse des Landes passen.